fünfundfünfzig

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,,Sie hat noch nichts gesagt?", fragte Jimin leise Hoseok, während alle beide zu der jungen Frau sahen, die auf dem Bett saß, in dem dunklen Schlafzimmer Hoseoks und noch immer das goldene Kleid von zuvor trug. Sie hatte nicht einmal die dicke Winterjacke ausgezogen, sondern war ohne ein weiteres Wort in das Zimmer marschiert und hatte sich auf der Bettkante nieder gelassen.

,,Nein", seufzte Hoseok leise und massierte sich müde die Schläfen. Er fragte sich, was sie so sehr mitnahm. War es der Abschied ihrer Freunde, der ihr erst jetzt bewusst wurde? Denn obwohl sie es ihm eigentlich verneint hatte, wurde er das Gefühl nicht los, dass sich diese traurige Einstellung Sunnys, auf Taehyung zurückführen ließ, den sie kurz bevor sie bei Hoseok eingestiegen war, noch gesehen hatte.

,,Na dann.. ich such' in der Küche nach ein paar Sachen, aus denen ich Sandwiches oder so machen kann.. denn ich denke der Einzige, der ihr jetzt helfen könnte, bist du."

Jimin klopfte dem Mann neben sich auf die Schulter und ging dann in die Richtung der besagten Küche. Hoseok derweil schaute wieder auf, musterte die Blondine, die ins Leere starrte. War wirklich er derjenige, den sie jetzt brauchte? Er verdrängte den Gedanken, dass es jemand Anders war.

Langsam trat er also ein in das Schlafzimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Es brannte kein Licht, weder hier drinnen noch draußen. Durch die Fenster drang lediglich etwas Mondlicht, wenn es mal zwischen den vielen Schneeflocken hindurch kam.

,,Sunny..", begann er leise, unterbrach sich jedoch selbst, als er die feinen Spuren auf ihren Wangen erkannte, die von vielen Tränen hinterlassen wurden. Er nannte sie weiterhin so, fürchtete sich vor einer negativen Folge, sollte er sie bei ihrem wahren Namen nennen. Zudem kam ihm jener Name leichter über die Zunge. Er fühlte sich wohler, leichter, als wäre Sunny schon immer ihr eigentlicher Name gewesen.

Sie fühlte sich so schrecklich leer. Sie hat das geschafft, was sie acht Jahre lang gewollt hatte, wofür sie Kopf und kragen riskiert hatte und jetzt, war sie leer. Die Rache, die Wut war verraucht, binnen der wenigen Sekunden, in denen sie Taehyung hinter sich gelassen hatte. In dem Moment, in dem ihr klar wurde, dass sie Alles erreicht hatte, was sie sich als Ziel gesetzt hatte, realisierte sie, dass sie nie auch nur Eines davon wirklich gewollt hatte.

Sie zog die Knie hoch, umschlang sie mit ihren Armen und verbarg ihr Gesicht. Sie schämte sich so sehr, war enttäuscht von sich selbst, dass sie die ganze Zeit auf das gebrochene Mädchenherz in ihrem Körper gehört hatte. Sie war eine erwachsene Frau und sollte sich auch so verhalten. Stattdessen zerstörte sie ein Leben, in welchem sie schon längst vergessen war, nur um alte Wunden wieder aufzureißen, die auch in ihr noch eine gewisse Reaktion auslösten.

,,Ist es wegen ihm?", fragte Hoseok leise und ließ sich neben ihr nieder, die Matratze zu ihrer Rechten wurde ein wenig hinunter gedrückt, sie spürte eine Hand auf ihrem Rücken. Nein. Ja. Sie wusste es doch selber nicht. Sie war verloren, gefangen in sich selbst und der Vorstellung, eine reife Frau zu sein, dabei war sie nichts weiter als ein freches, kindisches Mädchen, ein Kind, dass sich hervorragend in Lügen ausdrücken konnte.

,,Sunny, du musst mit mir reden, damit ich dir helfen kann."

,,Und was ist, wenn ich deine Hilfe, nicht möchte?", fragte sie aus dem Bauch heraus und sah ihn dann an, ihren Partner.

,,Dann werde ich sie dir trotzdem anbieten, irgendwann nimmst du sie schon an", meinte er hilflos und sie schluchzte erneut auf. Wenn sie Hoseok so ansah, dann kam ihr wieder in den Sinn, wie sie noch vor einigen Tagen hier stand, direkt vor ihm und ihm ins Gesicht gesagt hatte, dass sie sich nicht verlieben würde. Dass sie seit über acht Jahren verliebt war, hat sie ihm nicht einmal erzählt.

ILLUSIONIST || kth.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt