23 | La Belle au bois dormant

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Gleißendes, weißes Licht brannte in meinen geröteten Augen. Das taube Gefühl von sengender Leere in meiner Brust erschwerte das Atmen. Ich spürte wie ein stechender Schmerz durch meinen Kopf schoss und mir kurzzeitig die Besinnung raubte. »Val?«, die klang dumpf und fern. Mühevoll versuchte ich durch das Licht hindurch zu blicken. Wie weißer Nebel an einem regnerischen Herbst löste er sich langsam auf. Die Geräusche um mich wurde klarer. Das schrille Piepen einer Maschine und das künstliche Licht der Neonleuchten verschlimmerten meine Kopfschmerzen um das tausendfache.

»Oh mein Gott, Valerie«, Hazels Stimme schrillte in meinem Kopf, als hätte irgendein Idiot zwei Wecker direkt neben meinen Ohren losgehen lassen. Ich wollte etwas sagen, doch ich spürte wie sich Hazels Arme erleichtert um mich schlangen. »Ich dachte schon, ich müsste mir die ganze Arbeit antun und einen Nachruf verfassen! Außerdem, weißt du eigentlich wie teuer eine Anzeige in der Zeitung ist?«, sie ließ mich los und musterte mich erleichtert. Ich verdrehte genervt meine Augen »Ich... ich habe dich... dich auch vermisst«, brachte ich halblaut über meine Lippen.

Hazel nahm einen Strauß Blumen von dem kleinen Tisch neben mir und klatschte ihn mir förmlich ins Gesicht »Die sind für dich«. Ich warf einen nicht sonderlich begeisterten Blick auf die blauen Blumen vor mir. »Danke«, erklärte ich heiser »Dafür ist wohl das ganze Ersparte von dir...«, ich begann zu husten. Ein widerwärtiger Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. Hazel zog erschrocken die Blume zurück und half mir mich aufzurichten. Erst jetzt bemerkte ich die restlichen Rosensträuße um mich herum. Mein erstaunter Blick glitt stumm durch das Krankenhauszimmer. Ich wandte mich langsam Hazel zu »Hast du etwa die Wohnung verkauft, um mir eindutzend Rosen zu kaufen?«.

Hazel wirkte nervös »Nein«, sie deutete aus dem Fenster, hinüber auf den Hyde Park »Und das du das beste Zimmer im St. Vincents Hospital hast, ist auch kein Verdienst von mir«. Erst jetzt bemerkte ich Jadens Bruder Raymond im Türrahmen stehen. »Miss Acaster«, begann er mit seiner warmen und freundlichen Stimme »Ich bin hier, um mich aufrichtig für das Verhalten meines Bruders, im Namen der gesamten Familie Lankford, zu entschuldigen«. Ich sank tiefer in mein Kissen zurück »Jaden...«, hauchte ich abwesend. Raymond trat näher »Wir alleine sind für diesen schrecklichen Unfall verantwortlich. Mein Vater und ich wussten schon länger von seinem Alkohol- und Drogenmissbrauch«.

Hazel war inzwischen aufgestanden »Ich sollte euch jetzt besser alleine lassen«, erklärte sie und warf einen vorwurfsvollen Blick zu Raymond hinüber. »Erzählen Sie Valerie das gleiche wie mir, vielleicht glaubt sie Ihnen ja«, mit diesen kalten Worte verschwand sie aus dem Raum. Raymond setzte sich auf ihren Platz »Sie haben eine ziemlich bezaubernde Mitbewohnerin«, sagte er charmant und musterte mich mit seinen dunkelbraunen Augen eindringlich »Sie erinnert mich an meine eigene Tochter«. Überrascht entgegnete ich seiner Bemerkung »Sie haben eine Tochter, Mr. Lankford? Sie sehen ziemlich jung aus«.

Er nickte »Ja, aber ich habe das Sorgerecht nach meiner Scheidung verloren. Es war eine Jugendliebe, nicht mehr«. Mit einem traurigen Seufzen holte er ein kleines Foto aus der Innentasche seines Mantels hervor » ist jetzt vier«. Ich sah ein blondes Mädchen mit fast dem gleichen unverschämten Blick wie Hazel in einer grünen Latzhose vor mir auf den Bild. »Sie ist hübsch«, erklärte ich, als Raymond das Foto wieder wegsteckte. »Nun aber zu Jaden«, begann Raymond. Seine Augen verdüsterten sich schlagartig »Er wird morgen aus der Rehabilitationsanstalt Richmond entlassen.

Ich werde nicht zulassen, dass er weder Ihre neue Adresse noch Ihren neuen Arbeitsplatz herausfindet, Miss Acaster«. Verwirrt keuchte ich »Was?«. Raymond griff beschwichtigend nach meiner Hand »Mein Vater war Ihnen etwas schuldig... es war das mindeste was wir für Sie tun konnten. Falls Sie irgendetwas brauchen, dann sagen Sie es nur, Valerie«. Überfordert mit all den Neuigkeiten brachte ich nur eine einzige Frage hervor »Wie lange war ich im Koma, wenn Jaden einen ganzen Entzug hinter sich hat?«. Raymond ließ meine Hand los »Miss Acaster«, begann er »Es waren fast drei Monate«.

JadenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt