19. Kaffeetrinken zu dritt

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Diesen Morgen bin ich die erste von uns beiden, die das einfallende Licht der Sonne erblickt und sich in diesem, vor dem Fenster, ausgiebig streckt. Chloe liegt auf dem Bauch, fast über das komplette Bett ausgestreckt und schläft. Ich bemühe mich darum leise meine Unterwäsche im Zimmer zusammen zu suchen und zwänge mich dann vorerst wieder in das schwarze Kleid, um nicht halb nackt hier herum zu rennen. Ich will nicht riskieren, dass mich Scout oder sonst wer der Familie Beale so sieht und uns diese Szene bis an unser Lebensende peinlich sein muss. Außerdem hoffe ich, dass keine Menschenseele etwas von unserer nächtlichen Aktivität mitbekommen hat. Ich habe mich zwar bewusst zusammen gerissen, auch wenn mich diese Würgeaktion aus dem Konzept gebracht hat, aber Chloe war lauter als beim letzten Mal, was ich auf den Alkohol schiebe, auch wenn ich mir nicht sicher bin ob sie beim ersten Mal überhaupt nüchtern war. 

Auf Zehenspitzen schleiche ich mich aus dem Zimmer und sehe mich um. Niemand ist zu sehen, umso deutlicher sind die Überbleibsel der Galafeier zu erkennen. Ich werfe einen Blick auf die Uhr, um festzustellen, dass es noch sehr früh am Morgen ist und die anderen deswegen alle noch schlafen. Wahrscheinlich sind sie erst vor Kurzem ins Bett gekommen. Ich beschließe mich auf den Heimweg zu machen, um in bequemere Kleidung zu schlüpfen und mich um meine Wunde zu kümmern, die den letzten Tag ziemlich leiden musste.

Es ist bereits nachmittags und ich muss mich allmählich für das Treffen zum Kaffeetrinken mit Emily und Chloe vorbereiten. Ich ziehe mir etwas Ausgehtaugliches an und texte Em, das ich schon etwas früher da sein werde. 
Eine halbe Stunde zu früh komme ich bei dem Coffeeshop an und reserviere einen Tisch in Fensternähe. Von hier aus kann ich die Straße sehen, aus der Emily, sowie Chloe kommen müssten. Ich bestelle mir in der Zwischenzeit bereits einen Kaffee und warte. Emily erscheint nach zehn Minuten. Sie hat sich extra beeilt um mich nicht allzu lange alleine warten zu lassen. Nach einer kurzen Umarmung setzt sie sich zu mir und bekommt kurz darauf ihren Latte Macchiato, so wie Emily Junk ihn immer trinkt. 

„Wir müssen Chloe unbedingt zeigen was wir bereits für den Song haben.“, meint Emily, nervös auf dem Sessel umher rutschend, da es langsam Zeit für Chloe wird hier aufzukreuzen. 
Eigentlich kenne ich sie als überpünktliche Person, nur heute scheint das nicht der Fall zu sein. 
„Vorher solltest du mir vielleicht erst einmal zeigen, was du für unseren Song bereits hast.“, entgegne ich ihr. 
„Ich schlage lieber gleich zwei Fliegen mit einer Klatsche, Beca. Denk mal pragmatisch.“ Sie rollt überheblich mit den Augen und nimmt einen Schluck aus ihrem Becher. 
Mein Handy, das auf dem Tisch liegt, vibriert und gewinnt sofort unsere Aufmerksamkeit. 
Ich entsperre es, ja nach dem Zwischenfall habe ich mir tatsächlich einen Pincode angelegt, und lese die Nachricht.

Chloe: Ich bin unterwegs. Wartet bitte auf mich.

„Chloe verspätet sich etwas, aber sie kommt.“, sage ich zu Emily, die mich mit großen, glasigen Augen ansieht, als gehe sie davon aus, dass der Rotschopf absagt. 
„Ich wusste sie lässt uns nicht hängen, sowas macht eine Beale einfach nicht.“ 
Emily lehnt sich im Sessel zurück, überschlägt die Beine und breitet ihre Arme auf der jeweils dafür vorgesehenen Lehne aus. Mit einer nickenden Kopfbewegung lässt sie ihre Sonnenbrille vom Kopf auf ihre Nase rutschen. 
„Du wirst L.A. rocken, BM.“

Chloe kommt nur eine Viertelstunde zu spät und als Entschädigung geht eine Runde Donuts auf sie. Wenn es nach ihr ginge, hätte sie uns den ganzen Laden gekauft, so sehr tut es ihr leid. Ihre Haare trägt sie heute zu einem lockeren Dutt hochgesteckt, wobei sich einige Locken ihren Weg nach draußen gebannt haben. Ihre Bluse passt nur mäßig zu dem Rock den sie trägt und sie hat anscheinend keine Anstalten gemacht, die Knutschflecke, die ich ihr letzte Nacht verpasst habe, abzudecken. Allgemein scheint Chloe ziemlich durch den Wind zu sein.

„Em möchte dir gerne zeigen, was wir…“, ich werfe ihr einen schiefen Blick zu, „bereits für den Song haben.“ 
Chloe nickt uns beiden zu und sagt: „Gerne, immer her damit.“ 
Emily steht die Aufregung ins Gesicht geschrieben und trotzdem versucht sie cool zu bleiben. 
„Ich arbeite schon eine Weile an dem Song, aber ich bin noch nicht ganz fertig damit, also leckt mich, keine Kritik.“ 
Das mit dem cool bleiben, funktioniert nicht immer. Der Rotschopf zu ihrer Linken sieht überrascht aus, aber so ist Emily, unter Nervosität scheint sie nie richtig zu wissen was sie sagt. 
„Oh, Chloe, du darfst mich natürlich kritisieren.“, fügt sie dem mit einem wilden Nicken hinzu. 
Ich rutsche in meinem Sessel etwas tiefer, mache es mir gemütlich und ignoriere das Emily mich soeben beleidigt hat. Sie beginnt sich zu räuspern und nimmt eine gerade Haltung ein. 
„When tomorrow comes, I’ll be on my own, feeling frightened up, the things that I don’t know, when tomorrow comes, tomorrow comes, tomorrow comes.”  
Die letzte Silbe zieht sie bewusst etwas länger, um dann tief Luft zu holen und weiter zu singen. 
„And though the road is long, I look up to the sky, in the dark I found- an der Stelle bin ich mir noch nicht sicher, daran bastle ich noch etwas herum. – I got all I need when I got you and I, I look around me and I see sweet life, I’m stuck in the dark but you’re my flashlight, You’re gettin‘ me, gettin‘ me through the night.“
Chloe bewegt ihren Kopf im Takt mit und scheint sichtlich begeistert von Emilys Songwriter Künsten zu sein, bis Emily anfängt mit den Fingern in der Luft und auf dem Tisch zu trommeln, als würde sie Schlagzeug spielen. Und als sie dann auch noch wie verrückt Luftgitarre spielt, schaut die Rothaarige verwirrt zu mir herüber. Ich zucke mit den Schultern und genieße weiter die Show. Emily arbeitet in diesem Laden also ist es ihr egal, dass sie gerade von allen Ecken des Raumes angestarrt wird und einige Jungs aufgestanden sind um sie nach zu äffen und völlig übertrieben in der Luft umher fuchteln.
„Cause you’re my flashlight.“ 
Ich tue so als hätte ich den Song schon tausendmal gehört und lasse Chloe somit den Vortritt. Sie klatscht einige Male in die Hände, doch unterlässt das schnell, als sie bemerkt, wie wir immer noch angestarrt werden. 
„Ich finde es klasse. Du hast Talent und eine schöne Stimme, Emily. Die Bellas werden dich mit offenen Armen aufnehmen.“, meint Chloe mit einem ihrer typischen, herzerwärmenden Lächeln.
Sie wusste genau, was sie sagen musste, um Emily zu beruhigen und ihr Ego zu pushen. Nachdem die beiden eine gefühlte Ewigkeit über den Song und Acapella geredet haben und Emily nun unsere versprochenen Donuts abholt, muss ich Chloe einfach darauf ansprechen was mit ihr los ist.
„Chlo? Ist alles in Ordnung? Du zitterst und wirkst total neben der Spur, egal wie sehr du dich darum bemühst, das nicht durchscheinen zu lassen.“, meine ich ernst.
„Das ist der Koffeinschock.“, kommt es nur von ihr, wobei sie herunter auf ihre Tasse schaut, die sie mit beiden Händen umfasst, als müsste sie sich daran wärmen. 
„Dann hör auf zu trinken.“, sage ich und spüre die Wut in mir aufkochen. Ich klaue ihr die Tasse und trinke den letzten Schluck daraus. 
„Was ist los?“, frage ich ein letztes Mal. 
„Können wir für einen Augenblick nach draußen gehen? Ich brauche frische Luft zum Reden.“ 
Ich nicke und folge ihr mit Unbehagen nach draußen, vor die Tür.

Stets zu Diensten (gxg)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt