27 - Altes Leben Vs. Neues Leben

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27 - Altes Leben Vs. Neues Leben

Ich legte mein Handy zurück auf den Nachttisch und ließ mich vorsichtig auf mein Bett fallen. Seit ich gestern Vormittag entlassen wurde, hatte ich versucht Cassie zu erreichen, aber sie hob kein einziges Mal ab. Es zerriss mich, mit niemanden über Quinn reden zu können. Über ihn, den Unfall, mein nachziehendes Knie und Coleen.

Sie beschäftigte mich im Moment am meisten, denn ich starb halb vor Neugierde. Wie hatte sie überhaupt mitbekommen, dass ich im Krankenhaus war? Ich hatte keine Ahnung, ob es die Frau von der Rezeption war, die sie höchstwahrscheinlich angerufen hatte oder vielleicht sogar Jenna, jedoch war es ihr Verhalten, das mich wunderte. Coleen sah wieder aus wie früher, schlicht und einfach wie meine Mom und auch die liebevolle Art kannte ich noch aus Erinnerungen. Es kam mir nicht so vor, als hätte ich diese Frau erst vor vier Jahren verloren. Es kam mir so vor, als hätte ich diese Frau meine gesamte Kindheit verpasst.

Ich will nicht egoistisch klingen, aber sie hatte verdammt nochmal eine Tochter, die gerade ihren Vater verloren hat und sie war eine Frau, deren Mann von ihr gegangen ist, aber wäre nicht genau das die Zeit gewesen, in der sie sich gegenseitig trösten hätten können? Wir hätten füreinander da sein können, aber anstelle hat sie mich von sich gestoßen. Mich nur noch als eine lästige Mitbewohnerin gesehen und zu meinem Leid hatte sie dann auch noch aus Verzweiflung etwas mit Garrett angefangen, der die gesamte Situation nur noch schlimmer gemacht hatte.

Ich packte weiter meine Sporttasche aus, die mir Jenna gepackte hatte, bevor sie Quinn und mich im Krankenhaus besuchen kam. Zwar hatte ich nicht besonders Lust darauf, aber ich wollte es hinter mir haben, damit ich später einfach ins Bett gehen konnte, auch wenn es erst Nachmittag war. Die Betten waren im Krankenhaus einfach schrecklich unbequem und so hatte ich letzte Nacht nicht besonders gut geschlafen. Naja, und dann war da noch Quinn.

Es klopfte an meiner Zimmertür und bevor ich irgendetwas sagen hätte können, trat Cole auch schon ein und lehnte sich mit den Händen in den Hosentaschen am Türrahmen ab. „Essen ist fertig.“, erklärte er mit einem leichten Lächeln und betrachtete das Chaos aus Klamotten und Badeartikeln auf meinem Bett. „Wow. Mom hat dir nicht nur für ein paar Tage, sondern gleich für ein paar Monate gepackt.“, staunte er schmunzelnd und räusperte sich anschließend.

„Ich denke, es ist an der Zeit über meinen treuen Kumpanen zu reden.“, meinte er zögerlich. „Und wieso?“, meinte ich gespielt desinteressiert und widmete mich wieder den Kleidungsstücken, die über meiner karierten Bettdecke ausgebreitet waren. „Weil das so mit euch beiden nicht weiter gehen kann.“, erklärte er, als wäre ich darauf noch nicht selbst gekommen. „Ich weiß, aber er will anscheinend nichts an der Situation ändern. Gestern war ich diejenige, die den ersten Schritt gemacht hat - ich habe ihm gesagt, dass mich sein Verhalten verletzt. Ich habe ihm gesagt, dass er nicht Angst um mich haben muss, aber das geht bei ihm da rein und wieder raus.“, erklärte ich aufgebracht und deutete zur Unterstreichung auf meine Ohren.

„Er weiß einfach nicht, wie er mit dir umgehen soll. Quinns letzte Beziehung war seine allererste und er war am Boden zerstört, als er rausgefunden hat, dass sie ihn betrogen hat. Seither ist er nicht mehr derselbe Quinn. Erst seit du hier bist, ist er wieder viel offener und ich komme an meinen besten Freund wieder ran. Er ist wie ein Bruder für mich und es hat mir wehgetan, ihn so am Boden zu sehen, wie er es im Frühling noch war.“, erzählte Cole geduldig und setzte sich in meine Hängematte. Mit vorsichtigen Schritten gesellte ich mich zu ihm und beobachtete meine Hände im Schoß. Ich konnte Cole jetzt einfach nicht ansehen.

„Aber was hat seine gescheiterte Beziehung mit mir zu tun? Wenn sie ihn betrogen hat, dann verstehe ich nicht, wieso er Angst um mich hat. Ich könnte es verstehen, wenn er Angst hätte, selbst wieder verletzt zu werden, aber er macht sich nur um mich Sorgen. Bloß wieso? Ich- ich bin doch normal.“, seufzte ich leise und kaute auf meiner Unterlippe herum.

My Stepbrother's Best Friend ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt