10 | Troubles-émotifs

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Kalte, schwere Nachtluft umfing meine brennenden Wangen, als ich aus dem Kanzleigebäude auf die menschenleere Straße hinaustrat. Unheimlich still lag der schwarze Nachthimmel über den dämmrig beleuchtenden Gebäuden von London. Es war eine eisige Juninacht. Fröstelnd vergrub ich meine starren Hände in meine Jackentaschen. Der dünne graue Stoff bot keinen Schutz vor der Kälte, aber dennoch spürte ich wie mein Herz unaufhörlich gegen meine Rippen pochte und ein loderndes Fieber in meinem Körper entfachte. Ein kühler Windstoß berührte mein Gesicht. 

Wie in Trance, setzte ich einen Fuß vor den anderen und wandelte nachdenklich die Oxford Street hinab. In der Reflexion der grell ausgeleuchteten Schaufenstern der geschlossenen Geschäfte bemerkte ich ein unmerkliches, glückliches Lächeln auf meinen Lippen. Ich erreichte die U-Bahnstation Oxford Circus Underground Station. Hastig eilte ich die Treppe der Linie Bakerloo hinunter und schaffte es gerade noch rechtzeitig in die U-Bahn in Richtung Elephant & Castle zu steigen. 

Das weiße Neonlicht der Lampen fiel unheimlich auf die leeren Sitzplätze vor mir. Und wieder bemerkte ich in der Spiegelung des Graffiti beschmierten Fensters, mein Lächeln. Nach weniger als vier Minuten erreichte ich die Charing Cross Station. Als ich aus der Station ins Freie hinaustrat, bemerkte ich, dass die Wolkendecke, die den ganzen Nachmittag angehalten hatte, langsam einem sternlosen Himmel wich. Es war drei Minuten nach eins, als ich endlich die Tür zu Hazels und meiner Wohnung in der Litchfield Street aufschloss.

Zu meiner großen Überraschung brannte noch Licht in dem winzigen Wohnzimmer rechts von mir. Mit einem konzentrierten Blick scrollte Hazel auf ihrem Laptop hinunter. Ich ließ die Tür ins Schloss fallen, schob den Sicherheitsriegel vor und trat dann in das Wohnzimmer ein. »Was machst du denn noch so spät?«, fragte ich und zog meine Jacke aus. Hazel grummelte etwas unverständliches ohne von dem Bildschirm aufzusehen und deutet neben sich. Das unbestechliche Glitzern eines Diamanten besetztes Armbandes schimmerte in dem bläulichen Licht ihres Laptops. »Wo zum Teufel hast du das her, Hazel?«, fragte ich aufgebracht, fast wütend. 

Sie musterte mich verwundert »Kannst du dich noch an das Geschenk von diesem Mistkerl Jaden an seine arrogante Freundin erinnern?«, sie zuckte gleichgültig mit den Schultern »Ich habs in dem Durcheinander mitgehen lassen«. Mit einem erschrockenen Blick stotterte ich »Das... das ist doch sicher irgendjemanden aufgefallen! Wir müssen es zurückgeben!«. Hazel legte den Kopf fragend schief »Was ist nur mit dir los, Val?«. Ihr verständnisloser Blick wirkte fast beleidigt. Ich fasste aufgebracht an meinen Kopf »Das ist Diebstahl«. Mit einem Mal sprang Hazel auf und verteidigte sich »Ich denke Jaden wird diesen kleinen Verlust finanziell verkraften«. 

Mit einem Schmollen setzte sie sich wieder »Nachdem, was ich im Internet über das Armband rausfinden konnte«, begann sie plötzlich aufgeregt »Könnten wir mit dem Geld von dem Verkauf die Miete für die nächsten drei Jahre bezahlen«. Sie sah mich mit großen Augen an »Verstehst du denn nicht, Val? Wir müssten uns keine Sorgen mehr um die Wohnung hier machen«. Ich ließ die Schultern sinken »Ja, vielleicht hast du damit recht. Aber wir sollten trotzdem ein paar Wochen damit warten, bevor wir es verkaufen. Nur falls Jaden es doch als gestohlen gemeldet hat«. Hazel begann zu grinsen »Das ist die Valerie die ich kenne«. 

JadenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt