27 | Amitié

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»Du musst es mir verraten«, bestand Hazel aufgeregt und griff nach dem Parfum-Flakons vor mir. Mit einem leisen, aber beachtlich nervigen Kichern drückte sie vier Mal auf den silbernen Sprüher. Ich hob abwehrend die Hände vor das Gesicht und wich mit einem überraschten »Argh« von ihr zurück. Doch zu spät: eine stickige Wolke aus duftend, süßlich riechenden Lavendelwasser hüllte mich bereits ein. 

Zufrieden mit sich selbst stellte Hazel das Parfum zurück auf die Kommode und verschränkte siegessicher die Arme vor der Brust »Also...«, begann sie und beobachtet belustigt wie ich meine geröteten, juckenden Augen zusammenkniff. Das Parfum brannte selbst in meinen Lungen. Ich versuchte sie durch ein verschwommenes Meer aus »Lavendel-Tränen« auszumachen. Doch mein Blickfeld war nur ein weißer, ungenauer Schleier hinter dem nur vereinzelt schwarze Silhouetten lagen.

 Hazel räusperte sich »Du kannst nicht ewig ein Geheimnis aus deinem Date machen, Val«, erinnerte sie mich »Ich finde es irgendwann raus... außerdem habe ich dir auch von Callum erzählt. Das ist einfach nur unfair von dir«. An ihren Worten war etwas wahres dran, aber sie sagte diese mit so einem kindischen Unterton in der beleidigten Stimme, dass ich nichts anderes darauf erwidern konnte als »Das einzige Unfaire hier ist, dass ich an meinem eigenen Parfum ersticke während du mich mit Fragen folterst, auf die ich ohnehin nicht antworten werde, - bis ich absolut sicher bin - dass dieses Date«, ich hob theatralisch meine zwei Zeigerfinger in die Luft um das Wort »Date« unter Anführungszeichen zu setzen »Auch wirklich etwas ernstes ist... ich brauche nicht auch noch dich, die sich über mich lustig macht«. 

Das nächste was ich hinter dem Schleier aus Tränen stehen konnte, waren die rechteckigen Umrisse eines Kissens. Die unglaubliche Wucht von Hazels Schlag beförderte mich prompt zu Boden. Benommen richtete ich mich nach ein paar Sekunden wieder auf und griff beleidigt nach dem Kissen neben mir »Verdammt, Hazel«, stöhnte ich »Siehst du denn nicht, dass ich gerade mein Make-Up gemacht habe?«. Hazel schien anscheinend zu wissen, dass ich noch immer so gut wie nichts wegen des Parfums sah und sagte mit ernster Stimme »Tja, dein Meisterwerk ist jetzt an deinem Bettkissen verewigt. Du kannst ja den mit zu deinem Date nehmen und sagen ,,So hätte ich heute ausgesehen''«. 

Mein Blickfeld wurde langsamer klarer, als sie sich schließlich erbarmte und mir vom Boden aufhalf. Das erste, das ich vom meinem übrig gebliebenen Make-Up im Spiegel sah, war nur mit einem Gemälde von Van Gogh zu vergleichen. Es gab keine gerade Eyeliner-Linien mehr und die Farben meines Lidschattens waren nur mehr ein Gemisch aus unförmigen Kreisen und Formen. Hazel zuckte mit den Schultern »Wenn er dich wirklich liebt, dann wird er darüber hinweg sehen. Es heißt ja, die Liebe hat nichts mit dem Aussehen zu tun, sondern mit dem Herzen«. Im nächsten Moment war Hazel hinter einer Wolke aus Lavendelwasser verschwunden. 

JadenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt