16 - Wie 'verentknallt' man sich?

23.4K 1K 58
                                    

16 - Wie ‚verentknallt‘ man sich?

„Man, ich kann das einfach nicht!“, jammerte ich und warf den Kontroller auf Coles Bett. Seit geschlagenen zwei Stunden versuchten er und Quinn mir bei zu bringen, welche Knöpfe und wann man sie benutzen musste, aber immer wieder brachte ich sie durcheinander. Cole hievte sich von seinem schwarzen Sitz Sack hoch -so ziemlich alles in seinem Zimmer war schwarz und dunkel- und setzte sich neben mich. Er nahm meinen Kontroller und zeigte mir ‚wie einfach das Ganze doch war‘, aber beim gefühlten hundertneunzigsten Mal, schrie ich auf und warf genervt den Kopf in den Nacken. „Das kann doch nicht so schwer sein!“, schrie ich mich selbst an und ich war mir dessen bewusst, dass mich Cole und Quinn schräg ansahen. Ach, schieben wir es einfach mal auf mein angeschlagenes Immunsystem.
Wieder zeigte mir Cole, wie man richtig spielte und allmählich konnte ich mich mit dieser bescheuerten Konsole anfreunden. Ich wurde zwar immer noch geschnappt, aber wenigstens nicht schon nach dem ersten Schuss. „Okay, ich glaube, wir lassen es für heute.“, lachte er und nahm mir mit seinen schlanken Fingern den roten Kontroller aus der Hand. Schmollend verschränkte ich die Arme, gab mich aber zufrieden, als er sagte: „Wir können ja auch einfach fernsehen.“
Quinn, der bisher ziemlich still war, grinste seinen besten Freund verschwörerisch an und schlenderte auf das kleine Regal mit DVDs, CDs und verschiedenen Videospielen zu. Ich konnte nicht sehen, welchen Film er herauszog, aber als ich das deutliche Schmunzeln auf Coles Lippen bemerkte, machte sich eine schreckliche Ahnung in mir breit. Quinn legte die DVD ein und als der Titel auf dem Flachbildfernseher auftauchte, bestätigte sich meine Befürchtung, denn der Film war genauso wie ich es mir gedacht hatte: schrecklich.
In der ersten halben Stunde spritzte so viel Blut, wie ich es noch nie zuvor im Fernsehen gesehen hatte und langsam, aber sicher wurde mir wieder übel. Immer wieder sah ich fassungslos zwischen den beiden Jungs hin und her, die neben mir saßen. Während Quinn die Augen weit aufgerissen hatte, zog Cole die Brauen zusammen. Wer bitteschön kaufte sich so einen Film?! „Okay, ich bin raus.“, sagte ich und stand schnell vom Bett auf, um dieses Gemetzel nicht mehr ertragen zu müssen. Zu schnell.
Kurz schwankte ich und hatte das Gefühl, dass mein Magen in meinem Inneren schaukelte. Allein die Vorstellung ließ mich schon fast würgen. Als Quinn schon aufstehen und auf mich zukommen wollte, hielt ich eine Hand nach oben, um ihm zu zeigen, dass es in Ordnung war und langsam konnte ich meinen Stand wieder etwas festigen. „Geht’s dir gut?“, fragte er besorgt, noch immer darauf aus, näher zu kommen, aber das wollte ich nicht. Ich war fest entschlossen, mir Quinn aus dem Kopf zu schlagen und da half seine Gegenwart nicht wirklich. Im Gegenteil, es machte mir bloß noch schwerer, wenn er wieder ganz den Gentleman spielte!
„Passt schon.“, erwiderte ich und öffnete den Mund dabei nicht zu viel, denn mir war wirklich mehr als nur kotz übel. Mit der Hand auf den Bauch gepresst stolperte ich aus dem Zimmer und rannte vorsichtshalber ins Badezimmer. Trotz meiner dicken Jogginghose, dem Top und Dads Kapuzenpullover darüber, war mir eisig kalt, als würde ich am Nordpol kampieren.
Schwer atmend platzierte ich meine Hände auf dem Rand des Waschbeckens, um erst mal wieder Luft zu bekommen. Ich hielt meine Nase in kaltes Wasser, die vom vielen Naseputzen ganz rot geworden war und brannte.
Man, diese Regenattacke hatte mich wirklich ziemlich mitgenommen. „Geht’s wieder?“, hörte ich eine Stimme links von mir. Cole stand mal wieder mit besorgter Miene im Türrahmen und musterte mich von oben bis unten. Ja, ich wusste, dass ich beschissen aussah! „Mhm.“, murmelte ich mit belegter Stimme und lehnte mich wieder schwer atmend ans Waschbecken, bevor ich mich an Cole wendete. „Wie könnt ihr euch bloß so einen Film reinziehen? Und ihn dann mir auch noch zeigen!“, fragte ich immer noch fassungslos, während er nur lachte. In diesem Haus wurde man ja auch super ernst genommen. Nur ein Schulterzucken seinerseits, bevor er lachend im Flur verschwand. Ich schloss wieder die Tür und ließ die Klamotten von meinem Körper fallen. Es war zwar erst Nachmittag, aber trotzdem wollte ich jetzt nur noch eine heiße Dusche und danach ins Bett fallen. Ich schleppte mich zur Dusche und stellte mich unter das angenehme Wasser, das meine verspannten Schultern etwas lockerte. Ich liebte es, wie der Dampf, die milchigen Scheiben beschlagen ließ und man kleine Muster auf die Scheibe zeichnen konnte. Nennt mich kindisch, aber das machte ich bis heute noch - oder ich spielte Tic Tac Toe mit mir selbst.
Ich spülte mir gerade das Shampoo aus den Haaren, als es an der Tür klopfte. Kaum konnte ich etwas sagen, hörte ich auch schon das Schloss der Tür klicken, was mir sagte, dass jemand die Tür hinter sich zu gemacht hatte. „Hallo?“, fragte ich und stellte das Wasser aus. Ja, dieser Film hatte mich vielleicht ein wenig panisch gemacht, aber irgendwie wurde mir ein wenig mulmig zumute. „Ich bin’s bloß.“, sagte eine sanfte Stimme, die ich sofort Quinn zuordnen konnte. „Ist irgendwas?“, fragte ich weiter. Ich wusste nicht so ganz, wie ich mit der ganzen Situation umgehen sollte und ehrlich gesagt war es mir ein bisschen peinlich, dass uns nur eine Glasscheibe voneinander trennte, die mich nicht einmal komplett verdeckte. Mal wieder.

My Stepbrother's Best Friend ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt