Er war nervös, für heute Abend. Er hat die Nacht nicht wirklich schlafen können bei dem Gedanken an die Frau, der sein Herz gehörte. Und es würde etwas passieren, das spürte er tief in sich drin. Seine Hoffnung galt noch immer dem Glauben an ein gutes Ende. Eine Erklärung vielleicht? Aber in jedem Falle würde sie endgültig zu ihm kommen.
,,Woah Taehyung, was ist los, so angespannt kenne ich dich ja noch gar nicht", riss ihn die Stimme von Eunha aus den Gedanken und er wandte sich der lächelnden Freundin Jungkooks zu. Er brauchte ein wenig, ehe er sich zu einem Lächeln bekam und den Kopf schüttelte, seinen Blick senkte.
,,Es ist nichts. Wirklich. Ich bin nur.. mir geht Vieles durch den Kopf, verstehst du?"
Yoongi sah ihn wachsam an, musterte seinen Vorgesetzten mit analysierendem Blick. Dabei arbeitete er momentan nicht einmal. Zu viert hatten sie sich zum Mittagessen verabredet, es war Eunhas Idee gewesen, die Heiligabend mit etwas mehr Menschen verbringen wollte, da sie ihre Eltern erst nach den Feiertagen besuchen würde. Und ihr Freund hat seine Freunde auf ihre Bitte hin dazu bekommen, sich zu ihm gesellen, dass sie nun hier saßen in dem großen Esszimmer, an dem liebevoll dekorierten Tisch und das Essen genossen.
,,Das schmeckt unfassbar gut Prinzessin", zwinkerte Jungkook seiner Freundin zu, die ihr Grinsen nicht zurückhalten konnte und dann an ihrem Sektglas nippte.
Taehyung stimmte dem höflich zu, war schon immer ein Mensch mit Manieren gewesen. Seine Mutter hatte ihm diese bereits im Kindesalter so eingeprügelt, dass er selbst wenn er wollte, nicht unhöflich sein konnte, weil er schlichtweg nicht wusste, wie er dies anstellen müsste. Insgesamt war sein gesamtes Leben ein Porträt seiner Mutter, die ihn schon immer zu dem perfekten Vorzeigesöhnchen machte. Alles in schlichten und blassen Farben gehalten. Ein Bild, schön zu betrachten, aber so genau und zart, dass es schon als langweilig galt. Die Gefühle, Emotionen, die Leidenschaft, die zu einem eigenständig schlagenden Herzen gehörten, waren weggeschlossen gewesen. Aufgeteilt in eigene Eimer, fest verschlossen, sodass man von außen nicht einmal den Farbton erkennen konnte.
Und als sie kam.. Es war, als hätte Sunny sich einfach wahllos der Farben bedient und diese nicht einmal mit einem Pinsel aufgetragen, sondern plump eine Eimer nach dem Anderen mit der verbotenen Gefühlsfarbe gegen sein Abbild geworfen. Er war nicht mehr perfekt, nicht in der Auffassung seiner Mutter. Aber seiner Meinung nach war er sehr viel mehr als das.
Jetzt, da es Jemand geschafft hatte, ihm die Farbe zu schenken, die ihm schon so lange zustand, fühlte er sich lebendiger, strahlender, stärker als je zuvor. Doch je höher man flog, desto tiefer konnte man auch fallen. Gedanken, Ängste plagten ihn, bedrückten ihn und hingen sich an seinen frischen Frohsinn wie ein Klumpen Blei.
,,Entschuldigt mich bitte", räusperte sich Taehyung und legte das Besteck ordentlich neben seinem Teller ab, stand auf und verließ den Raum, suchte nach frischer Luft, die er dann auf dem Balkon fand.
Es war kalt. Angenehm kühl aber, bemerkte man den Schnee, der auch jetzt noch fein vom Himmel rieselte, trotz des warmen Strahlens, welches die Sonne noch spärlich schenkte. Nur ganz kurz, ganz schnell zeigte sie sich und wärmte sein Gesicht, ließ die weißen Flöckchen magisch glitzern, ehe sie wieder hinter ihren Wolken verschwand. Er schloss die Augen. Selbst beim Abschalten dachte er an sie.
Taehyung erkannte in Allem Sunny wieder. Ihre Charakterzüge, ihre Art und Weise. Sie war da und dann auch nicht, beherrschte eine Eleganz und dominierte für einen Augenblick die Schönheit in ihrem Kern und war plötzlich wieder nur ein Umriss, ein Schatten. Er griff nach ihr, nahm den Hauch ihres Parfums wieder wahr und spürte ihre Wärme, als würden sie Beide wieder in seinem Bett liegen, nackt und eng bei einander. Sie, die ihn angemalt hatte in den Farben des Lebens.
Zugleich musste er aber auch an etwas zurück denken, was er sich selbst verboten hatte. Das Mädchen seiner Jugend, welches ihm half die Farben nacheinander zu entdecken und zu kreieren. Er spürte für einen Moment wieder den Dielenboden unter sich, das Gewicht ihres Kopfes auf seiner Brust. Er hat mit ihrem Haar gespielt, das Fenster stand offen und wehte einig Federn in den schwülen Sommerabend hinaus, nachdem die Kissenschlacht beendet war. Das Mädchen von früher, seine Jugendliebe, die ihm erst ermöglicht hatte so zu werden, wie er heute war - ihr hatte er auch so Einiges zu verdanken. Bevor seine Erinnerung ihr Gesicht erkennen konnte öffnete er die Augen, sah zur Seite, zu der Glastür, durch die sein Kollege soeben gekommen war.
Yoongi sah ihn kurz an, ehe er sich neben Taehyung stellte und sich mit seinen Unterarmen auf dem Geländer abstützte, den mehr oder minder tollen Ausblick auf die Großstadt genoss, die von feinem Schnee berieselt wurde. Der Verkehrslärm hallte zu ihnen hoch, war jedoch nur ein Echo der Außenwelt.
,,Du bist verliebt, Taehyung", bemerkte Yoongi leise und brachte jenes zur Sprache, was sein Freund bereits wusste und gebeichtet hatte. Yoongi kannte ihn, er kannte seine Jugendliebe und wie es damals gewesen war, verglich es mit der Situation, die sich ihm nun bot.
,,Ich weiß."
Yoongi wünschte sich, dass Taehyungs Liebe erwidert werden würde, von ganzem Herzen. In seinen Augen hat er dies mehr verdient, als er selbst. Vielleicht sogar mehr als Jungkook, der nun seiner Freundin beim Abwasch half und ihr Zwischendurch immer wieder einen feinen Kuss auf den Nacken drückte. Denn er kannte ihn, war mit ihm aufgewachsen und hat miterlebt, wie Taehyung sich veränderte, wenn ihm das genommen wurde, was er am meisten liebte. Und es wäre nicht nur für Taehyung, sondern auch für jeden anderen Menschen dieser Welt besser, wenn der junge Mann neben ihm, der über seine Lebensfarben nachdachte, sich nicht noch ein weiteres Mal verändern müsste.
Min Yoongi
Er fürchtet sich vor einem möglichen Unglück seines Vorgesetzten, glaubt nicht, dass Taehyungs Liebe es sein wird, die ihm das Herz bricht.
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ILLUSIONIST || kth.
Fanfiction,,Es gehörte alles zu meiner Vorstellung, meiner Show. Von der ersten Berührung, bis hin zu eben diesem Moment." -,,Du meinst also alles war eine Lüge? Deine Liebe sei eine Lüge?" ,,Die Liebe, Taehyung, ist eine perfekte Illusion." [Inspiriert von d...