fünfundvierzig

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Sie stand vor dem großen Firmengebäude, welches ihr schon sehr lange ein Dorn im Auge war. Es würde nicht mehr lange dauern, dann wäre auch dieses endlich weg, dann wären alle Dinge die ihr zerstörtes Leben und das von sehr vielen anderen Menschen auf ewig dem Erdboden gleich gemacht.

Jimin: Bist du sicher, dass du das machen willst? Ich kann ich auch beeilen.
19:44 Uhr

Sie seufzte leise, tippte ihre Nachricht ohne zu zögern ein. Sie war zu lange am Zögern gewesen, nun hat sie ihren Entschluss gefasst. Und der beinhaltete unter anderem den Untergang der Kim Familie. Vorher würde sie allerdings ihren eigenen Abschied nehmen und dafür bot sich jetzt die allerletzte Möglichkeit.

Sunny: Ich bin mir sicher, mach deinen Part und ich werde dir den Rücken frei halten.
19:45 Uhr

Jimin: Ist gut. Wir sehen uns nachher.
19:45 Uhr

Sie steckte ihr Hand weg und zog sich den Schal weiter über die Nase, zog den Kopf tiefer zwischen die Schultern. Auf dem Weg in die KIMcompany fiel ihr auf, dass sich in den letzten Jahren so einiges verändert hatte. Sie war zwar noch nie besonders oft hier gewesen, aber in ihrer Erinnerung war deutlich mehr los, es war generell irgendwie wärmer gewesen. Im Kontrast dazu stand dieser gigantische Eingangsbereich, in dem sich niemand befand, bis auf die zwei Infodamen, die sich am anderen Ende hinter ihrem Tresen unterhielten.

Sunnys Absätze hallten auf dem klaren, hellen Boden wieder, sie lächelte höflich, als sie dann die beiden Frauen ansah, die verstummten und sich der Fremden widmeten.

,,Ich bin hier um Taehyung zu sehen", meinte sie leise und verwirrte die beiden Angestellten nicht nur mit der Tatsache, dass sie den Geschäftsführer bei seinem Vornamen nannte.

,,H-haben sie einen Termin? Wie ist ihr Name?", fragte dann eine der zwei jungen Frauen, löste sich aus ihrer Starre und ging an ihren Computer, sah aufmerksam zu der Besucherin hinüber, die entschuldigend den Kopf schüttelte.

,,Ich bin unangemeldet hier", antwortete sie und räusperte sich dann: ,,Eine Überraschung, sie verstehen? Würden sie ihm bitte weiterleiten, dass Sunny hier ist? Er wird Bescheid wissen."

Die Andere Frau nickte langsam und griff nach dem Telefon, drückte eine Zahlenkombination, um den Chef zu erreichen, der ihr, wie Sunny bereits gewusst hatte, sofort die Anweisung gab, die unangekündigte Besucherin zu ihm hinauf zu schicken.

,,Sie können einfach durchgehen", murmelte sie, nachdem sie den Hörer weglegte und erklärte ihr welches Stockwerk sie erreichen müsste.

,,Vielen Dank. Einen schönen Abend noch", nickte Sunny ihnen zu und begab sich dann zu Taehyung, der in seinem Büro regelrecht in Nervosität ausbrach, als er von dem Besuch der jungen Frau hörte. Seit der Nacht in der sie verschwunden war, hat er sie nicht mehr erreichen können. Und er vermisste sie, so sehr dass es selbst seine Arbeit beeinträchtigte. Jemand hatte es geschafft, dem so abgehärteten Geschäftsmann, dessen Lebensinhalt einst nur aus seiner Karriere und Sex bestanden hat, sein Herz zu stehlen. Er fühlte sich unvollkommen, war sie nicht an seiner Seite, fühlte sich schrecklich, wenn er daran dachte, dass seine Worte ihr anscheinend irgendwie kräftig zugesetzt hatten.

Seine Handflächen schwitzten, ihm war fürchterlich kalt, als er auf die Tür starrte, an der das leise Klopfgeräusch ertönte, von dem er nicht wusste, ob er es gut- oder schlecht heißen sollte. Ruckartig erhob er sich und riss die Tür auf, starrte die zierliche Blondine wortlos an. Sein Puls schnellte in die Höhe, allein mit einem Blick auf sie. Wie ihre großen Augen zu ihm aufsahen, wie ihr Haar ihr offen über die Schultern fiel, wie sie ihr Gewicht verlagerte und den Mund etwas öffnete, ihn dann wieder schloss, als hätte sie die Worte vergessen, die sie ihm in diesem Moment hat sagen wollen.

ILLUSIONIST || kth.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt