“Entschuldige, dass ich so schreien musste, aber ich habe gerade wirklich keine Lust mit meiner Tochter zu diskutieren oder mir ihr Gequengel anzuhören.“, seufzend stützt er seinen Kopf auf seine Faust und schiebt sich mit der anderen Hand ein Stück Toast in den Mund. Kerzengerade sitze ich da, halte mein Hemd zu und beobachte ihn, jede seiner Bewegungen und versuche daraus zu schließen was als nächstes passieren wird, zu sagen weiß ich nämlich nichts. Sollte ich mich entschuldigen oder darüber schweigen? Schweigen klingt gut.
Er hat zu Ende gekaut, weswegen er erneut das Wort erhebt und meint: „Beca, wie Ihnen vielleicht in letzter Zeit aufgefallen ist, habe ich mich daran gewöhnt Sie hier als Angestellte zu haben. Ihren Job haben Sie gut gemacht und meine Frau kann sie gut leiden…wie meine Tochter ja anscheinend auch.“, er räuspert sich und nimmt auch einen Schluck von dem Saft, „Daher fällt es mir jetzt umso schwerer Ihnen sagen zu müssen, dass ich sie entlasse. Ich kann und werde es nicht dulden, dass unsere Tochter etwas mit unserer Angestellten am Laufen hat, es tut mir wirklich leid.“
Ich starre ihn nur an und nicke verständnisvoll. Wahrscheinlich starre ich so, weil Mr Beale sich noch nie bei mir für irgendetwas entschuldigt hat und er mich letztendlich auf eine nettere Weise gefeuert hat, als mein damaliger Chef im Motion. Es ist als hätte er sich in den letzten paar Minuten um 180 Grad gedreht, von dem aggressiven, undankbaren Arsch zu einem einfühlsamen, beinahe netten Mann.
„Natürlich zahlen wir Ihnen noch das Gehalt bis zum Ende des Monats.“, gibt er zusätzlich bekannt, bevor er sich erneut den Mund vollstopft.
Erneut nicke ich und stehe auf.
„Danke.“, meine ich und ziehe mir mein Hemd soweit herunter wie es nur geht.
„Ziehen Sie sich bitte ihre Arbeitskleidung über, sonst werden Sie draußen noch krank.“, sagt er als ich mich in den Flur begebe.
Jetzt ist er auch noch fürsorglich. Natürlich will er nur nicht, dass ich jetzt noch einmal zu Chloe hochgehe, also gehorche ich lieber und ziehe mir in dem einen Gästezimmer, das eigentlich einmal für mich vorgesehen war, eine Hose und ein T-Shirt an. Dann gehe ich zur Zufriedenheit von Mr Beale an ihm vorbei nach draußen und verabschiede mich noch freundlich mit einem Lächeln. Auch er schenkt mir zur Abwechslung eines, was etwas gruselig aussieht, ihn aber wesentlich freundlicher aussehen lässt.In meiner Wohnung mache ich mir einen Kaffee und kann mir leider nichts zu essen machen, weil ich nichts da habe oder das was noch da ist bereits schimmelt, weil ich solange nicht mehr hier gegessen habe. Mit knurrendem Magen sitze ich auf der Couch und verfluche den Sonntag, an dem keine Geschäfte offen haben und ich leider verhungern muss. Die Kündigung hat mich so kalt gelassen, weil ich sowieso gekündigt hätte, weil ich ab nächstem Monat bei Double D angestellt bin. Nur hätte ich die Sache lieber mit Mrs Beale besprochen, aber was solls. Meine Gedanken kreisen eher noch um das was Mr Beale gesagt oder angedroht hat, bevor Chloe dann nach oben gegangen ist. Ist sie nur gegangen, weil sie Angst hatte, dass er ihr etwas antut oder weil sie nicht wollte, dass er etwas ausplaudert, was ich nicht wissen soll? Ich habe überlegt ihn danach zu fragen, doch das habe ich mich dann auch nicht getraut, außerdem sollte ich es wenn dann von Chloe selbst hören. Apropros Chloe. Ich hole mein Handy raus und checke meine Nachrichten.
Chloe: Er wird dich feuern, Beca, es tut mir soo leid. Komm zu mir hoch, wenn er mit dir fertig ist?
Chloe: Oder lass uns lieber irgendwo außerhalb treffen, oder bei dir? Ich muss hier raus.
Chloe: Beca?Kurz überlege ich was ich darauf schreiben soll. Außerhalb wäre ein Gespräch vorteilhafter, wenn etwas ans Licht kommen sollte, dass mir nicht gefällt, anderen falls könnte ich sie hier her kommen lassen und das am besten mit etwas zu essen. Ich habe die Tage zu viel nachgedacht, das reicht. Also bitte ich sie darum zu mir zu kommen und wenn es möglich ist, irgendetwas zu essen mitzubringen.
Chloe erscheint pünktlich und zum Glück mit etwas Essbarem dabei. Nachdem ich meinen Hunger gestillt habe, sitzen wir beide nebeneinander auf der Couch und gerade Chloe ist ungewohnt still.
„Du hattest recht, er hat mich gefeuert, aber das ist nicht schlimm.“, versuche ich ein Gespräch zu beginnen.
Sie faltet ihre Hände in ihrem Schoß und nickt.
„Hat er sonst irgendetwas gesagt?“, fragt sie und versucht dabei nicht nervös zu klingen.
„Nope, aber willst du mir zufälligerweise irgendetwas sagen?“, kontere ich und hoffe darauf, dass sie mit mir spricht, wenn es da etwas zu bereden geben sollte.
„Ich glaube ich weiß worauf mein Vater hinaus wollte, als er damit gedroht hat dir zu erzählen was für eine ich wirklich bin.“, kommt es von ihr, wobei sie sich nach hinten gegen die Lehne fallen lässt.
„Okay und worauf wollte er hinaus?“, frage ich nach, da sie keine Anstalten gemacht hat weiter zu sprechen, eher kaut sie auf ihrer Unterlippe herum.
„Ich hatte schon öfter was mit Angestellten und war dann immer froh, als mein Dad es herausgefunden und den jenigen gefeuert hat.“, sagt sie und endet mit einem Räuspern, wobei sie mich unschuldig ansieht.
Ich hingegen sehe sie etwas angewidert und entsetzt an, ich will das nicht so recht glauben, aber wenn ich so zurück denke an die Chloe Beale der ersten Tage als ich dort gearbeitet habe, wirkt es sehr glaubhaft. Es hat nicht lange gedauert bis wir miteinander geschlafen haben. Danach hat es mich wirklich gewundert, dass wir weiterhin etwas miteinander hatten und ich nicht schon viel früher entlassen wurde.
„Ich glaube es wäre besser, wenn wir da nicht ins Detail gehen und die Zahlen auch aus dem Spiel lassen.“, meine ich und kann sie fürs Erste nicht weiter ansehen. Die Vorstellung alleine macht mich krank und ich versuche diese Bilder vor meinem inneren Auge wegzublinzeln.
„Beca, das spielt doch auch alles keine Rolle, bei uns ist es anders, ich liebe dich.“, sie rückt näher zu mir, legt mir eine Hand an die Wange und dreht mein Gesicht zu sich, „Ich liebe dich mehr als ich je einen Menschen in meinem Leben geliebt habe.“
Ich spüre wie sich eine Träne in meinem Augenwinkel bildet und ungewollt heraus kullert. Ich weiß nicht ob es daran liegt, dass mich diese Aussage berührt, oder weil mir der Grund für das alleine Lassen nicht schwerwiegend genug ist und es mich irgendwo verletzt.
„Also hast du mich da unten mit deinem Vater alleine gelassen, weil du Angst davor hattest, dass er mir erzählt, dass du einmal eine kleine Schlampe warst?“, frage ich vorwurfsvoll, weil ich mich daran erinnere wie Mr Beale des Öfteren zu mir war und es mich bei seiner anfänglichen Stimmung nicht gewundert hätte, wenn er eher mir etwas angetan hätte, als seiner Tochter. Bei dem Wort „Schlampe“ zuckt sie leicht zusammen und ich erkenne wie nah ihr das Thema geht.
„Ja…es tut mir leid, ich hätte bleiben sollen, aber ich bin nicht sonderlich stolz auf diese Zeit und ich weiß wie mein Vater sein kann, er hätte es so ausgeschmückt, als wäre es genauso wie zwischen uns und damit hätte er alles kaputt machen können.“, erklärt sie sich. Auch bei ihr fließen nun einige Tränen.
„Du kannst echt froh sein, dass ich dir nicht böse sein kann.“, entgegne ich, wonach ich sie einfach küsse. Sie kann ebenfalls froh darüber sein, dass ich zurzeit auf die Zukunft und nicht die Vergangenheit fokussiert bin, ansonsten hätte ich vielleicht doch etwas anders reagiert, ich weiß es nicht. Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass ich sie nicht verlieren will und kann, sie stellt zurzeit den einzigen Halt für mich da und ich verdanke ihr so vieles, weswegen ich einfach darüber hinweg sehe. Vergangenes bleibt vergangen und sollte die Gegenwart und Zukunft nicht beeinträchtigen.Die nächste Stunde verbringen wir kuschelnd auf der Couch, genießen noch einen Augenblick die Nähe des Anderen, bevor Chloes Flieger zurück nach Los Angeles geht. Ich habe mich dafür entschieden ihr noch nichts davon zu erzählen, dass ich ab nächstem Monat bei ihr sein werde. Ich will sie auch überraschen. Ich muss nur noch eine geeignete Wohnung finden und dann kann es los gehen. Lilly hat mir für den Notfall sogar angeboten, dass ich bei ihr zeitweise wohnen könnte, auch wenn ich ja schließlich meine Freundin in L.A. habe, zu der ich eher gehen würde, ist es eine sehr nette Geste und zeigt mir eigentlich nur noch einmal, dass ich mich wohl richtig entschieden habe.
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Stets zu Diensten (gxg)
FanfictionBeca ist ihrem Traum so nah wie noch nie, nur fehlt ihr das nötige Kleingeld um umziehen zu können. Ein Nebenjob soll das ändern...und er ändert nicht nur das, sondern noch einiges mehr in Beca's Leben. Nicht meine Geschichte