Kapitel XIII.

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XIII.

Der nächste Tag machte es nicht besser. Ich erwachte irgendwann nachdem die Sonne schon aufgegangen war, wohlbemerkt allein. Da war kein warmer Körper mehr, nur noch ein eiskaltes Baumwolllaken und ich allein mit mir und der Welt.

Die Neugierde war es, die mich schließlich aus meinem Bett trieb, meine Decke um mich wickeln und auf nackten Füßen hinüber ins Wohnzimmer tapsen ließ.

Von Alasdair war weit und breit nichts zu sehen, gar nichts. Weder seine Stiefel, noch sein Plaid oder seine Waffen, er war komplett verschwunden – so als wäre er nie hier gewesen und ehe ich begriff was mit mir geschah, ließ ich mich mit einem dumpfen Keuchen auf der Lehne des Sofas nieder.

Eine eiskalte Faust ergriff von mir Besitz, drückend und stechend, ich hatte das Gefühl mein Herz zerbrach in tausend kleine Teile. Er war weg, ohne jegliche Spur und aus meinen Augen tropften heiße Tränen heraus. Verwundert tastete ich meine Wangen ab, tatsächlich zog sich eine heiße feuchte Spur daran entlang, ohne jedes Gefühl in mir ließ ich sie sinken und starrte auf die dunklen Holzdielen.

Wie lange ich da hockte? Ich konnte es euch nicht sagen und vielleicht wollte ich es auch nicht, denn tief im Inneren schämte ich mich. Für alles was bisher passiert war, für die Tatsache das ich einem Mann zu Füßen fiel, der praktisch nicht existierte.

Für die Tatsache das ich hoffnungslos durch den Wind war. Verliebt? Nun, ich war mir nicht sicher. Ich glaube nicht, zumindest nicht unter diesem Wort. Ich kannte ihn nicht, zumindest nicht so wie man einen Menschen nach meinen Vorstellungen kennen sollte, um sagen zu können dass man verliebt sei. Aber da war etwas, mächtig und unwahrscheinlich kraftvoll zog es an mir bis ich irgendwann aufgeben würde. Und das würde ich, ganz sicher.

„Ich bin wied .. Jean!?“ Seine Stimme. Es war seine Stimme!

Fassungslos wirbelte ich herum, sah Alasdair im Türrahmen stehen, hinter ihm peitschte der Regen und in seiner Hand hing ein totes Kaninchen.

„Was ist?“ entfuhr es ihm bestürzt. Er hatte wohl die Tränen auf meinen Wangen gesehen. Fassungslos starrte ich ihn immer noch an. Seine Haare hingen tropfnass auf seinem Kopf, er war bis auf die Haut durch.

Zitternd erhob ich mich, raffte meine Bettdecke um mich und lief die wenigen Schritte auf ihn zu. Und dann tat ich etwas das ich eigentlich nie in meinem Leben machen wollte. Ich holte aus und verpasste ihm eine deftige Ohrfeige.

„Wie kannst du einfach so verschwinden!?“ platzte es dann beinahe hysterisch aus mir heraus. Ich führte mich auf wie eine Wahninnige, das wusste ich, aber beenden konnte ich es trotzdem nicht. „Wie kannst du nur!“

„Jean“ kam es vorsichtig, er versuchte meine Arme einzufangen, aber ich trommelte ohne Rücksicht auf seine Brust ein. „Wie kannst du nur!?“

Tränen rannen über meine Wangen, verloren sich auf dem Stoff des gewaltigen Federbettes, ich zitterte und mein Herz klopfte mir bis zum Hals. „Wie kannst du nur!“

„Jean, pschhhtt“ versuchte er es erneut, versuchte mich und meine Wut einzufangen. Das ich gegen ihn und seine Kraft nicht die leiseste Chance hatte, wusste ich – das es so schnell gehen würde, hatte ich nicht erwartet. Er presste mich an seinen nassen Körper, eine Hand unerbittlich auf meinem Rücken, die andere auf meinem Hinterkopf.

„Jean, beruhige dich, ich bin doch hier .. pschht..“ er wiegte mich wie ein kleines Kind und erstickte jedes meiner Aufbegehren im Keim. „Was bei allen Teufeln ist denn mit dir los?“

„Du warst weg!“ rutschte es trotzig und halb schluchzend aus mir heraus, „Einfach weg! Du kannst nicht einfach weggehen!“

„Ich war nur draußen im Wald“ verteidigte er sich halbherzig und strich mit den Daumenkuppen meine Tränen von den Wangen. „Hab ein Kaninchen gefangen. Ich hab gedacht es kann dir nicht schaden ein wenig mehr Fleisch zu essen. Solange ich hier bin, wird dir nichts passieren, Jean. Das hab ich dir doch schon mal gesagt, mhm?“

22 Days;Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt