14 | Fureur

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Mit starren Fingern umklammerte ich die schwarze Mappe, aus der eine verbogene Ecke der gestrigen Tageszeitung The London Times zögerlich hervorlugte. Mit zusammen gebissen Zähnen kämpfte ich mich durch die Menschenmenge und dem Meer aus bunten Schirmen. Der eisige Wind aus dem Norden peitschte den Regen in mein gerötetes Gesicht und durchtränkte rasch das zerknitterte, gräuliche Papier. 

Ich sah auf. Kurz schien ich gedacht zu haben, Jadens vertraute Stimme aus dem Café rechts vom mir vernommen zu haben. Doch ich begriff schnell, dass es undenkbar war. Mutlos senkte ich meinen schweren Kopf. Meine matten, dunkelbraunen Augen waren zu Boden gerichtet, während ich in die Westferry Street einbog . Der Regen ging in ein leichtes Nieseln über. Wie schwerelose Partikel fiel er auf meine dunklen Locken und durchnässte meinen hellblauen Mantel. Mit einem leisen Seufzen erreichte ich schließlich mein Zuhause. Müde schleppte ich mich die steile, alte Treppe hoch. 

Das unkontrollierte Zittern meiner kalten starren Hände, machten es fast unmöglich die Tür zu meinem kleinen Appartement aufzusperren. Erschöpft legte ich die schwarze Mappe auf einen kleinen Beistelltisch neben der Eingangstür. Ich hätte es keine Minute länger in der Kanzlei ausgehalten. Hastig zog ich meinen durchnässten Mantel aus und warf einen missbilligend Blick auf den schwarzen Schirm, der provokant in der Garderobe hing. Ich verfluchte mich in in Gedanken selbst. Zielstrebig ging ich in das Wohnzimmer, warf die Zeitung auf einen kleinen Beistelltisch und setzte mich geradewegs an den Schreibtisch am Fenster, das zum Innenhof hinaus ging. 

Der dunkelgrüne Efeu überwucherte die Mauern und dessen Blätter hüpften durch die schweren Regentropfen auf und ab. Eifrig begann ich die Verträge und Klientenlisten durchzugehen. Es dauerte Stunden um diese mühsame Arbeit fertigzustellen. Als das trübe Nachmittagslicht, das durch die hohen Fenster in die kleine Wohnung fiel, in ein dämmriges Leuchten am Horizont von London überging, beschloss ich, mich auch für den morgigen Tag krank zu melden. Erschöpft vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Meine Augen waren geschlossen. Nachdenklich hob ich nach einer Weile den Blick und musterte die kleine schwarze Schatulle, in der Jadens Geschenk an Adelia lag. 

Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, griff ich danach und eilte in die Garderobe. Mit einem entschlossenen Blick warf ich mir meinen hellblauen Mantel über und hastete die Treppe hinunter. Dabei rannte ich fast Mrs. Putney um, die damit beschäftigt war, ihre schweren Einkaufstaschen die Treppe hochzutragen. Ich schenkte der alten Frau ein freundliches Lächeln und nahm ihr die beiden Taschen ab. »Das ist doch nicht nötig«, erklärte sie mit brüchiger, leiser Stimme. Ich widersprach »Es macht doch keine Umstände, Mrs. Putney«. Die alte Frau nickte und schloss ihre Tür auf »Ab hier komme ich alleine zu recht«, erklärte sie »Danke, Valerie«. 

Auf halben Weg in den Flur wandte sie sich plötzlich um. Sie kniff ihre Augen angestrengt zusammen »Das hätte ich fast vergessen«, ihre Stimme klang nun voller »Unten hat ein junger Mann nach dir gefragt«. Ich ließ die Schultern sinken und legte nachdenklich meinen Kopf schief. »Ich erwarte aber keinen Besuch«, erklärte ich kälter, als ich eigentlich wollte. hastig fügte ich noch hinzu »Aber danke, dass sie mir Bescheid gegeben haben«. Kaum hatte Mrs. Putney ihre Tür geschlossen, eilte ich zurück in meine Wohnung. 

Zitternd sah ich mich um. Panisch schob ich die Schatulle schließlich unter einen enormen Haufen aus bunten Wollschals in der Garderobe, die Hazel aus irgendeinem Grund besaß aber nie trug. Ich hörte wie es klingelte. Wahrscheinlich hatte der unbekannte Besucher auch vorhin schon geklingelt, als ich die Wohnung bereits verlassen hatte. Nervös drückte ich auf den Knopf der Gegensprechanlage.

 »Hallo?«, es klang mehr als nur erbärmlich. Meine Stimme klang verunsichert und heiser. Ich schluckte schwer »Wer ist da?«. Eine kurze, angespannte Stille drang durch den surrenden Lautsprecher. Mein Atem stockte, als die ersten Wortfetzen undeutlich zu mir hinauf drangen »Ich bin es, Jaden«. 

JadenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt