2 - Die Katastrophe bahnt sich ihren Weg
„Ich bin wieder d-“, wollte ich sagen, während ich meine Jacke an den Haken hing, als ich einen großen muskelbepackten Mann in unserer Küche sitzen sah.
„Ähm… hallo.“, sagte ich leise, als er mich unangenehm musterte. „Hallo, Liebling. War es schön bei der Arbeit? Komm setz dich doch.“, sagte Coleen überschwänglich und zerrte mich zu einem Stuhl. Ich konnte deutlich ihre Alkoholfahne riechen und ihr Auftreten war nicht wirklich besser. Die Haare wie ein Vogelnest und sie hatte nicht mehr an, als einen Bademantel.
Der Mann mit den Eulenaugen musterte mich weiter und sein Anzug spannte an der Brust und am Bizeps. Er schob sich seine Brille zurecht, während er in einer Aktentasche herumwühlte und einen Schnellhefter herausholte. „Ich bin Mr. Whites und bin hier, weil uns zu Ohren gekommen ist, dass es hier ab und zu… etwas lauter ist.“, erklärte der Typ nur vage und faltete die Hände ordentlich auf dem dreckigen Tisch. Na, das machte einen Eindruck, wenn überall Flaschen herumlagen und die Wohnung wie eine Müllhalde aussah, oder?
„Also sind sie vom Jugendamt?“, fragte ich zögernd und Coleen warf mir einen warnenden Blick zu, der mir sagen sollte, ja keinen Scheiß zu erzählen. „Genau. Und-“ er warf einen Blick in seinen Schnellhefter. „Joyce? Erzähl mir mal ein bisschen von dir und was du so machst.“, sagte Mr. Whites mit einer Psychiater-Stimme. Ich räusperte mich und warf Coleen einen unsicheren Blick zu. Sollte ich lügen? Ihr warnender Blick sagte mir nämlich genau das.
„Also, ich bin 16, gehe in der Eugene J. Butler High School in die 10. Klasse-“ Ich wurde von ihm unterbrochen. „Ja, das weiß ich alles.“, sagte er lächelnd. „Erzähl mir doch lieber, was du so machst.“, versuchte er mein Ablenkungsmanöver zu zerstören. „Ähm, ich spiele seit ich fünf bin Baseball und bin auch in der Mädchenmannschaft der Pitcher.“, erklärte ich und überlegte, was ich noch sagen konnte.
Da gab es eigentlich nichts mehr zu sagen, wenn es alles nach Friede-Freude-Eierkuchen aussehen sollte. „Mh. Und wie sieht es mit Freunden aus?“, bohrte er weiter. Shit. „Oh, meine Kleine hat massenhaft Freundinnen. Manchmal wissen mein Mann und ich gar nicht mehr, wer wer ist.“, lachte Coleen gekünstelt. „Ich würde die Antwort gerne von Joyce hören, wenn das in Ordnung ist, Maám.“, grummelte er und sah mich wieder an. „Hab ich keine.“, nuschelte ich und knetete meine Hände, als er begann, in den Schnellhefter zu kritzeln.„Gut, kann ich mir mal dein Zimmer ansehen?“, fragte er freundlich, aber mich störte es, dass er mit mir redete, als wäre ich ein kleines Kind. Ich nickte nur und stand vorsichtig auf, darauf bedacht, nicht wegen den blauen Flecken zusammen zu zucken. Aus den Augenwinkeln merkte ich, wie Mr. Whites mich genauestens beobachtete und ich fragte mich, ob er Verdacht schöpfte.
Ich ging langsam voraus, die Treppen hinauf in mein kleines, dunkles Zimmer. Ich öffnete die Vorhänge und schaute unsicher dabei zu, wie er durch mein Zimmer ging und alles haarklein anschaute.
„Ist das dein leiblicher Vater?“, fragte er, während er auf ein Bild von uns auf meinem Regal zeigte. „Ähm, ja. Das war vor 6 Jahren.“, erklärte ich und es kam mir so vor, als wäre ich an einen Lügendetektor angeschlossen. Bei jedem Wort, das ich sagte, musste ich genau überlegen, damit ich mich ja nicht verplapperte. Er wandte sich wieder an uns und rückte seine Brille zurecht. „Ich weiß, dass sie beide ein falsches Spiel mit mir spielen und Joyce?“, er drehte sich zu mir, kam langsam auf mich zu und ich hielt die Luft an, als er meine Ärmel zurück schob und somit die zahlreichen blauen Flecken zum Vorschein kamen.
„Glaub nicht, dass mir so etwas entgangen wäre und entweder erzählst du mir jetzt die Wahrheit, oder ich kann dir Ärger wegen Falschaussage machen. Verstanden?“, fragte er nachdrücklich und der freundliche Ausdruck war komplett verschwunden. Hastig nickte ich, weil er mir echt Angst machte. Das hättet ihr auch, wenn vor euch ein Hulk stand und von ‚Ärger machen‘ redete.
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My Stepbrother's Best Friend ✔
Teen FictionAchtung! Enthält teilweise gewalttätige und sexuelle Szenen. Nachdem Joyce vom Jugendamt aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen wurde, zieht sie zu einer vierköpfigen Familie plus dem besten Freund ihres Adoptivbruders. Joyce ist sofort klar, dass si...