14. Dieser Zwischenstopp war keine gute Idee

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Zane

„Was hast du eigentlich in den letzten Tagen gemacht?" Frage ich und durchbreche damit die unangenehme Stille, die sich seit unserem Abflug über uns ausgebreitet hat. Marie seufzt und bedeutet ihrem Pegasus näher an mich und Blackjack heran zu fliegen. Zoe schreckt aus ihrem Halbschlaf hoch, sie muss in der letzten Nacht wirklich lange überlegt haben. „Ich habe hauptsächlich versucht herauszufinden, worin meine Fähigkeiten bestehen, bin dabei aber nicht sehr weit gekommen. Ansonsten hatte ich noch diverse Campaktivitäten, Schwertkampf und Ausdauer ganz schön anstrengend." Sie seufzt und wirft demonstrativ ihre dunkelbraunen Haare über die Schulter. Das Pegasus unter ihr, Sternje wie uns Zoe erklärt hat, schnaubt. „Sie verseht nicht, wieso wir uns immer mit einem langen Stück Metall schlagen können." übersetzt meine Schwester und lacht. „Sich mit einem langen Metallstück zu schlagen ist immer noch besser als sich mit Plastik auf die Ferne umzubringen. Das ist weniger Glücksspiel." Murmelt Marie halb im Spaß, halb im Ernst. Ich weiß nicht was ich davon halten soll, aber ich glaube, sie hat recht. Marie ist manchmal komisch, aber anscheinend sind viele Kinder die etwas mit dem Tod zu tun haben so. Das sagen zumindest die Leute aus der Hermeshütte. „Da Vorne ist eine Lichtung im Wald, lasst uns da Landen. Ich will die Pegasi nicht überanstrengen." Ruft uns meine Schwester in dem Moment zu und verzieht das Gesicht. „Mir ist klar, dass ihr schon weitere Strecken geflogen seid, aber irgendwas sagt mir, dass wir da halt machen sollten." Anscheinend haben die Pegasi ihr widersprochen und ich frage mich immer noch, weshalb ich ihn nicht verstehen kann. Blackjack unter mir wiehert und Zoe seufzt: „Er sagt, dass sich alles zu gegebener Zeit aufklären wird." Übersetzt sie und im nächsten Moment setzen die Hufe der geflügelten Pferde auf dem Boden auf. In der Mitte der Lichtung steht ein Steinhaus in U-Form. Es ist an manchen Stellen zerstört. Der Wald darum herum ist dicht und dunkel und macht mir ein kleines bisschen Angst. Ich habe das Gefühl nicht allein zu sein und den anderen scheint es ähnlich zu gehen. Neben dem Haus ist eine Stelle, an der eine Art Steintafel eingelassen ist. Ohne zu zögern geht Marie darauf zu. „Ich spüre den Tod." Sagt sie und mir läuft ein Schauer über den Rücken. „Lucretia? Kannst du uns vielleicht helfen?" Fragt Zoe und die Göttin materialisiert sich vor uns auf der Lichtung. Erschrocken blickt sie sich um. „Was hat euch geritten ausgerechnet hier zu landen?" Fragt sie und Sternje macht vor schreck einen Satz nach hinten. „Wieso, gibt es hier irgendwas gefährliches?" Frage ich vorsichtig nach. „Kommt mal her, das müsst ihr euch ansehen!" Ruft Marie bevor Lucretia antworten kann. Schneller als ich es für möglich gehalten habe rennen wir zu ihr. Sie steht direkt vor der verbrannten Stelle und schaut auf den Boden. Die Steintafel ist halb mit Moos bewachsen, halb mit reif überzogen. Ein mulmiges Gefühl beschleicht mich. „Die ist neu!" Murmelt Lucretia hinter uns. „Hier begann unsere Reise, zur Erinnerung an den ersten Einsatz des 2. Gigantenkrieg, Jason Grace, Piper McLean und Leo Valdez." Lese ich vor und schaue die anderen an. „Wo sind wir da bloß gelandet?"

Für einen Moment scheint die Zeit stehen zu bleiben, so wie sie es manchmal in Filmen tut, damit es spannender wird. Danach geht dann plötzlich alles ganz schnell und in unserem Fall war es genauso. Nachdem ich meine Frage gestellt habe, werden die Pegasi plötzlich nervös und schlagen wie verrückt mit ihren Flügeln. Blackjack, der irgendwie der Anführer von ihnen ist stößt ein markerschütterndes Wiehern aus und Zoe, die ihn natürlich verstanden hat, wird ganz blass. „Wölfe!" Übersetzt sie, dann versagt ihre Stimme. Natürlich müssen wir ausgerechnet Wölfen begegnen, wir hatten noch nie ein sonderlich gutes Verhältnis zu diesen Tieren. Einmal waren wir mit unserer Schulklasse im Zoo und als wir irgendwann am Wolfsgehege vorbei kamen schauten alle Wölfe wie auf Kommando zu mir und Zoe. Ihre stechenden Blicke haben mich damals Wochenlang in meinen Träumen verfolgt zusammen mit der Stimme, die ich damals vernommen habe. „Einestages werden wir uns wiedersehen und dann wird keine Mauer zwischen uns sein, junger Held." Ich habe nie jemandem davon erzählt und auch jetzt schweife ich ab. Denn genau in dem Moment, in dem Zoes Stimme gebrochen ist, knackt es im Wald um uns herum. Gelbe Augen sind auf einmal überall, zu sehen. Dann brechen die Wölfe aus dem Gebüsch und die Pegasi suchen das weite. Nett von ihnen, aber ich kann es ihnen nicht verdenken. „Und genau deswegen sollte man nie auf einer Lichtung mitten im Wald rasten." Lucretia schmeißt die Hände zum Himmel und verschwindet dann in Zoes Würfel, der immer noch wie ein Auto geformt ist. Zögernd nimmt sie es in die Hand und auch Marie greift zu ihrem Schwert, das eher einer Sense ähnelt, deren Klinge in der Sonne bronzefarben aufblitzt. Nur ich stehe immer noch da und kann mich nicht rühren. Die Worte, die der Wolf damals in meinen Gedanken hinterlassen hat spuken dort unaufhörlich herum. Heute würde er sie war machen.

Ohne uns abzusprechen haben wir drei uns mit dem Rücken zueinander aufgestellt. Marie mit ihrer Sense, Zoe mit dem Auto, dass immer noch nichts Anderes geworden ist, und meine erstarrte Persönlichkeit. Die Wölfe haben uns nun umzingelt und bilden einen immer enger werdenden Kreis um uns herum. Einer von ihnen sticht dabei besonders hervor. Er ist größer als die anderen und eine Sie. Ich schaue zu meiner Schwester, es ist die erste Bewegung, die ich seit dem auftauchen der Wölfe zustande gebracht habe. Zoe schaut mich an, das Auto in ihrer Hand wird zu einem Wolf, nach dessen Zitzen zwei kleine Kinder greifen. Die große Wölfin ist nicht nur irgendeine Wölfin, mit irgendeinem Rudel. Nein, es ist Lupa, die Mutterwölfin, die Romulus und Remus aufgezogen hat, die Gründer Roms aus dem Geschlecht des Aineias. Ich greife zu meinem Schwert. Die Mutterwölfin wurde von den Römern immer verehrt und sie sprachen ihr eine sehr wechselhafte Persönlichkeit zu. Zum einen Mütterlich, wenn man stark war, wenn man aber schwäche zeigte, so wurde man zu ihrer Mahlzeit. „Zeige niemals Schwäche vor der Mutterwölfin." Haben unsere Eltern uns immer eingeschärft. Manchmal frage ich mich, ob sie das alles vorausgesehen haben.

Zane & Zoe - die zerbrochene GöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt