51. Auch Tote können sterben

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Zoe

Auf dem Schlachtfeld ist es viel zu Laut für meinen Geschmack. Andererseits ist es ein Schlachtfeld, wer sich dort wirklich wohlfühlt muss einen an der Waffel haben. Überall hört man das klirren von Schwertern und Dolchen, das Brüllen der Monster und die Schreie der Verwundeten beider Seiten. Ein oder zwei Mal sehe ich ein paar Kinder des Apollo bei der Versorgung von Kranken. Dann konzentriere ich mich auf Lebensquell in meiner Hand. Ich denke an die Zeichnung, die in unserer Hütte auf dem Tisch liegt. Ich denke an die abgebildete Waffe. Daran, was bei der Entstehung wichtig ist und wie ich sie gezeichnet habe. Langsam beginnt das Silber sich zu verformen. Erst nur langsam, dann immer schneller. Schließlich halte ich eine Art stock mit Klingen an der Ober- und Unterseite in der Hand. Es ist die Art von Waffe, die ich auch bei Lucretia gesehen habe. Trotzdem glaube ich nicht, dass es griechisch ist. Aber es funktioniert. Ein Wesen, dass ich nur aus den Augenwinkeln sehe zerfällt augenblicklich zu staub, sobald ich eine der Spitzen nach ihm ausstrecke. In der Ferne, also ungefähr fünf bis zehn Meter weit weg, sehe ich wie eine Gruppe aus verschiedenen Halbgöttern gegen ein Monster kämpft, dass sicher nicht griechisch ist. Als ich auf sie zulaufe hallen mir die Worte der Frauen in den Ohren: „Ihr werdet nicht alle töten können." Dieses Monster scheint zu dieser Sorte zu gehören. Ein Mädchen sticht ihm mit ihrem Schwert in die Seite. Das Monster brüllt nur. Gleichzeitig versucht ein Junge es von der Anderen Seite, hat aber genauso wenig Erfolg. Das Monster brüllt nur weiter und schnappt mit seinen scharfen Zähnen nach ihnen. Vor dem Monster steht noch eine Gestalt, sie steht in dem Schatten, den das riesige Teil wirft und und ist daher nur schwer zu erkennen. Schließlich sehe ich Frank, der einfach nur mit geschlossenen Augen da steht und seine Kräfte zu sammeln scheint. „Ihr könnt es nicht töten!" Rufe ich und alle vier Köpfe fahren zu mir herum. Das Monster brüllt zustimmend. „Jedes Monster kann in den Tartarus verbannt werden!" Hält das Mädchen dagegen. Sie gehört glaube ich zur Fraktion der Kinder der Nike. Sicher bin ich mir da allerdings nicht. „Nein, wir hatten schon einmal mit einem zu tun, dass nicht in den Tartarus geschickt werden konnte." Erkläre ich. Ich muss schreien um den Lärm der Schlacht zu übertönen. „Wie habt ihr es dann besiegt?" Schreit dieses Mal der Junge zurück. Er und das Mädchen mustern mich ungläubig. Frank sieht dagegen eher zuversichtlich aus. „Gar nicht, wir hatten Hilfe." Meine Stimme hört sich unnatürlich laut an und die anderen Halbgötter tauschen einen Blick. „Die Hilfe ist unterwegs!" Schicke ich noch hinterher, wofür ich zweifelnde Blicke ernte. „Das glaubst du?" Fragt das Mädchen. Ich kann verstehen, dass Kinder der Göttin des Sieges nur schwer Hilfe akzeptieren können. „Sie sind wohl der Grund, warum ich überhaupt noch lebe!" Argumentiere ich. Mit einem schaudern denke ich an meinen Ausflug durch die Hallen. „Das kann ich bestätigen!" Frank kommt einen Schritt auf uns zu. Als Sohn des Thanatos kann er das wohl spüren. Genauso, wie Marie es bei Leo gespürt hat. Nur, dass der Sohn des Hephaistos tatsächlich tot war, ich war das sicher nicht. Ich komme nicht dazu weiter darüber nachzudenken, denn in dem Moment wird Frank von der rechten Pranke des Monsters getroffen. Soll es vielleicht ein Löwe darstellen? Nein, wahrscheinlich nicht. Frank geht zu Boden und der Junge schreit kurz auf. Auch das Mädchen scheint bestürzt, sie kann es aber besser verbergen. „Frank?" Fragt sie. Wir alle drei kommen gleichzeitig bei dem Sohn des Thanatos an. Nur aus den Augenwinkeln sehe ich, dass ein paar andere Halbblute das Monster in Schach halten, die vierte Gestalt ist bei ihnen. Mein Herz klopft wie wild. Noch stärker als es das sowieso schon tut. Die Brust des Halbblutes hebt sich nur noch schwach. Das Camp Halfblood T-shirt ist vorne komplett zerrissen. Zwischen den Streifen klebt Blut und auch der goldene Staub ist schon wieder überall. Unwillkürlich frage ich mich ob das zu einer Blutvergiftung führen kann. Wahrscheinlich hätte Frank aber schon Glück, wenn es überhaupt so weit kommen würde. „Zur Hilfe!" Rufe ich, aber es geht im allgemeinen Lärm unter. Dann schaltet mein Gehirn ab. Meine Instinkte, von denen ich nicht einmal wusste das ich sie hatte, übernehmen. Ich lasse mich auf die Knie fallen und reiße ein Stück von meinem eigenen T-shirt ab. Natürlich habe ich nicht das Wissen einer Sanitäterin, aber ich kann mich an ein paar Grundzüge der ersten Hilfe erinnern. Noch atmet Frank, wenn auch noch schwach. Herzdruckmassage braucht es also nicht. Die Wunden auf seinem Brustkorb bluten aber weiterhin. Ich beuge mich über den Sohn des Thanatos und drücke den Streifen von meinem T-shirt auf die Wunde. Er saugt sich augenblicklich voll. „Hat irgendwer Ambrosia?" Rufe ich wieder und blicke auf. Der Junge ist verschwunden und das Mädchen schüttelt traurig den Kopf. In meiner Hosentasche finde ich noch ein kleines Stück davon. Ich schiebe es ihm in den Mund und schaue dann das erste Mal in sein schmerzerfülltes Gesicht. Seine Augen schauen direkt in meine und ich zucke unter seinem intensiven Blick zusammen. Etwas in mir zieht sich zusammen. Ich kann einen überraschten Aufschrei nicht unterdrücken. In Frank's Augen spiegelt sich Licht. Ich strahle! Das wird mir im selben Moment bewusst in dem ich bemerke, dass Frank lächelt. „Du hast es erkannt." Flüstert er. Eigentlich dürfte ich es gar nicht hören und doch vernehme ich es ganz deutlich. Langsam blicke ich nach oben und sehe die Hälfte eines Siegels über meinem Kopf. Es ist das Siegel der Athene und im selben Moment verstehe ich es. Genauso wie ich verstehe, dass Frank nicht der ist, der er vorgibt zu sein. Wieder zieht sich etwas in mir zusammen, während der Lärm der Schlacht für mich fast komplett verstummt. Ob es von der Erkenntnis oder davon kommt, dass Lucretia sich nun materialisiert, ich habe keine Ahnung. Frank stöhnt leise, um mich herum tobt die Schlacht mit Monstern, die wir nicht töten können. Trotzdem bin ich ruhig, gefährlich ruhig. Ich fühle mich einfach nur verraten und das ist immer noch besser als den Verlust zu spüren, der unweigerlich darauf folgen wird.

Zane & Zoe - die zerbrochene GöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt