„Schließe deine Augen, Beca.“, flüstert sie, so nah an meinem Ohr, dass mich ihr Atem in der Ohrmuschel kitzelt und ich wieder anfangen muss zu lachen. Trotzdem mache ich meine Augen zu.
„Und jetzt öffne deinen Mund.“, kommt es als weitere Anweisung, die ich brav befolge und meinen Mund aufreiße und ein „Ahh“ von mir gebe.
„Nicht so weit.“, meckert sie und muss zugleich lachen. Daraufhin schließe ich ihn wieder soweit, dass nur noch ein schmaler Spalt zwischen meinen Lippen geöffnet ist. Meine Augen sind weiterhin geschlossen und ich konzentriere mich nur auf mein Gehör und Gefühl. Ich höre sie atmen, so ruhig und gleichmäßig als würde sie schlafen. Ich spüre ihren Zeige- und Mittelfinger, wie sie sanft über meine Lippen fahren. Dann ihren Daumen, den sie mir leicht gegen die Zähne drückt, sodass ich meinen Mund etwas weiter öffne um einmal meine Zunge darüber gleiten zu lassen. Als nächstes liegen ihre Lippen auf meinen und ihre Zunge bahnt sich den Weg in meinen Mund. So schnell wie der Kuss gekommen war, ist er auch gegangen. Dafür hat er mir etwas da gelassen, Mila hat nämlich eine Pille auf ihrer Zunge zu meiner transportiert. Ich schlucke diese herunter und erst dann öffne ich meine Augen wieder und sehe in ihre bernsteinfarbenen, die so gut wie von ihren Pupillen worden verschluckt sind.
„Jetzt können wir weiter feiern.“, meint sie zufrieden und verlässt die Kabine. Ich folge ihr und bekomme noch den angewiderten Blick einer Frau zu Gesicht, die am Waschbecken steht und sich nachschminkt. Belustigt halte ich Zeige- und Mittelfinger gespreizt vor meinen Mund und lasse mit einem Zwinkern kurz meine Zunge dazwischen wackeln. Ihr entsetzter Gesichtsausdruck genügt um mich wieder einmal lachend durch den Club torkeln zu lassen. Mila finde ich an der Bar wieder, vor ihr zwei leere Gläser stehend. Als sie mich sieht, zeigt sie dem Barkeeper mit den Fingern, dass sie zwei weitere will, die auch kurz darauf vor ihr abgestellt werden und sie eines davon zu mir herüber schiebt. Ein paar Kurze später befinden wir uns wieder auf der Tanzfläche, wo die Jungs bereits Mädels aufgerissen haben. Anfangs tanzen Mila und ich noch zusammen, doch dann fixieren meine Augen einen Typen der in der Menge alleine tanzt und durchgängig zu mehr herüber und uns zu sieht. Ich löse mich von ihr und begebe mich zu ihm, tanze ihn an, so als wäre es nichts, als hätte ich darin Übung. Und es gefällt ihm. Mir gefällt es auch, die Musik füllt mich aus, berauscht mich, der Alkohol steigt mir in den Kopf, die Pillen strahlen ihre Wirkung aus und die Bewegungen meines Körpers geschehen einfach. Ehe ich mich versehe, tanze ich die nächste Person an, habe den nächsten Drink in der Hand und gebe mich allem hin was mein Gehirn mich ohne zu überlegen machen lässt. Es ist als würde die Zeit schneller vergehen als sonst, als würden sich alle beschleunigt bewegen und dann wieder wie in Slow Motion. Doch nach und nach wird der Club leerer und leerer, ich versuche einige von ihnen verzweifelt davon abzuhalten zu gehen, denn ich will noch nicht gehen. Und nur eine Weile später, nimmt mich Mila an die Hand und führt mich nach draußen.
„Ich will noch nicht gehen.“, jammere ich und stemme mich gegen sie.
„Doch willst du. Schau mal, es ist schon hell.“, kommt es von der Schwarzhaarigen, deren Lidstrich noch stärker ist als meiner. Ich sehe gerade lieber etwas Dunkles als die Helligkeit die draußen herrscht. Automatisch kneifen sich meine Augen zusammen und ich protestiere nicht weiter, sondern laufe an ihrer Hand hinter ihr her.Ich wache auf, als ich falle und auf dem Boden lande, wie so ein Sack Reis. Meine Augen lassen sich nur schwer öffnen. Stöhnend reibe ich mir darüber und starre die Decke an. Dann zucke ich zusammen weil ich nicht weiß wo ich bin. Meine Decke ist das nicht, die ist braun und nicht weiß. Mein Herz beginnt zu rasen und ich versuche mich zu erinnern was passiert ist, während ich mich hoch hieve und mich umsehe. Zwei Personen liegen noch in dem Bett. Zu mir gedreht liegt ein Mann, ein nackter Mann, der der mich aus dem Bett geworfen hat, als er sich umdrehte. Mit großen Augen starre ich ihn an, stehe leise auf und decke ihn ganz langsam und vorsichtig zu. Auf der anderen Seite, unter der Decke versteckt, kommen nur einige dunkle Haarsträhnen hervor und mir kocht das Gehirn als ich überlege wo ich bin und wer das hier ist. Als ich dann endlich aufrecht stehe und ausatme, fällt mir auf wie kalt es hier ist und sehe an mir herunter. Mir stockt der Atem als ich sehe, dass auch ich nackt bin. Scheiße, was ist hier passiert? Ich vergrabe meine Hände in den Haaren und suche nach meinen Klamotten. Innerlich spreche ich einen Fluch nach dem anderen aus, ich habe keine Ahnung was die letzten Stunden vorgefallen ist, fuck. Ich tigere in dem Zimmer auf und ab, hebe ein Kleidungsstück nach dem nächsten hoch, um dann doch festzustellen, dass es nicht meins ist. Ich finde das Bad und sehe mich im Spiegel an. Tiefe dunkle Augenringe schmücken mein Gesicht und meine Haare hängen wie ein Mob auf meinem Kopf. Eine Handvoll kaltes Wasser lässt es mir auch nicht besser gehen und somit geht die Suche weiter. Ich will gerade wieder aus dem Badezimmer heraustreten als mir das Mädchen entgegen kommt.
„Na, wie hast du geschlafen?“, fragt sie mich, während sie sich auf die Toilette setzt. Mit offenem Mund starre ich sie an, ihre schwarzen Haare, die Tattoos, die Piercings. Ich erinnere mich an ihren Namen, das ist ein Anfang, wenigstens etwas, denke ich mir.
„Wo bin ich und was ist gestern passiert?“, frage ich, wonach mir auffällt, dass ich gerade mit einer Gegenfrage geantwortet habe, was ich selbst so hasse.
„Und ich habe ziemlich gut geschlafen. Und du?“, füge ich dem schnell hinzu.
„Wir sind bei mir in der Wohnung und wir haben gestern ziemlich krass gefeiert.“, sagt sie mit einem breiten Grinsen und stellt sich nachdem sie gespült hat ans Waschbecken um ebenfalls ihr Gesicht zu befeuchten. Dann geht sie zurück ins Schlafzimmer, wohin ich ihr folge.
„Was haben wir genommen? Ich weiß absolut gar nichts mehr.“, meine ich, mir die Stirn reibend. „Und haben wir? Ich meine…ehm.“, stottere ich als ich zurück zu dem Bett sehe. Ich bete zu Gott, dass nichts passiert ist, das wäre der Untergang. Ich fühle mich ja so schon beschissen, da kann ich nicht noch das Gefühl gebrauchen ein Betrüger zu sein.
„Wir haben alles genommen, frag mich nicht was Billy alles fürn Scheiß dabei hatte. Wir haben nicht nachgefragt, sondern einfach geschluckt. Ach und neeein, also wir haben,“, sie zeigt auf sich und dann auf den Typen im Bett, „aber du, du hast geschlafen wie ein Baby. Schade eigentlich.“ Sie zündet sich eine Zigarette an und stellt sich an das offene Fenster. Mir fällt ein kleiner Stein vom Herzen, wenigstens habe ich mit niemandem geschlafen.
„Weißt du wo meine Klamotten sind? Ich muss dringend los.“ Suchend wandern meine Augen noch einmal über den Boden.
„Deine Bluse hast du einem Mädel geschenkt, aber der Rest müsste irgendwo rumliegen. Schau mal auf dem Balkon nach.“, schlägt sie vor, wonach sie sich wieder auf das Bett legt. Ich nicke und begebe mich nackt in die kühle Nachmittagsluft. Glücklicherweise habe ich hier tatsächlich zumindest meine Jeans, Socken und mein Top gefunden und sogleich angezogen. Wo auch immer der Rest meiner Unterwäsche ist, er kann hier bleiben. Zu guter Letzt taste ich meine Taschen nach meinem Handy und meinen Schlüsseln ab und kann aufatmen. Beides ist noch da, die Hoffnung auf das Geld hatte ich schon vorher aufgegeben.
„Ich geh dann mal.“, sage ich auf dem Weg zur Tür.
„Alles klar, Beca. Wenn du mal wieder Lust hast so richtig zu feiern, melde dich.“, erwidert sie mit einem Zwinkern und winkt mir noch zu. Ich nicke und schließe die Tür hinter mir. Kurz lasse ich mich dagegen fallen und ohrfeige mich selbst. Was habe ich da nur angestellt?
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Stets zu Diensten (gxg)
أدب الهواةBeca ist ihrem Traum so nah wie noch nie, nur fehlt ihr das nötige Kleingeld um umziehen zu können. Ein Nebenjob soll das ändern...und er ändert nicht nur das, sondern noch einiges mehr in Beca's Leben. Nicht meine Geschichte