26 - Es war nicht genug
„Bitte geh.“, flüsterte ich mit dem Blick stur auf die schneeweiße Decke gerichtet. Alex stand vor meinem Bett und warf mir an den Kopf, wie dumm es war mit Quinn mitgefahren zu sein. Aber nicht nur die Fahrt, sondern auch insgesamt mich mit ihm abzugeben. „Joyce! Ich- ich habe dich gern und auch wenn du mir gesagt hast, dass das zwischen uns nichts wird… Wenn ich dich schon nicht haben kann, dann will ich wenigstens wissen können, dass du in guten Händen bist! Aber anscheinend ist das nicht der Fall. Sonst wärst du nicht hier.“, meinte er und gestikulierte stark mit den Händen, während er verzweifelt nach den richtigen Worten suchte.
„Bitte geh.“, wiederholte ich bloß und diesmal verließ er mein Zimmer tatsächlich. Ich zuckte zusammen als die Tür geräuschvoll ins Schloss fiel und somit wieder die Stille ankündigte. Dieser Kuss mit Alex damals war ein Fehler, aber das wusste ich erst, nachdem Quinn mich geküsst hatte. Nachdem ich ganz sicher wusste, dass ich meine Gefühle für Quinn nicht ignorieren konnte. Sie verzerrten alles in mir und der Wunsch bei ihm sein zu können war so unbändig groß.
Vor Schmerzen stöhnend schwang ich meine Beine über die Bettkante und betrachtete wieder mein Knie. In den letzten drei Tagen war es von dem blau-lila zu grün-gelb übergegangen, aber mein Gang war immer noch steif und mein linkes Bein zog ein wenig nach.
Ich wusste zwar, dass ich in diesem Krankenhaushemd und mit den zerzausten, teilweise noch feuchten Haaren vom Baden schrecklich aussah, aber ich wollte jetzt zu Quinn. Er war zwar bei Bewusstsein, aber dank der schweren Operation schlief er so ziemlich den ganzen Tag und die ganze Nacht. Bisher war er immer am Schlafen, wenn ich ihn besucht hatte. Durch meine gestreiften Socken sickerte langsam die Kälte und mal wieder fröstelte ich, woran der anfangende Herbst auch mitschuldig war.
Mit kleinen Schritten humpelte ich den Flur hinunter und die Treppe nach oben -was ein gewaltiger Kampf war- bis zu seiner Tür. Vorsichtshalber klopfte ich, aber wie zu erwarten kam keine Antwort. Ganz leise trat ich in sein Zimmer und ein Lächeln huschte über meine Lippen, als ich ihn betrachtete. Die meisten Schläuche waren aus seinem Gesicht verschwunden und auch die blauen Stellen an der Schläfe, dem Kinn und den Wangenknochen waren fast verschwunden. Er sah deutlich gesünder aus als vorher und vor allem war er nicht mehr so beängstigend leichenblass.
Wie jeden Tag setzte ich mich auf den freien Stuhl neben seinem Bett und beobachtete ihn dabei, wie er friedlich schlief. So wie damals, als ich bei ihm geschlafen hatte, murmelte er ab und zu ganz leise Dinge, die ich nicht verstehen konnte und seine hellen Augenbrauen waren leicht zusammengezogen. Ob er einen Alptraum hatte?
Vorsichtig nahm ich seine Hand in meine und strich mit dem Daumen über seine Fingerknöchel. Im Gegensatz zu meinen Händen wirkten die seinen riesig.
Quinn lag auf der Seite, das Gesicht in meine Richtung gedreht und es sah so niedlich aus, wie seine goldenen Haare in die Stirn fielen, wenn sie nicht nach oben gegelt waren.„Hey.“, flüsterte Quinn auf einmal, ließ die Augen aber geschlossen. Noch nie hatte ich ihn so leise und kraftlos gehört, wie es in diesem Moment war. „Hey.“, flüsterte ich zurück, für den Fall, dass er Kopfschmerzen hatte, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen. „Wie viel Uhr ist es?“, fragte er müde und rieb sich mit der freien Hand über die Augen. „Kurz vor 15:00 Uhr“, antwortete ich und seine Finger schlossen sich fester um meine. „Als ich das letzte Mal wach war, war es Nacht.“, stellte er verwundert fest und kniff die Augen zu, als er sie öffnete. Einen Moment später schaute er mich immer noch blinzelnd an und das typisch schiefe Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. Als würde ihm etwas einfallen, verschwand es augenblicklich.
„Es tut mir so leid.“, flüsterte er und drückte meine Hand fest, um seine Aussage zu bekräftigen. Zuerst wusste ich nicht so Recht, was er meinte, aber dann dämmerte es mir. Er hatte Schuldgefühle wegen des Unfalls. „Quinn. Es ist nicht deine Schuld. Ich meine, es ist doch alles gut.“, sagte ich sanft und strich wieder über seine Hand. Er beobachtete das Geschehen, bevor er sie zögerlich weg zog. Enttäuschung breitete sich in meinem Bauch aus und verzog sich schmerzlich. „Ich war für dich verantwortlich! Ich hätte auf dich aufpassen sollen. Ich hätte besser Acht geben sollen, schließlich war ich am Steuer und-“
Ich schnitt ihm das Wort ab, indem ich kräftig den Kopf schüttelte. „Ich hätte dich nicht ablenken sollen - wie auch immer ich das gemacht habe. Außerdem könnte ich dir eine dafür scheuern, dass du mir den Helm gegeben hast. Du hättest verdammt nochmal tot sein können!“, hängte ich zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor. All die Angst um ihn, als ich im Krankenhaus aufgewacht war, kam mir wieder in Erinnerung. Die Hölle auf Erden.
Durch den wolkenverhangenen Himmel drang kaum Sonnenlicht und somit war es erstaunlich trist im Zimmer. Genauso, wie Quinn gerade aussah. „Sag das nie wieder. Lieber würde ich für dich sterben, als immer mit dem Gewissen leben zu müssen, dass ich etwas ändern hätte können. Ich könnte es nicht ertragen zu wissen, dass dir wegen mir etwas passiert.“, flüsterte er und starrte auf seine Decke, nachdem er sich aufgerichtet hatte.
Jetzt waren wir also wieder beim alten Problem angekommen. Quinn hielt mich noch immer für eine Porzellanpuppe, die schneller kaputt ging, als ein Glashaus im Steinhagel. „Verdammt nochmal! Du tust ja gerade so, als könnte man mich nur mit Bodyguards aus dem Haus lassen! Ich bin nicht so schwach wie du denkst. Vielleicht habe ich eine Menge hinter mir und vielleicht ist das nicht spurlos an mir vorbeigegangen, aber ich bin.kein.Sonderfall!“, schrie ich ihn zornig an. „Also erstens ist die Idee mit den Bodyguards gar nicht so schlecht und zweitens werde ich irgendwie nicht das Gefühl los, dass es gerade nicht nur um den Unfall geht.“, rätselte er mit zusammengezogenen Brauen. Seine blattgrünen Augen musterten mein Gesicht - suchten anscheinend darin nach einer Antwort.
„Da hast du verdammt Recht. Ich habe dich letztens mit Mark reden hören.“, flüsterte ich und betrachtete meine zitternden Hände in meinem Schoß. Da Quinn nichts erwiderte, nahm ich an, dass ich weiter reden sollte. „Du hast gesagt, dass du Angst hättest, mich ‘kaputt zu machen‘, wenn du mich vielleicht verlassen würdest, aber so ist das nicht. Es verletzt mich doppelt so viel, wenn du mich ständig von dir stößt. Es verletzt mich, wenn ich andauernd im Dunkeln tappen muss, weil ich nicht weiß, was bei dir jetzt Sache ist. Und ich hasse es, wenn du mir immer aus welchem Grund auch immer aus dem Weg gehst.“, zählte ich auf und verknotete meine kalten Finger.
Eine Weile sagte Quinn nichts, während mir alle möglichen Dinge durch den Kopf gingen, aber am liebsten hätte ich ihm alle möglichen Dinge an den Kopf geworfen. Seine Antwort steigerte dieses Verlangen. „Okay.“, sagte er leise. Als ich meinen Blick hob, sah ich, dass er wieder seine Decke musterte. Also hievte ich mich mit der Hilfe der Stuhllehne nach oben und humpelte zur Tür. Ich spürte seinen Blick auf mir, aber wenn er nicht bereit war mit mir Klartext zu reden, dann wäre ich auch nicht dazu bereit, ihm weiter Gesellschaft zu leisten. Ich durfte heute sowieso nach Hause, also sollte er hier drin doch versauern! „Es tut mir alles so leid.“, hauchte er. So leise, dass ich mir nicht mal sicher war, ob er es wirklich gesagt hatte.
Was genau meinte er? Dass er nicht mit mir zusammen sein wollte? Dass wir einen Unfall hatten? Dass er mir ein weiteres Mal das Herz aus der Brust gerissen hatte?
Ich wusste es wirklich nicht, aber eines war gewiss: Diese Entschuldigung war nicht genug.
Mit einem „Mir auch.“ verließ ich sein Zimmer und ließ mir von Jason helfen, meine Tasche zu packen.
Hei Leute :)
Eigentlich wollte ich erst Montag updaten, weil ich morgen und Freitag eine Schulaufgabe habe, aber Chemie kann ich mittlerweile schon auswendig und Deutsch fange ich am Wochenende, also hab ich mir gedacht, hau ich schon mal das Kapi raus :) Ich hoffe es hat euch gefallen und viiiiiiielen lieben Dank *.* Ihr seid der Hammer! Ich meine 38.2oo Tausend Reads?!?!?!?! ♥ Ihr seid doch total durchgeknallt :**
Eure S.<3
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My Stepbrother's Best Friend ✔
Teen FictionAchtung! Enthält teilweise gewalttätige und sexuelle Szenen. Nachdem Joyce vom Jugendamt aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen wurde, zieht sie zu einer vierköpfigen Familie plus dem besten Freund ihres Adoptivbruders. Joyce ist sofort klar, dass si...