Kapitel XXII.

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Bevor es heute los geht - hab ich eine kleine "Ansage" :D

Also 1tens: Ich habe echt eine ganze Weile recherchiert und hoffe das alles so stimmt wie es da unten steht – kleine Fehler dürfen behalten werden, Große bitte melden. ;)
Schottlands Geschichte ist ziemlich verworren, deswegen .. wie gesagt - ich weiß nicht ob alles richtig ist, ich hoffe es einfach mal (ES HAT MIR NE MEEEEEEENGE ZEIT GEKOSTET! :DDD)

2tens: Ich habe da unten so kleine Nummerchen im Text (da(1),(2),(3),(4),(5)), unten stehen da noch Erklärungen dazu, für diejenigen die das interessiert. ;))

XXII.
(04.02.2014)


Je länger ich über die Worte meiner Mutter nachdachte, je undurchsichtiger und verwirrender wurden sie.
Ich verstand gar nichts, hatte das Gefühl sie war endgültig verrückt geworden.
Oder war ich es?
Seufzend begab ich mich in die Senkrechte und versuchte aufzustehen. Kurzer Schwindel erfasste mich, ich krallte meine Hand in das kalte  Holz der Nachtkommode und wagte den ersten Schritt. Meine Knie waren weich und nur sehr schwer fähig mein Gewicht zu tragen, ich ging langsam und vorsichtig.
Die Küche sah noch genauso aus wie vor zwei Tagen, mein Lappen lag da noch und auch der kleine Blecheimer mit nun kaltem Wasser stand dort noch. Al hatte mich davon weggezogen und seitdem war ich nicht mehr aufgestanden.
Jetzt schossen mir wieder Tränen in die Augen, aber ich versuchte sie tapfer herunter zu schlucken und einen Schritt vor den anderen zu setzen.
Mit zitternden Händen griff ich nach einem Glas und versuchte aus der Kanne mit abgekochtem Wasser einzugießen. Ein wenig ging daneben, schließlich war es jedoch voll und mit leisem Seufzen setzte ich es an meine Lippen.
Das Wasser rann kalt meinen gierigen, trockenen Hals hinunter, verteilte sich in meinem Bauch wie ein riesiger Stein.
Mich auf das Holz abstützend, warf ich einen Blick nach draußen. Mein gefürchteter Gegner, das Objekt meines Hasses strahlte mir geradewegs ins Gesicht.
Der Mond. Voll, hell leuchtend und … Voll. Er war kreisrund! Hektisch schob ich das Glas beiseite und riss das Fenster auf, beugte mich in die kalte Dämmerung.
Der Mond war rund. Er war kreisrund, kein… er war rund! Wie zum Teufel!? Spielten meine Augen mir einen Streich, oder ..?
Wind kam auf, er fuhr heulend ums Haus. Erschrocken hielt ich die Luft an.
„Ruhig mein Kind ..“ Der Schrei der sich aus meiner Kehle entfesselte, war markerschütternd. Ich wirbelte herum, sah den Mann mit dem schwarzen Gewand und dem grauen Bart neben der Tür stehen. Er schloss sie hinter sich und lächelte.
Je näher er kam, desto weiter wich ich zurück. Ich zitterte am ganzen Leib. „Du brauchst keine Angst haben, Kind. Wie ich sehe hast du die Sterne  beobachtet?“
Ich antwortete nicht, mein Herz sprang mir beinahe aus der Brust. Es war Foley. Der Mann vom Friedhof, dessen gutherzige dunkle Augen mich anlächelten.
Er nickte nach draußen, „Ich denke du hast den Mond bereits gesehen, nicht?“
Unfähig zu sprechen, nickte ich.
„Du hast schon Recht gehabt, Kind. Es ist Vollmond. Kein abfallender Mond, nein. Er ist immer noch rund. Es ist immer noch Vollmond. Nur diese eine Nacht lang, nur dieses eine Mal in der Geschichte der Welt.“
Vollmond. Es war immer noch Vollmond!
Fassungslos schluckte ich die hundert Nägel in meinem Rachen hinunter und räusperte mich. „Wie .. wie ist das möglich?“
Sein Lächeln wirkte beinahe großväterlich. „Nur diese eine Nacht. Die Zeit, mein Kind. Es ist die Zeit, sie kann alles. Kann dir einen Fremden geben, kann dir einen Liebhaber nehmen.“
„Aber .. aber ich .. ich ..“ stammelte ich vollkommen durcheinander. Sein Gesichtsausdruck wurde ernster, er nickte.
„Formt es zu einer Kugel und legt sie beim ersten Vollmond des Monats unter die Steinbrücke von Upper Carnoch. Wenn der Lichtstrahl des Mondes um Mitternacht auf die Kugel trifft, wirft es Licht zurück und im Zentrum dieses Lichtes ist das Tor in die Vergangenheit. Ich kann dir nicht sagen wann genau dieser Zeitpunkt kommt, ich weiß nur dass es die einzige Chance ist! Um kein Geschehen auf der Welt dürft ihr diesen Zeitpunkt verpassen!“ Den letzten Satz hatte ich mitgesprochen, es waren Haargenau die gleichen Worte die Großmutter in ihrem Brief verwendet hatte.
„Aber“ begann ich erneut, beendete diesen Satz aber nie. Foley schmunzelte. „Wie ich sehe hast du die Kugel noch.“
„Nein.. er .. Al hat sie mitgenommen, dass ..“
„Er hat sie geteilt, mein Kind.“ Seine Augen sprühten vor Warmherzigkeit, seine alte Hand legte sich auf meine Wange, strich sanft wie der Flügelschlag eines Schmetterlings darüber. „Er hat sie in der Nacht geteilt, die eine Hälfte ist in seinem Besitz, die andere hast du hier. Die Zeit und der Mond helfen dir, die Entscheidung musst du allein treffen.“
„Aber was.. was meinen sie damit?“ hauchte ich leise, überfordert und am Rande meiner Grenze.
„Lass es mich erklären“ meinte er und ließ sich an einem der Küchenstühle nieder. Auf seinen auffordernden Blick, nahm ich ebenfalls Platz.
Die Hände in einander gefaltet, sah er mich ruhig an. „Im Jahr 1688 revolvierte das englische Parlament gegen König Jakob den zweiten – der zeitgleich auch als Jakob der siebte König von Schottland war – und bot die Krone Wilhelm dem dritten an. Der war nun zeitgleich also König von England und Irland als Wilhelm der dritte und von Schottland als Wilhelm der zweite. Er nahm sie an und weil das schottische Parlament zögerte, zog sich ein Briefwechsel erst ewig dahin. Schließlich akzeptierte das Parlament den König jedoch, noch lange aber nicht die Menschen die hier lebten. Sie rebellierten unter der Führung von Jon Graham of Claverhouse – besser bekannt als Bonnie Dundee – gegen diese Entscheidung.
Wie du vielleicht schon weißt, fiel Dundee in der Schlacht von Killiecrankie. Auf dem Rückweg von der Schlacht von Dunkeld, wo sie sich mangels einer Führungsgewalt letztendlich zurück zogen, plünderten die MacDonalds von Glencoe zusammen mit ihren Verwandten aus Glengarry die Ländereien von Robert Campbell von Glenlyon. Sie stahlen sein Vieh und die Situation um Robert Campbell, der so schon unter seinen Spielschulden litt, wurde so kritisch dass er ein Armeekommando übernehmen musste, um seine Familie weiter ernähren zu können.
Zwischen den beiden Clans herrschte sowieso schon Jahrhunderte langer Hass, der wurde nun aber neu entflammt, denn für einen Mann wie Robert Campbell war es unerträglich nicht von seinem eigenen Reichtum leben zu können.
Bei der Schlacht vom ersten Mai im Jahre 1690 unterlagen die schottischen Rebellen in der Schlacht bei Cromdale und auch die Niederlage in der Schlacht am Boyne beendete letztendlich den Aufstand.
Nun, König Wilhelm war clever – er  bot den Clans das Vergeben der Teilnahme an den Aufständen an, aber nur unter einer einzigen Bedingung: Sie mussten einen Treueid auf ihn ablegen. Zuerst war die Rede von 12.000 Pfund um sich die Treue und Loyalität erkaufen zu können, aber warum mit Geld wenn er sie als König mittels dieser Vorlage einfach erpressen konnte?
Zeitgleich ließ Breadalbane, der verantwortliche Staatssekretär, jedoch in einem streng vertraulichen Gespräch mit John Campbell, dem Clanchief der Campbells von Breadalbane verlauten die Clans Connel und Lochiel ausrotten zu wollen.
Grundsätzlich wurde jedoch entschieden, dass alle Chiefs bis zum ersten Januar 1692 einen Treueid auf den König ablegen müssten. Die, die sich widersetzen würden, würde man mit Feuer und Schwert begegnen(1). Um es vorsichtig auszudrücken – das Datum war nicht umsonst so gewählt, der Winter war streng in Schottland und nicht selten so hart das viele erfroren. Wortwörtlich(2) hatte man wohl geschrieben dass es die beste Zeit war um zu verhindern dass die Männer mit ihren Frauen, Kindern und Rindern in die Berge entfliehen können.
Jedenfalls leisteten die meisten Clanchiefs diesen Eid sofort, lediglich zwei zögerten. MacDonnel of Glengarry und viel entscheidender MacIan MacDonald of Glencoe. Sagt dir der Name was?“
Ich starrte ihn einige Sekunden nur an. MacDonald of Glencoe. Alasdair.
Foley nickte. „Ja, dein Alasdair ist einer der Söhne von MacIan. Jedenfalls zögerten beide, doch nach langem Überlegen entschied sich auch MacIan seinen Treueeid am letzten Tag in Fort William abzulegen. Zu diesem Zeitpunkt herrschte ein schwerer Schneesturm und obwohl er mehrere Tage vorher aufbrach, schaffte er es erst am Abend des 31. Dezember in Fort William, verkühlt und nass anzukommen. Dort war allerdings nur der Kommandeur Colonel Hill anwesend und der war nicht für die Abnahme des Eids zuständig.
Er riet ihm nach Inveraray zu reiten, dort könne er den Eid vor Sir Colin Campbell, dem Sheriff von Argyll ablegen. Colonel Hill gab MacIan einen Schutzbrief und einen Brief für Sir Colin Campbell mit, er bestätigte das MacIan rechtzeitig in Fort William gewesen war. Der alte Kautz brauchte bei dem Schneesturm drei Tage bis nach Inveraray, wie es das Schicksal wollte war Sir Colin Campbell dort aber nicht anwesend. Erst am 6ten Januar wurde der Eid geleistet und MacIan ritt beruhigt zurück nach Glencoe. Er hatte gegen keine Vorschriften verstoßen, denn der Brief von Hill war ja Beweis genug.
Allerdings sahen das verschiedene Männer ein wenig anders und nun hatte König Wilhelm endlich einen wunderbaren Sündenbock gefunden, man schrieb auf sein Geheiß an den Kommandanten in Fort William. Durch sein scheinbares Verweigern hatte die Regierung eine klare Rechtfertigung der öffentlichen Justiz, dass der Clan mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden durfte. (3)
So wurden 120 Mann unter dem Regiment des Grafen von Argyll und dem Kommando von Hauptmann Robert Campbell of Glenlyon nach Glencoe in Marsch gesetzt. Sie sollten ihr Quartier dort beziehen, denn die schottische Philosophie verbot es – egal ob Freund oder Feind – einem Quartiersuchenden keine Gastfreundschaft entgegen zu bringen.
5(4) Tage lang aßen und tranken sie mit den MacDonalds, spielten Karten zusammen. Am 12. Februar erhielt Robert den Befehl(5) alle unter 70 Jahren dem Schwert zuzuführen.
Sein Augenmerk lag besonders auf MacIan MacDonald, sowie auf seinen Söhnen Calum Ròidh, Ranald Griogair, Edan Fearghas und Alasdair Duncan McDonald.“
Foley ließ das letzte Wort ausklingen und augenblicklich herrschte Eiseskälte in diesem Raum.
Ich hatte das Gefühl jegliches Blut fror an meinen Venen fest. „Er wird sterben. Sie wollen ihn töten.“
Es war keine Frage, die da aus meinem Mund kam. Es war eine Feststellung und die bohrte sich gnadenlos in mein Herz.
Foley nickte. „Ja. Alasdair wird sterben. Es sei denn da ist jemand der ihn auf genau das aufmerksam macht.“
„Du … du meinst mich.“
Er lächelte leicht und deutete mit der Hand hinter sich, „Was glaubst du warum der Vollmond scheint? Zwei Nächte in Folge?“
„Wird es eine dritte Nacht geben?“
„Nein.“
Nickend versuchte ich das Gesagte auch nur annähernd in Reih und Glied zu bekommen. Alasdair schwebte in Lebensgefahr. Sie wollten ihn und er würde nicht damit rechnen.
Foley erhob sich derweil und schob den Stuhl wieder an den Tisch, ehe er schweigend auf die Tür zu lief. Seine Schritte verursachten kein Geräusch.
„Warten sie!“ Ich stürzte ihm so schnell wie es meine wackeligen Knie zu ließen, hinterher. Foley hatte die Tür schon geöffnet, draußen windete es immer noch sehr stark, sein Bart wehte leicht. „Es liegt in deiner Hand, mein Kind.“
Damit verbeugte er sich schmunzelnd und bekreuzigte sich, „Nun .. gib mir noch einen Moment, denn ich will ehrlich zu dir sein. Ich war nie Abraham Foley, secretary of Laird Murray of Atholl. Gestatten, Fingal Galbraith.“
Fassungslos starrte ich ihn an, suchte nach einem Scherz in seinen Augen. Aber da war keiner.
„Aber .. aber du bist doch tot!“
Foley, nein, Fingal schmunzelte leicht. „In deiner Zeit vielleicht. In meiner geht es mir prächtig. Eilidh wird stolz sein wenn ich ihr von dir erzähle.“
„Aber .. aber ..“
„Du wirst das richtige tun, Jean. Und weißt du warum? Weil du ein reines Herz hast.“
Damit drehte er sich unter meinen überforderten Augen um und lief über die Wiese in Richtung Waldrand. Ich kniff die Augen gegen die starken Böen zusammen und … seine Gestalt löste sich mit dem Wind, was blieb war Dunkelheit.
Der Wind legte sich.

22 Days;Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt