Im italienischen Restaurant angekommen, versuche ich etwas zuvorkommender zu sein, in dem ich Chloe die Jacke abnehme und ihr den Stuhl zu Recht rücke.
„Guten Abend. Was darf ich euch Hübschen bringen?“
Der Kellner lächelt mich unverschämt lange an und sein Blick bohrt sich in den meinen, wobei er Chloe außen vor lässt.
„Wie sieht es mit Wein aus?“, fragt Chloe und sieht dabei mich an, woraufhin ich nicke, „Was haben Sie da?“
„Ich würde Ihnen einen Barbaresco, einen vollmundigen, fruchtigen Rotwein oder einen Sauvignon Weißwein mit Holunderblüte und Minze empfehlen. Ansonsten sind alle unsere Weine in der Karte aufgelistet.“, meint der Kellner und hält dabei nur Blickkontakt zu mir.
Er tut so als wäre der Rotschopf gar nicht existent.
„Chloe, welchen möchtest du? Den roten?“, frage ich sie und versuche den Typen auszublenden und mich nur aus sie zu konzentrieren, weil sie die Aufmerksamkeit verdient hat.
„Ich werfe lieber noch einen Blick in die Karte, danke.“, das letzte Wort spuckt sie ihm regelrecht entgegen, sodass er nun endlich kurz zu ihr schaut, nickt und dann kehrt macht.
„Ich gehe mich kurz frisch machen.“, sagt sie und macht sich auch sofort auf den Weg zum Badezimmer. Geduldig sitze ich da, warte und schaue mich im Restaurant um. Viele Paare, aber auch Familien oder Freundeskreise essen heute hier und versprühen gute Stimmung, die bei uns beiden leider noch nicht aufkommen konnte, was sich hoffentlich noch ändert.
Eine Weile später tauchen Chloe und der Kellner beinahe gleichzeitig auf, Chloe hat es gerade einmal geschafft sich zu setzen, als er beginnt uns erneut zu fragen was wir wünschen.
„Such dir einen aus, Chlo.“, meine ich nur, da mir gerade nicht nach Entscheidungen ist, vor allem weil ich keine Ahnung von Weinen habe.
„Den Roten.“, sagt sie ohne von der Karte aufzusehen, was auch nicht weiter schlimm ist, da er sowieso nur Augen für mich hat.
„Den Gang hätte ich mir sparen können, wenn Sie gleich auf ihre reizende Freundin gehört hätten.“, er zwinkert mir zu und seine Mundwinkel kräuseln sich schelmisch, „Also der Rote. Kommt sofort.“
Chloe beißt sich auf die Unterlippe, wahrscheinlich um sich ein konterndes, fieses Kommentar zu verkneifen, da sie dafür einfach viel zu vernünftig ist, nur denke ich, dass er es den Rest des Abends weiterhin darauf anlegen wird und ich weiß nicht wie lange die Rothaarige und auch ich, das noch aushalten. Sie atmet schwer aus und sieht dann zu mir hoch.
„Wir haben wohl die beste Bedienung in dem ganzen Laden hier.“, lacht sie kurz auf.
„Es tut mir so leid.“, beginne ich.
„Du kannst nichts dafür, du hast ihn dir ja nicht ausgesucht, aber er dich.“, sie schaut genervt zu ihm herüber, wo er an der Bar steht und uns nicht aus den Augen lässt.
„Hast du dich schon entschieden?“, wechselt sie das Thema.
„Eh, nein. Ehrlich gesagt habe ich noch gar nicht in die Karte gesehen.“, gebe ich zu, „Weißt du schon was du möchtest?“
„Ich glaube ich probiere den Tintenfisch.“ Ihr Finger streicht über die Karte und ich glaube ihr Gesicht aufhellen zu sehen.
„Ich möchte gerne etwas anderes probieren.“, flüstere ich und stehe auf um mich zu ihr herüber zu beugen, als ich sehe das unser Kellner mit dem Wein unterwegs ist. Ihre Augenbrauen heben sich in Verwunderung, jedoch erwidert sie meinen Kuss sofort nachdem meine Lippen auf ihre getroffen sind.
„Es gefällt mir, wenn du etwas probieren willst.“, meint sie lächelnd, nachdem wir uns voneinander gelöst haben und ich wieder auf meinem Platz sitze.
„Zweimal der Barbaresco für die Damen.“ Er stellt die Gläser vor uns ab und holt dann einen Zettel und Stift aus seiner Tasche.
„Was darf’s denn sein?“, fragt er und sieht Chloe sogar an und wartet ihre Bestellung ab.
„Ich hätte gerne die gegrillten Tintenfische.“
„Sehr gute Wahl, passend zu dem Wein.“, entgegnet er ihr und wendet sich dann erst mir zu, „Und bei Ihnen?“
„Spaghetti Bolognese?!“ Ich hatte immer noch nicht in die Karte gesehen, weswegen ich einfach das bestelle wovon ich ausgehe, dass sie es haben müssten.
„Gerne.“ Ohne mich weiter anzugaffen, geht er zurück zum Tresen und reicht die Bestellung weiter.
„Schon besser.“, seufzt Chloe erleichtert und legt eine ihrer Hände auf meine, um diese sanft zu streicheln.
„Wen haben wir denn da?“, erklingt eine bekannte Männerstimme, „Becaaw!“ Er macht diese dämliche Greifvogel-Handbewegung.
„Was? Woher?“, stottere ich und schaue dabei verwirrt zwischen Chloe und Jesse hin und her.
Der Rotschopf sieht genauso fassungslos und extrem genervt aus, Jesse hingegen strahlt mich mit einem Lächeln über beide Ohren an, das ich ihm gerade gerne aus der Visage prügeln würde.
„Der Zufall bringt uns immer wieder zusammen, Beca. Das ist ein Zeichen, so soll es sein.“, meint er und strafft sein Jackett.
Ich muss zugeben im Anzug sieht er echt gut aus, aber das ist trotzdem nichts im Vergleich zu Chloe, die vor mir sitzt und mit ihrer Beherrschung zu kämpfen scheint. Ihre Wangen färben sich leicht rot und sie hat bereits ihre Hände zu Fäusten geballt auf ihren Schoß gelegt, wonach sie Jesse fragend ansieht und sichtbar gespannt auf seine Erklärung ist.
„Was willst du hier?“, frage ich noch einmal vernünftig und mit ruhiger Stimmlage, obwohl es mich langsam auch ziemlich aufregt, dass unsere Zweisamkeit ständig durch irgendwelche Trottel gestört wird, die mich scheinbar alle total toll finden.
„Ich dachte wir essen was.“, antwortet er.
„Wir?“
„Wir, heißt Beca und ich, essen hier jetzt etwas. Ich würde dich bitte unser Date nicht weiter zu stören.“, entgegnet ihm Chloe und lässt ihn gar nicht ausreden, was auch gut so ist, weil dabei höchstwahrscheinlich nur noch mehr doofes Jesse-Gerede bei herum gekommen wäre.
„Oooh, das ist ein Date? Ihr datet euch?“, fragt er mit großen Augen, „Jetzt verstehe ich warum ich bei dir keine Chance habe.“ Er reibt sich seine Stirn und atmet dann lautstark aus. Dann spielt er kurz mit seinem Handy und meint: „Mit ‚wir‘ meinte ich natürlich meine Bekanntschaft von Samstag und mich. Wir nehmen einen Tisch dort hinten, ich wollte nur ‚Hallo‘ sagen, war schön euch zu sehen. Einen schönen Abend wünsche ich euch noch!“
Chloe erwidert den Wunsch und lächelt ihm zufrieden zu, als er sich verabschiedet und einen Tisch am ganz anderen Ende des Restaurants aufsucht, um sich zu setzen, und zwar so, dass er uns nicht im Blickfeld hat. Kurz darauf wird uns auch schon unser Essen gebracht.
„Belästigt Sie dieser Mann?“, erkundigt sich unser Kellner und zeigt auf Jesse, nachdem er die Teller vor uns abgestellt hat.
„Nein, alles gut, er ist ein Bekannter.“, antworte ich darauf und schaudere bei dem Gedanken daran, dass ich ihn beinahe als ‚Freund‘ bezeichnet hätte.
„Ah okay, ich frage nur, weil ihre Freundin sehr erzürnt aussah und wir hier keine Belästigungen dulden.“
Chloes Gesicht bekommt noch mehr Farbe, als sie sich ertappt fühlt und ihr bewusst wird, wie offensichtlich sie gezeigt haben muss, dass sie eifersüchtig und genervt ist, wobei ich zugeben muss, dass ich ihr Verhalten süß finde.
„Dann guten Appetit und lassen Sie mich wissen, wenn Sie etwas brauchen.“, sagt er nickend und verschwindet nachdem wir ihm unseren Dank ausgesprochen haben.Das Essen ist wirklich köstlich, auch wenn ich nur einfache Spaghetti Bolognese bestellt habe, zudem habe ich von den Tintenfischen probieren dürfen, die echt nicht schlecht sind.
Wie zwei Kleinkinder haben wir sogar versucht die Nudelszene aus „Susi und Strolch“ nachzumachen, wobei wir ziemlich oft gescheitert sind und uns eingesaut haben, bevor es endlich einmal geklappt hat und die ganze Prozedur mit einem Kuss geendet hat.
Jesse hat nach einer ganzen Weile wirklich Frauenbesuch an seinem Tisch empfangen, mit ihr etwas gegessen und uns nur noch einmal freundlich angelächelt als die beiden aus dem Lokal gingen.
Als wir aufgegessen haben, räumt die Bedienung den Tisch ab und füllt unsere Weingläser nach.
Wir lassen uns noch einige Male nachschenken, solange bis ich nicht mehr mitzählen konnte und wir eindeutig genug intus hatten, bevor wir zahlen und das Restaurant letztendlich verlassen um zu Fuß nach Hause zu gehen.Manchmal taumelnd, manchmal schräg lachend, manchmal lallend und schief singend, tingeln wir bis zu meinem Block. Die Stimmung hat auf dem Heimweg den Höhepunkt erreicht, endlich ist Chloe nicht mehr so angespannt und darauf bedacht alles richtig und elegant zu machen, vor allem hat sie jetzt keinen Grund mehr wütend und genervt zu sein, da nur wir beide durch die Straßen irren und uns gelegentlich gegenseitig necken. Ich lasse die Tatsache außer Acht, dass wir hier hauptsächlich aufgrund des Alkohols angelangt sind, da ich mir denke oder stark davon ausgehe, dass wir ebenfalls, ohne den Wein zumindest hier allein, draußen in der Stadt unseren Spaß gehabt hätten und entspannter gehandelt hätten.
Vor meiner Haustür angekommen, versuche ich vergebens den Schlüssel ins Schloss zu stecken, weswegen mich Chloe zu sich herum dreht und mich fest in den Arm nimmt, in dem sie ihre Arme um meinen Nacken wirft.
„Danke für den schönen Abend.“, sagt der Rotschopf, nachdem sie etwas Abstand zwischen unsere Körper gebracht hat, ihre Hände aber immer noch um meinen Hals liegen.
„Ich habe ebenfalls zu danken, Ms Beale.“
Ich ziehe ihren Körper wieder zu mir und bringe ihr Gesicht somit immer näher an meins. Ihren warmen Atem spüre ich bereits auf meinen Lippen und verweile kurz in dieser knisternden Position, bevor ich den Spalt zwischen uns schließen wollte.
„Ihr ungehobeltes Pack! Schämt euch, das ist ja ekelhaft!“, schreit jemand von oben. Sekunden später fliegt ein alter Schuh zu uns herunter und verfehlt uns nur knapp. Verwundert schauen wir beide nach oben, jedoch ohne jemanden zu erkennen.
„Macht solche Schweinereien in euren 4-Wänden und nicht in meinem Aufgang, ihr Sünder! Verschwindet! Los, raus hier! Das ist Erregung öffentlichen Ärgernisses.“
Der nächste Schuh knallt laut gegen die Tür und lässt uns zusammen zucken. Eine Rentnerin beugt sich nun über das Geländer und zeigt ihr angewidertes Gesicht.
Erneut versuche ich die Tür zu öffnen, schaffe es dieses Mal sogar schnell und will den Rotschopf gerade hinter mir her, in die Wohnung ziehen, als sie stoppt.
„Meine Mum wird mich gleich abholen.“, sagt sie und begibt sich schon schützend auf die Treppe.
„Oh ja, klar, nochmal danke und grüße deine Mum von mir.“, entgegne ich ihr, während meine Träume von dem Ausgang des Abends vor meinen Augen zerplatzen, wie Seifenblasen.
„Mach ich. Bis dann, Beca.“, ruft sie im Heruntergehen über ihre Schulter und schenkt mir ein letztes Lächeln.
„Ihr werdet in der Hölle schmoren.“, brüllt die alte Frau, wonach Chloe endgültig verschwunden ist und ich die Tür schließe. Das war dann wohl Date Nummer Eins.
DU LIEST GERADE
Stets zu Diensten (gxg)
FanfictionBeca ist ihrem Traum so nah wie noch nie, nur fehlt ihr das nötige Kleingeld um umziehen zu können. Ein Nebenjob soll das ändern...und er ändert nicht nur das, sondern noch einiges mehr in Beca's Leben. Nicht meine Geschichte