ILLUSIONIST || kth.

einunddreißig

,,Es freut mich, sie alle wieder willkommen zu heißen!", rief sie voller Elan in den Saal, ihre Stimme wurde durch das Headset etwas verstärkt, sodass auch die Zuschauer in den letzten Reihen sie verstehen konnten. Ihre Augen wurden von eine schwarzen Maske umrahmt, in welche feine Steinchen eingearbeitet worden waren. Diese Dekorationen fanden sich auch in ihrem Kostüm wieder, in dem leichten, schwarzen Stoff, der sich - wie könnte er auch anders - perfekt an ihren Körper schmiegte.

Die Menschen jubelten und pfiffen. Es wurde applaudiert und sie hob lächelnd die Arme, ließ diese Schreie und Rufe für einen Augenblick ihren Adrenalinpegel in die Höhe schnellen, ehe sie sich wieder ihrem Akt wandte. Mit einem Lächeln begegnete sie ihrem Publikum: ,,Schließlich sind sie alle wegen einer Reise durch das Unmögliche hier und nicht wegen ein paar einfacher Tricks, oder?"

Ein weiteres Mal folgten hysterische Jubelschreie und tosender Applaus. Yoongi und Jungkook gehörten zu diesen Gästen. Taehyung hingegen saß entspannt auf seinem Platz. Er hat bisher nicht einmal geklatscht. Seine Augen waren wachsam auf sie gerichtet, als würde sein Blick sie und eine jede ihrer Bewegungen fesseln und einfangen können. Und natürlich wusste sie das. So erging es sehr vielen Menschen in diesem Raum.

,,Letztes Mal habe ich die Messlatte sehr niedrig gelegt. Ich könnte auch eine geschickte Trickbetrügerin sein, nicht? Das Auto, was am Ende auf der Bühne stand mal beiseite geschoben - das geht doch besser, oder?", fragte sie auffordernd und entlockte den Anwesenden eine noch bessere Stimmung, noch lautere Ausrufe. Sie war talentiert darin, regelrecht geboren dafür, für diese Rolle.

,,Deswegen habe ich mir für heute etwas ganz Besonderes überlegt. Ich werde heute für sie mit dem Feuer spielen - wortwörtlich!", lachte sie auf und nahm wieder die Arme nach oben, zeitgleich schossen links und rechts neben ihr zwei große Stichflammen auf. Der Schock der vordersten Reihen war im gesamten Theater zu hören.

,,Ich sehe mich selbst als eine von Ihnen. Ich lebe ein einfaches Leben und weiß, wie schwer sich Schicksalsschläge wirklich anfühlen können! Genau aus diesem Grund versuche ich in jeder meiner Vorstellungen so vielen von Ihnen wie ich nur kann, zu helfen. Und damit meine ich nicht nur einen kurzen Ausweg in die Freude der realen Unwirklichkeit, sondern wieder in Form von einigen materiellen Dingen."

Ihr Lächeln war warm, selbstbewusst und gefasst. Sie wusste ganz genau, was sie tat, was sie versprach und wie sie sich ausdrückte. Und sie wusste, dass sie auch alles ganz genau so vorführen würde, wie sie es geplant hatte. Daran hatte auch Taehyung keinen Zweifel.

,,Doch die Sache hat einen Haken. Nur die, die wirklich vertrauen, werden eine Chance haben", hauchte sie in das kleine Mikro nahe ihren Lippen, ehe sie tief Luft holte: ,,Also wer von ihnen glaubt wirklich? Und was wünschen sie sich von ganzem Herzen?"

Aus jeder Ecke wurde nach vorne gebrüllt. Jeder war der Ansicht zu glauben, jeder wollte unbedingt genannt werden. Taehyung seufzte leise, als auch Jungkook neben ihm angestrengt darüber nachdachte, was denn sein Wunsch sein könnte. Er glaubte, dass er sie längst durchschaut hatte. Die Menschen waren zu naiv oder zu geizig, um die Wahrheit zu sehen, so hoch wollte er von sich denken.

,,Dort drüben", übertönte ihre Stimme wieder jegliche Geräusche, einer der Scheinwerfer fuhr durch die Reihen, denen sich die Darstellerin zugewandt hatte.

,,Da wünscht sich jemand einen Hund?"

,,Ich!", rief ein Mann mittleren Alters und sprang mit einem strahlenden Gesicht von seinem Sitz auf, das leichte Kichern von Maya hallte durch den Saal.

,,Soso. Aber ein Hund ist doch ein lebendiges Wesen, keine materielle Sache."

,,Aber meine Tochter wünscht sich schon sehr lange einen", entschuldigte er mit einem verlegenen Ausdruck im Gesicht: ,,Und ich habe so schon nicht genug Geld um meine ganzen Schulden vernünftig ab zu bezahlen, da soll wenigstens ihr anstehendes Weihnachtsfest irgendwie schön werden."