44. Ein Feuerwerk, das sicher nicht genehmigt war

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Zoe

Ich schlage die Augen auf und muss mich erst einmal sammeln. Langsam werde ich ein echter Profi was diese Nahtoderfahrungen angeht. Auch wenn bisher keine wie die Andere war. Der Schwindel kommt plötzlich und es dauert einen Moment, bis ich wieder klar sehen kann. Die Wunden, die ich von meinem Kampf mit der Empusa davongetragen habe, sind noch immer nicht geschlossen. Zumindest nicht auf natürliche Art. Eine Art Nebel hat sich auf sie gelegt, ohne ihn wäre ich wohl verblutet. Kurz bekomme ich Panik, weil ich weder Zane noch Marie sehe. Dann fällt mir die Sache mit dem Licht wieder ein. Ich hoffe sie finden zurück..

Jetzt, da ich wieder in meinen Körper bin spüre ich auch den Schmerz der Verletzungen. Hoffentlich habe ich die Prüfung von Eros bestanden. Das könnte sonst noch unangenehm werden.

Irgendwie schaffe ich es mich leicht aufzurichten. Mein Rucksack liegt etwas weiter neben mir. Nachdem ich meinen Arm so gut es geht verrenkt habe bekomme ich ihn zu fassen und kann ihn zu mir ziehen. Zum Glück habe auch ich etwas Ambrosia dabei. Diese Notrationen sind besser durchdacht, als ich bisher angenommen habe. Ich breche ein Stück von einem der Riegel ab und schiebe es in den Mund. Die Schmerzen schwächen sich sofort ab. Ambrosia ist besser als jedes Schmerzmittel. Nach ein paar Minuten oder Sekunden, die mir jedoch wie Stunden vorkommen, schließen sich die Wunden auch endlich richtig. Das heißt sie sind schon noch zu sehen, aber sie hören auf zu bluten und ich schaffe es aufzustehen.
Sofort wird mir schwindelig und die Welt beginnt zu schwanken. Ich kneife die Augen zusammen und stütze mich an der Wand ab.

Als ich sie wieder öffne ist es stockdunkel. Nur Fonsvitae leuchtet so hell, wie Lucretia es tut, wenn sie sich materialisiert. Das Licht das aus dem Silberstück, dass inzwischen die Form eines Buches hat, erlischt allerdings nicht so schnell. Sein Licht ist gleichmäßig und warm. Auch gibt es mir die Kraft mich von der Wand zu lösen und dieses Mal schwankt die Welt nicht mehr. Vorsichtig mache ich einen Schritt in die Richtung, in die Zane und Marie verschwunden sind. Dabei bin ich darauf bedacht, nah an der Wand zu bleiben. Noch ist die Angst, noch einmal umzukippen nicht verschwunden. Aber es passiert nichts, weshalb ich einen Fuß vor den anderen setzend den Weg zur nächsten Ecke zurücklege. Ich bin mir sicher, dass sie diesen Weg genommen haben, weswegen ich weiter laufe. Fonsvitae trage ich dabei wie eine Laterne auf meiner ausgestreckten Hand vor mir her. Ich komme nun besser voran, da sich die Wirkung des Ambrosias inzwischen wohl entfaltet hat. Viel zu schnell stehe ich vor einer Weggabel und weiß nicht welchen Weg ich wählen soll. Als ich mich schließlich für einen entscheide beginnt das Buch aus Silber plötzlich schwacher zu leuchten. Verwirrt bleibe ich stehen und drehe mich um. Noch ist der Weg zu sehen, über den ich gekommen bin. Auch Fonsvitae leuchtet nun wieder heller. Das Licht wird jedoch sofort wieder schwacher, als ich meinen Weg fortsetzen will. Mehr aus einer instinktiven Handlung heraus mache ich kehrt. Eine Stimme in mir sagt, dass ich dem Licht folgen soll. Auch das wäre das Licht des Lebens. Ich kenne die Stimme, sie scheint abwechselnd aus meinem Gedächtnis und aus meinem Gewissen zu kommen und bisher hat sie mich noch nie in eine Falle gelockt. Ich vertraue ihr, wobei ich wohl verrückt wäre, wenn ich mir selbst misstrauen würde. Oder bin ich das schon, weil ich diese Stimme überhaupt höre?

An der Weggabelung angekommen nehme ich nun die andere Abzweigung und das Licht aus meiner Waffe bleibt gleich, eher wird es sogar ein wenig heller. Bei jeder Kreuzung oder Weggabelung richte ich mich nun nach dem Licht, dass immer heller wird. Gerade als ich denke, dass es langsam wirklich nicht mehr heller geht, ohne das meine Augen geschädigt werden, wird es auf einmal wieder dunkel. Aus der Ferne vernehme ich eine Stimme. Sie kommt mir vertraut vor und Fonsvitae pulsiert in meiner Hand. Die Angst, die ich trotz allem hatte, als ich allein durch das Labyrinth gewandert bin, ist vergessen. Stattdessen finde ich das erste Mal seit über einer Woche wirklich zur Ruhe, während Fonsvitae anfängt seine Form zu verändern.

Ich sehe eine kleine Familie, die auf meiner Hand steht. Es sind ein Mann, eine Frau und ein Kind und mir fällt ein, dass ich nicht von einer familiären Bindung ausgehen sollte. Noch immer leuchten alle drei Figuren, wobei die Frau am meisten Licht spendet. Dann beginnt das Licht, welches der Mann verströmt, schwächer zu werden. Das kleine Kind beginnt zu weinen, auch wenn die Figuren keinen Ton von sich geben. Die Frau macht eine Handbewegung und kurz darauf verblasst auch ihr Licht. Es scheint, als würde sie die Dunkelheit des Mannes in sich aufnehmen. Das Kind hat aufgehört zu weinen, es schaut die Frau einfach nur mit großen Augen an. Das alles kann nicht meiner Fantasie entsprungen sein!
Das Licht der Frau ist jetzt komplett verblasst. Nun verändert sie auch noch ihre Gestalt. Während das Kind und der Mann wegsehen zerfließt ihr Körper zu zwei Kleinteilen, Aquaquanten in Miniatur. Sie verbinden sich wieder und alles Material strömt in das Kind, das nun hell leuchtet. Es ist nun eigentlich kein Kind mehr eher eine Frau. Sie streckt den Arm aus und deutet auf eine Art Türrahmen, der plötzlich in der Wand aufgetaucht ist.

„Geh schon, mache den letzten Schritt." Flüstert eine eindringliche Stimme. Ich bin noch so mit dem Gesehenen beschäftigt, dass ich ihr folge leiste.

Erst auf der Türschwelle bleibe ich stehen. Es ist als wäre ich in irgendein verbotenes Gespräch hineingeplatzt. Nur, dass niemand Notiz von mir nimmt. In der Mitte steht ein Becken, dass einem offenen Taufbecken ähnelt. Dahinter steht eine Frau die so aussieht, wie ich mir einen Geist vorstelle. In einer Ecke steht Zane, der gerade eine Formel murmelt und vor dem Taufbecken steht Marie und Lucretia, die in diesem Moment stark zu leuchten beginnt. Etwas löst sich aus Marie, es ist wie eine Rauchschwade, sehr viel durchscheinender als die Frau hinter dem Becken. Trotzdem erkenne ich darin Lucretias Züge, wöhrend das etwas sich kurz umschaut und dann auf Lucretia zu schwebt. Als die Beiden sich vereinigen wird es noch ein letztes Mal so hell, dass ich die Augen schließe. Noch während ich meine Augen geschlossen halte merke ich wie es um mich herum dunkel wird.

Zane & Zoe - die zerbrochene GöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt