28 - Der Tag ist gekommen?

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28 - Der Tag ist gekommen?

„Hallo Joyce.“, sagte sie mit einem schwachen, irgendwie traurigen Lächeln. „Hei.“, brachte ich heraus, konnte es aber nicht verhindern, dass meine Stimme stockte. Aus den Augenwinkeln merkte ich, wie Jenna Cole bedeutete, aus der Küche zu verschwinden und kurz darauf waren sie in den Flur geflüchtet. „Wie geht es dir?“, fragte sie und leckte sich über die Lippen. „Ganz gut eigentlich. Bis auf das, dass ich Spanisch verhaut habe.“, erklärte ich und lachte nervös. Es war ein lahmer Versuch, die Stimmung etwas aufzulockern, aber die Spannung blieb.

Coleen nickte abwesend und betrachtete ihre Hände, die sie sorgsam in ihrem Schoß gefaltet hatte. „Ich denke, dich interessiert, wieso ich hier bin.“, setzte sie an und räusperte sich. „Ich weiß, dass ich in den letzten Jahren eine grauenvolle Mutter war. Der Tod von Dad muss für dich genauso schlimm gewesen sein wie für mich und ich hätte in dieser Zeit für dich da sein müssen. Stattdessen habe ich dieses… dieses Arschloch geheiratet und nichts dagegen unternommen, wenn er dich geschlagen hat.“ Sie holte zittrig Luft und kam auf mich zu. „Es tut mir alles so Leid - alles was ich getan habe und alles was ich nicht getan habe. Du musst wissen, dass du immer mein kleines Mädchen sein wirst, auch wenn du mich schon lange nicht mehr als deine Mom siehst. Dieses Privileg habe ich vor langer Zeit verspielt und das bereue ich. Ich bereue jeden einzelnen Tag, den ich in den letzten Jahren angefangen habe.“, schluchzte sie und zog mich an sich.

Es war ungewohnt und fremd in ihrer Nähe zu sein, aber ihr Duft nach Vanille bedeutete für mich ein Stück zu Hause. Zögerlich erwiderte ich ihre Umarmung, während tiefe Schluchzer ihren Körper schüttelten. In meinem Kopf drehte es sich, als ich fieberhaft darüber überlegte, was wohl das Richtige war. Sollte ich ihr verzeihen oder sie einfach wegschicken?

„Ich habe dich vermisst.“, flüsterte ich schließlich und drückte sie fester. Sie fing noch mehr an zu weinen und klammerte sich an mich, als wäre ich ihr letzter Halt. Vielleicht war das ja auch so… Dad war von uns gegangen und von Garrett hatte sie sich scheiden lassen.

Ich konnte sie nicht so traurig sehen, es tat mir unglaublich weh, auch wenn sie mich oft mit ihren Worten verletzt hatte. Unwillkürlich fing meine Unterlippe zu beben an und auch meine Augen verließen stumme Tränen. Ob vor Freude oder Trauer über die vergangene Zeit wusste ich nicht so genau.

Nach ein paar Minuten löste sie sich von mir und wischte sich über die Augen. „Ich- ich wollte dich noch etwas fragen… Ich kann verstehen, wenn du nicht willst… also…“, stammelte sie immer wieder vor sich hin, auf der Suche nach den richtigen Worten. „Wie wär’s, wenn du über die Sommerferien zu mir ziehen würdest? Ich dachte, wir könnten vielleicht etwas Zeit miteinander verbringen… Ich kann es verstehen, wenn du mir nicht verzeihen willst, aber ich dachte, vielleicht wird es, wenn alles wieder wie früher werden würde.“, flüsterte sie und sah auf ihre Füße.

Mein Kopf ratterte bei ihren Worten und mein Puls raste. Meinte sie das wirklich ernst? Es war eine Sache ihr zu verzeihen, aber es war eine andere wieder mit ihr zusammen zu ziehen. Ich hatte mir hier ein Leben aufgebaut und ich hatte das Gefühl, ich würde meine Adoptiv Familie verraten. Sie hatten mir in meiner schlimmsten Zeit beiseite gestanden. Obwohl, es war eigentlich bloß sechs Wochen lang. War es einen Versuch wert? Wollte ich es wagen?

„Du verstehst es sicher, wenn ich Zeit zum Überlegen brauche.“, flüsterte ich und kaute auf meiner Unterlippe, damit sie nicht mehr so verdächtig zitterte. In mir war Gefühlschaos pur. „Natürlich! Lass dir so lange Zeit, bis du dir sicher bist.“, sagte sie enthusiastisch und zog mich erneut in eine feste Umarmung. Dieses Mal erwiderte ich sie sofort, denn ich hatte endlich meine Mom zurück. Mit einem schwachen Lächeln löste sie sich von mir und atmete tief durch, als würde eine riesige Last von ihren Schultern fallen. „Gut, dann gehe ich mal wieder. Ich habe eine lange Fahrt von mir. Hast du meine Handynummer noch?“, fragte sie mich. Ich nickte mit einem verlegenen Lächeln und steckte meine schweißigen Hände in die Hosentasche. Wenn sie doch nur eine Ahnung hätte, wie oft ich vor meinem Handy saß und immer wieder mit mir rang, ob ich sie nun löschen sollte oder nicht.

„Bis dann, Schätzchen.“, lächelte sie schwach und strich sachte über meine Wange. „Bis dann.“, flüsterte ich und erwiderte das Lächeln. Sobald die Haustür ins Schloss fiel, stürmten Jenna und Cole in die Küche und ich konnte mir kein Schmunzeln verkneifen. „Ihr habt mitgehört, stimmt’s?“, grinste ich und augenblicklich wurde Jenna rot, während Cole entschuldigend mit den Schultern zuckte. Das war Antwort genug. „Gott, ihr seid wirklich unmöglich.“, lachte ich und schüttelte den Kopf.

Jenna verschwand über die Treppe nach oben, während Cole langsam auf mich zukam. „Und? Wie wirst du dich entscheiden?“, fragte er leise und vergrub die Hände in den Hosentaschen. „Das weiß ich noch nicht…“, seufzte ich und setzte mich auf die Kücheninsel. Meinen Füßen sah ich dabei zu, wie sie herumbaumelten. „Und denk dran, was du mir versprochen hast. Er ist oben in seinem Zimmer.“, zwinkerte er mir zu. Ich stöhnte entnervt auf und sah ihn bittend an. „Cole, findest du nicht, dass das heute genug Fiasko war?“, fragte ich ihn und setzte mich auf meine Hände. „Ach Quatsch. Familiendrama gibt es nie genug.“, grinste er und ging einfach. „Arschloch.“, rief ich ihm grinsend nach. „Ich hab dich auch lieb, Schwesterherz.“, lachte er und ging nach oben.

Ich hievte mich von der Kücheninsel und massierte kurz mein schmerzendes Knie, bevor ich mich ebenfalls auf den Weg nach oben aufmachte. Der Weg von der Treppe bis nach hinten zu Quinns Zimmer kam mir unendlich lange vor und als ich vor seiner Tür stand, pochte mein Herz so laut, dass ich es in meinen Ohren hören konnte. Okay, ich musste nur anklopfen. Ich müsste ihm nur sagen, was ich für ihn empfinde und hoffen, dass seine Gefühle stärker waren als seine Angst. Die schrecklichen Szenarien, die sich vor meinem inneren Auge abspielten, wie er mich abservierte, schob ich bewusst beiseite und machte mehr Platz für die Hoffnung, die sich in mir ausbreitete.

Hoffnung war im Moment alles was mir blieb. Ein letztes Mal atmete ich tief durch und klopfte leise an seine Tür.

Heilau :D

Mal wieder ein neues Kapitel! Ich hoffe, dass es euch gefallen hat und bitte bringt mich nicht um für den miesen Cut :D Ihr könnt euch bei mar_ie23! Dank ihr hab ich heute schon geupdatet, weil ohne sie hätte ich nicht weitergewusst. Außerdem danke, dass du mir zugehört hast, wenn es niemand anderes getan hat :) Danke :*
In den nächsten zwei Wochen zu schreiben wird ein wenig schwierig, weil ich nächste Woche Berufswahltage habe und die darauf dann Projektwoche... Wünscht mir Glück, denn ich bin mit den schlimmsten Vollidioten aus meiner Klasse in der Gruppe gelandet :/

Eure S. <3

My Stepbrother's Best Friend ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt