Endlich ist es soweit, der lang ersehnte Samstagabend ist gekommen. Ich schnappe mir eine schwarze skinny Jeans, ein weißes Top und ziehe darüber noch ein grob grün, schwarz-weiß kariertes Hemd, wobei ich die Ärmel ein Stück hochkremple. Der Lidstrich wird bewusst dicker aufgetragen als bei der Hausmädchenarbeit und meine Haare trage ich offen, sodass sich die braunen Locken an meinem Gesicht herunter kringeln. Ich spüre es in den Fingerspitzen, ich muss heute auflegen und die Bude zum Beben bringen. Ich muss aus meiner Wohnung heraus, unter Leute, auch wenn ich diese nur zum Tanzen bringe und nicht mit ihnen tanze. Ich muss das Gefühl spüren gebraucht zu werden und diese Menschen brauchen mich am Samstagabend. Als letztes hatte ich dieses Gefühl während ich mit Chloe geschlafen habe und davon muss ich mich unbedingt ablenken.
Im Club angekommen, richte ich mich am DJ-Pult ein und bestelle mir ein Bier. In zehn Minuten wird es losgehen, weswegen ich noch einmal alle Anschlüsse und Einstellungen überprüfe. Als ich gerade eines der Kabel staubfrei puste und wieder in den dafür vorgesehenen Slot stecke, tippt mich jemand von hinten an der Schulter an. Ruckartig drehe ich mich um und schlage dem Jungen dabei fast das Getränk aus der Hand.
„Woah, hab ich dich erschreckt? Das wollte ich nicht, entschuldige.“, sagt der Unbekannte. Ich blinzle in die Dunkelheit hinein um ihn besser erkennen zu können. Er ist deutlich größer als ich, hat braune Haare und ein echt doofes Grinsen.
„Hier, das ist für dich.“, sagt er und reicht mir den Becher. Dankend nicke ich und nehme es an, da ich davon ausgehe, dass er einer der neuen Barmitarbeiter ist und damit beauftragt wurde es mir zu bringen. Immer noch lächelnd steht er da und sieht mich erwartungsvoll mit seinen großen braunen Augen an. Nach einem kräftigen Schluck Bier frage ich: „Gibt’s sonst noch was oder hast du hier Wurzeln geschlagen?“ Er lacht kurz auf und hält mir dann seine Hand hin, die er zuvor an seiner Hose abgewischt hat.
„Jesse Swanson.“, stellt er sich vor. Mit einer hochgezogenen Augenbraue schaue ich auf seine ausgestreckte Hand hinunter. Ich schüttle nie die Hände von meinen Mitarbeitern. Daraufhin steckt er seine Hände in die Hosentaschen und nickt leicht mit dem Kopf, der auf den Boden gerichtet ist.
„Du bist beschäftigt, was?“, fragt er, in die sich langsam sammelnde Menschenmenge schauend.
„Jop.“, antworte ich kurz und knapp mit dem Blick auf die Uhr, „Schwing deinen Hintern lieber in die Menge.“ Somit lasse ich ihn dort stehen und begebe mich ans Mischpult, wo ich meine Kopfhörer aufsetze und alles um mich herum ignoriere. Ab jetzt zählt nur noch die Musik.
Ich habe es vermisst, die Menschen mit meiner Musik begeistern zu können. Es ist immer wieder ein berauschendes Gefühl zu sehen, wie sie dazu tanzen, Spaß haben und einfach die Beats genießen. Der Club ist jedes Wochenende gut gefüllt und somit habe ich immer großes Publikum. Jesse hat sich durch die Menge bis ganz vorne auf die Tanzfläche gekämpft und springt dort nun, jeweils einen Arm um die Schulter eines Mädchens gehängt, freudig auf und ab. Womanizer, denke ich mir und verdrehe die Augen bei dem Gedanken daran, dass er es vielleicht kurz zuvor bei mir versucht hat.
„Becaaw.“, ruft er und streckt beide Daumen nach oben um meine Arbeit zu loben. Anscheinend arbeitet er doch nicht hier, dann wäre es jedoch sehr unverantwortlich von meinen Mitarbeitern einem Fremden mein Getränk anzuvertrauen. Ich schenke ihm ein kurzes Lächeln und konzentriere mich wieder voll und ganz auf meinen laufenden Remix.Erschöpft schleife ich mich und meine Ausrüstung nach Feierabend aus dem Club, wo Jesse mich sofort abfängt und von der Seite an labert.
„Hey Becaaw, das sind Jessica und Ashley, große Fans von dir.“, verkündet er stolz und präsentiert mir seine Beute links und rechts neben ihm stehend.
„Cool, dude. Dann sehen wir uns nächsten Samstag wieder.“, sage ich im Weitergehen und hoffe nicht weiter von ihnen genervt zu werden, nicht heute und auch die folgenden Samstage nicht. Ich will einfach nach Hause.
„I’m bulletproof nothing to lose fire away, fire away.“, beginnt die Brünette zu singen, wonach sich die Blonde die nächste Zeile vornimmt. “Ricochet, you take your aim fire away, fire away.”
Jesse sorgt für die Hintergrundmusik und unterstützt die Mädels indem er beatboxt, während er einige Dancemoves auf dem Gehweg hinlegt. Deren volles Stimmvolumen ertönt, als sie zusammen weiter singen: „You shoot me down but I won’t fall I’m titanium.“ Unbewusst bin ich stehen geblieben und habe ihnen kopfwippend zugehört. Als sie den Refrain ausklingen lassen, frage ich rhetorisch: „Acapella?“ Alle drei nicken mir synchron zu. Ich rolle seufzend mit den Augen. Wie gesagt, ich lerne nur Acapella-Leute kennen und dann singen sie auch noch Titanium, weil ich den Remix gegen Mitternacht gespielt habe und er ihnen besonders im Ohr geblieben sein muss oder der Titel ist auch ihr Collegesong, falls sie in der selben Acapellagruppe wie Chloe waren. Automatisch schwirren meine Gedanken um den Rotschopf und ich will umso dringender nach Hause, obwohl ich dort mit meinen Gedanken alleine bin.
„Ich muss dann mal los.“, sage ich kühl und schlendere weiter den Weg an den Häusern entlang.
„Ich bringe euch nach Hause.“, beschließt Jesse und läuft mit Ashley und Jessica im Schlepptau neben mir her.
„Nicht nötig.“, gebe ich von mir und bekomme einen traurigen Blick zu Gesicht.
„Sei nicht albern, es ist dunkel, es ist spät nachts, du bist alleine und attraktiv, da kann es schnell passieren, dass jemand die Kontrolle verliert und dir irgendetwas zustößt und das will ich nicht verantworten.“ Er schwellt stolz seine Brust und marschiert rückwärts vor mir umher. Wahrscheinlich versucht er besonders männlich zu wirken, woran er jedoch kläglich scheitert. Ich muss mir sogar das Lachen verkneifen. Ashley und Jessica im Gegenzug himmeln ihn regelrecht an. Er denkt wohl er hätte mich überzeugt, als er mich freudig anstrahlt, doch diese Freude zerstöre ich im nächsten Moment wieder.
„Ich gehe jeden Samstagabend und auch sonst immer alleine nach Hause. Ich brauche deine Hilfe nicht.“ Ich klinge fieser als beabsichtigt und beschleunige meinen Schritt um Abstand zwischen uns zu bringen. Komischerweise habe ich tief in meinem Inneren gehofft, dass sie mir nachlaufen und mich doch begleiten, aber eine Straße weiter sehe ich niemanden mehr hinter mir. Noch eine Straße weiter brennt keine Straßenlaterne mehr, weswegen mich die Dunkelheit meines Viertels verschluckt.Wenige hundert Meter vor meinem Wohnblock, vernehme ich Schritte hinter mir. Ich drehe mich um, doch erkenne nichts. Meine Augen verengen sich zu Schlitzen, immer noch nichts. Ich werde schneller obwohl ich mir einrede, mir das alles einzubilden, das Jesse mir nur Angst gemacht hat und ich einfach zu müde bin und fantasiere. Cool bleiben, Mitchell, du hast keine Angst. Die Schritte werden ebenfalls schneller und lauter. Sie kommen näher und als ich mich erneut umdrehe, ist es bereits zu spät.
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Stets zu Diensten (gxg)
FanfictionBeca ist ihrem Traum so nah wie noch nie, nur fehlt ihr das nötige Kleingeld um umziehen zu können. Ein Nebenjob soll das ändern...und er ändert nicht nur das, sondern noch einiges mehr in Beca's Leben. Nicht meine Geschichte