23. Applaus Applaus

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Beca POV

Früh am Morgen sitze ich in dem Behandlungszimmer von Dr. Evans. Auch wenn ich die letzten Tage den Verband um den Kopf nicht mehr getragen habe, wickelte ich ihn mir heute noch einmal um, damit der Arzt ihn wieder entfernen kann und es so aussieht, als hätte ich ihn immer um gehabt.
„Das sieht wirklich sehr gut aus, Ms Mitchell. Es ist immer wieder schön zu sehen, wenn sich jemand daran hält was sein Arzt sagt und nicht selbst Doktor spielt um damit alles noch viel schlimmer zu machen.“, meint Dr. Evans während er meinen Kopf begutachtet. 
„Hmmh.“, murmle ich und hoffe, dass ich mich nicht verrate. Anscheinend hat es ja nicht geschadet, dass ich den Verband ein paar Tage eher abgenommen habe. 
„Dann schauen wir uns mal die Naht an.“
Ohne Aufforderung ziehe ich mir mein Shirt über den Kopf und stelle meine Streifschusswunde zur Show. Die Praktikantin in der Ecke macht ein entsetztes Gesicht und schlägt sich kurz die Hand vor den Mund. Was macht sie denn, wenn hier wirklich jemand mit einer Verletzung auftaucht, tot umfallen?
„Am besten kommen sie am Donnerstag wieder und dann ziehen wir die Nähte. Das sieht alles fabelhaft aus.“, entgegnet er mir und entlässt mich somit. 
Ich nicke und wünsche ihm noch einen schönen Tag als ich das Zimmer verlasse. Danach mache ich an der Rezeption schnell einen Termin aus und begebe mich zurück nach Hause.

Aufgeregt wippe ich auf meinen Füßen hin und her, als ich im Flur meiner Wohnung vor der Haustür auf den Rotschopf warte und mindestens jede halbe Sekunde auf die Uhr schaue, um jedes Mal festzustellen, dass sie noch einige Minuten Zeit hat und ich einfach viel zu ungeduldig bin. Um sicher zu gehen, dass ich gut genug für den Besuch in einem Theater gekleidet bin, sprinte ich heute schon zum tausendsten Mal vor den Spiegel, richte meine Haare, zupfe die Bluse zurecht, überprüfe den Lippenstift und durchwühle meine Handtasche, worin sich immer das Gleiche befindet und auch wirklich alles was ich benötige enthalten ist. Wieso bin ich nur so verdammt nervös vor einem Date mit Chloe? 
Ich trage eine enge skinny Jeans mit schwarzen Pumps, die ich wahrscheinlich das letzte Mal in meiner Schulzeit anhatte, dazu eine babyblaue, ärmellose Bluse und darüber einen schwarzen, figurbetonten Blazer. Mit dem Glätteisen habe ich meine Locken nachgebessert, sodass diese extra groß an meinem Gesicht über meine Schultern fallen und sich dort kringeln. 
In meiner Aufregung schnappe ich mir ein Kaugummi aus meiner Tasche und kaue langsam darauf herum, um mich abzulenken und etwas zu beruhigen. Ich benehme mich ja wie ein High School Teenie, der zum ersten Mal ein Date hat, was natürlich nicht der Fall ist.
Das laute, unschöne Klingeln der Tür lässt mich erschrecken und den Kaugummi einfach herunterschlucken, der nun wie ein Kloß in meinem Hals hängt, da dieser ungewohnt trocken ist und ich lieber etwas hätte trinken sollen, anstatt mich im Spiegel anzustarren. 
Mit leicht zitternden Händen öffne ich die Tür, nachdem ich noch einmal kräftig ein- und ausgeatmet habe und erblicke somit die strahlende Schönheit inklusive bezauberndem Lächeln von Chloe Beale, die ihre Haare erneut hochgesteckt trägt, wobei eine Strähne an der linken Seite ihres Gesichts hinunter hängt. Wie zu erwarten hat sie ein Kleid an, ein weißes Kleid, das nicht einmal bis an ihre Knie reicht und nur eine Schulter bedeckt, sodass die andere makellos zum Vorschein kommt und mich wieder einmal mit offenem Mund da stehen lässt. Zu dem Kleid trägt sie dunkle High Heels und ein dazu passender Gürtel mit großer Schnalle schmiegt sich um ihre Taille. 
„Bist du bereit?“, fragt sie mich mit einem riesigen Grinsen. 
„Ja…wow, du bist wunderschön.“, sage ich verlegen, als ich die Tür hinter mir schließe.
„Hast du dich mal im Spiegel angeschaut? Du bist die Wunderschöne von uns beiden.“, erwidert Chloe und verschränkt unsere Arme miteinander, sodass wir gemeinsam die Treppen hinab steigen.
Bei solchen unerwarteten Komplimenten werde ich sofort rot, weswegen ich heilfroh bin, dass wir uns beide darauf konzentrieren mit unseren Schuhen ordentlich die schmalen Stufen zu erwischen. 
Vor der Eingangstür steht schon ihr kleiner, aber feiner Porsche bereit und wartet nur darauf, dass wir einsteigen und lossausen können. Ich hätte es zwar besser gefunden, wenn ich Chloe hätte abholen können, nur habe ich leider kein Auto und zu einem Date mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, fand ich dann doch nicht passend zu ihrem Stil und einem Theaterbesuch. Zuvorkommend hält die Rothaarige mir die Tür auf, schließt diese nachdem ich eingestiegen bin und mich bedankt habe, um dann auf der Fahrerseite einzusteigen und den Motor aufheulen zu lassen. 
„Und los geht’s.“, sagt sie, während sie mir zu lächelt und mit dem Wagen anfährt.
Chloe parkt den Wagen direkt vor dem Theater, da ihr dort ein Parkplatz reserviert wurde und wir nach der Aufführung des Stückes wohl auch Zutritt zu den Schauspielern haben und sozusagen VIP Gäste sind. Erstaunt über die Menge der Menschen, die in das Gebäude strömen und sich bereits darin aufhalten, bemerke ich nicht einmal, dass uns junge schickgekleidete Männer, die Türen aufhalten und uns zum Eingang führen. Daran könnte ich mich durchaus gewöhnen, auch wenn ich es angenehmer finde, als Chloe die Führung übernimmt und ihren Arm sanft um mich legt. 
„Wir sind spät dran, die Unfallstelle hat uns die Zeit geraubt. Am besten setzen wir uns gleich.“, meint sie im Gehen. 
Wir gehen eine Wendeltreppe hinauf und durch einige Gänge, wobei wir kaum einer Menschenseele begegnen. Dann kommen wir im zweiten Rang an und wie es scheint haben wir das ganze Abteil, das sich direkt gegenüber von der Bühne befindet, für uns. Unter, neben und über uns kann ich jedoch deutlich Stimmen, Getrampel und Geraschel wahrnehmen, das Theater beziehungsweise diese Vorstellung ist auf jeden Fall gut besucht. 
„Setz dich.“, fordert sie mich auf und tippt mit ihrer Hand auf den freien Platz, rechts neben ihr. 
„Von hier aus haben wir eine super Sicht und unsere Ruhe. Wir hätte auch in der ersten Reihe sitzen können, aber da wird mir der Nacken immer so streif.“, meint der Rotschopf und reibt sich den Hals.
„Das ist großartig.“, sage ich während ich es mir auf dem Platz gemütlich mache und dieser Stuhl ist wirklich gemütlich im Gegensatz zu einigen Kinositzen und anderen. 
„Dann warte erst einmal die Vorstellung ab.“
Die Geräusche um uns herum nehmen ab, das Licht in den Rängen erlischt und das auf der Bühne leuchtet auf, dazu kommt Musik. Von einer Sekunde auf die Andere herrscht Stille im Publikum und alle, inklusive mir, sind gespannt auf die Aufführung und richten die Aufmerksamkeit auf den Schauspieler, der nun auf die Bühne stolziert.

Die Schauspieler verbeugen sich, Mrs Beale in der Mitte, und lauter Beifall ertönt im gesamten Theater. Die meisten haben sich von ihren Sitzen erhoben und klatschen energisch in die Hände um die Arbeit der Akteure zu loben und ihre Wertschätzung auszudrücken. Selbst ich bin begeistert.
Als sich der Trubel beruhigt und die Schauspieler zurückgezogen haben, wendet sich Chloe mir zu und fragt, ob ich nicht noch mit zu ihrer Mutter kommen würde. Dem Vorschlag stimme ich selbstverständlich zu, weswegen wir kurze Zeit später hinter der Bühne entlang laufen um zu Mrs Beales Garderobe zu gelangen. Nach einem freudigen Plausch und Gruppenkuscheln wirft Chloes Mutter uns heraus, da sie sich von der Schminke und dem Kostüm befreien will und wir uns noch einen schönen Abend machen sollen. 
Gesagt, getan…hoffe ich.

Stets zu Diensten (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt