Vielleicht war es der übergebliebene, billige Rotwein von Hazels letzter Geburtstagsparty, den wir in Unmengen getrunken hatten. Vielleicht aber auch, der schwere betäubende Duft der Rose neben mir auf dem Tisch. Was es auch immer gewesen war, ich konnte die flehende Stimme von Jaden nicht vergessen.
Egal wie sehr ich es auch versuchte, mir einzureden, dass er es verdient hatte zurückgewiesen zu werden. Ich saß wie betäubt vor dem offenen Fenster. Eine warme, leichte Sommerbrise schwebte durch die Straßen der Stadt zu mir hinauf. Es lag de Duft von nassen Asphalt in der Luft. Ich schloss meine müden Augenlider. Das kalte, leere Rotweinglas in meiner Hand fühlte sich ungewöhnlich schwer an.
Ich wollte einfach nur einschlafen. Für einen kurzen Augenblick verlor ich die Besinnung und war im nächsten Moment schlagartig wach, als ich das klirrende Geräusch der Scherben auf dem Boden vernahm. Seufzend legte ich meinen Kopf in den Nacken und murrte halblaut »Hazel...«. Als keine Antwort zurückkam, stand ich langsam auf. Ich war nicht so betrunken, wie ich anfangs gedacht hatte. Nur die zehrende Müdigkeit machte mir zu schaffen, als ich mich im Halbdunklen den Flur entlang tastete.
Eilig griff ich nach meinem Handy, dass neben der Garderobe auf einem kleinen Beistelltisch lag. Das grelle Display zeigte dreißig neue Nachrichten an. Stöhnenden wanderte mein Blick auf die Uhr: halb eins am Morgen. Ich fuhr erschöpft durch meine Haare. Wer das auch immer war, hatte sich die Mühe gemacht in einem zehn Minuten Intervall ständig neue Nachrichten abschicken. Ich öffnete die neuste. Bis auf irgendwelche Buchstaben und Zahlen konnte ich nichts lesen. Es schien, als wäre jemand halb-besinnungslos über die Handytastatur gewischt.
Die fünf Nachrichten davor wichen nicht von diesem Muster ab. Zwölf weitere enthielten einige Wortfetzen und Satzanfänge, die wie folgt lauteten »Ich vermisse dich...« oder »Bitte schreib zurück...«. Ich brauchte die ersten Nachrichten gar nicht erst zu öffnen, um zu wissen, dass sie von Jaden war. Ich lehnte mich nachdenklich gegen die Wand. Mit einem entschlossenen Seufzen griff ich nach meiner Tasche. Ich wollte jetzt ein für alle Mal klarstellen, dass ich nichts von ihm wollte.
Auch wenn dieser flüchtige Gedanken eine einzige, große Lüge war. Ich verließ die Wohnung, schlenderte die Straße hinunter und stieg in ein Taxi. Erst, als der schlecht gelaunte Fahrer mit einem schottischen Akzent nach der gewünschte Adresse fragte, überkam es mich plötzlich wie ein Schwall kalter Wasser. Ich wusste nicht wo Jaden wohnte.
»Ey...«, brummte er nach einer Weile »Ohne Ziel gibt es keine Fahrt«, er beugte sich zu mir zurück. Sein Atem roch nach Scotch, als er mürrisch hinzufügte »Ich bin doch nicht blöd und fahr dich zum Spaß ziellos durch die Gegend. Also entweder steigst du aus, oder du sagst mir wohin du willst«. Ich nickte hastig und stotterte die einzige Straße, die mir in diesem Moment als logisch vorkam »Kensington Palace Gardens«. Der Schotte nickte zufrieden und wandte sich wieder dem Lenkrad zu »Na sieh einer an, geht doch«, raunte er und legte den Gang ein.
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Jaden
Romance»Liebe macht süchtig. Und jeder weiß, dass uns jede Sucht am Ende zerstört«, flüsterte er mit rauer, gedämpfter Stimme. Ein bitterer Geruch von kaltem Rauch drang aus seinen Lippen. Seine grünen Augen glänzten matt in dem blauen Neonlicht über uns...