49. In Kostümfilmen stirbt niemand

21 1 4
                                    

Zane

Immer noch jubelnd strömen die Halbblute zum Halfbloodhill. Sie begeben sich zur Grenze der für uns sicheren Zone. Die Meisten tuen dies ohne nachzufragen, ohne zu zögern. Ihr Vertrauen in ihre Anführer ist hoch. Mit dem Vertrauen, dass sie ihnen entgegen bringen vertrauen sie auch mir und Zoe. Vielleicht ist ihnen das nicht bewusst, aber wir haben an diesem Plan mitgearbeitet. Kann ich eine solche Verantwortung tragen? Eine kleine gemeine Stimme in meinem Kopf sagt mir, dass wir gar nicht hier stehen würden, wenn ich damals Lebensquell ausgehändigt hätte. Eine vernünftige Stimme erwidert, dass es dann viel schlimmer gekommen wäre. Ich glaube beiden nicht, während ich mich ebenfalls in Bewegung setze. Den Weg geht es entlang in mein Verderben. Den Weg geht es entlang in unser verderben. Wir werden alle sterben. Vielleicht bin ich über ein paar Ecken mit Apollo verwandt, aber eigentlich ist das auch egal. Was unsere Eltern wohl sagen werden, wenn wir nicht zurückkommen? Sie haben immer auf uns aufgepasst und waren am Boden zerstört, als Zoe fast nicht mehr aufgewacht wäre. Kann es uns drei nach der Schlacht überhaupt noch geben? Zoe, Marie und mich? Die Hypnostochter, sie heißt Miranda, habe ich in dem Getümmel aus den Augen verloren. Die Halbblute strömen an mir vorbei und ich schaue keines von ihnen wirklich an. Ich kann ihnen nicht ins Gesicht schauen, nicht mit dem Wissen, dass sie vielleicht nie wieder an mir vorbeilaufen werden. Dann bin auch ich auf dem Schlachtfeld angekommen. Um mich herum sind Halbgötter und Monster und noch mehr Halbgötter und noch mehr Monster. Die Stimme, die uns das alles eingebrockt hat höre ich nicht mehr. Selbst wenn sie etwas zu mir sagen würde würde ich es nicht verstehen. Die Luft ist erfüllt mit den Kampfschreien der Halbgötter, dem Brüllen der Monster und dem Schlagen von Metall auf Metall. Ab und zu hört man auch Schmerzensschreie oder das schmerzerfüllte Brüllen eines Monsters. Nicht alle Wesen haben die Denkweise der Empusen oder die von Lamia. Hier sind auch viele Höllenhunde oder andere Arten von Monstern die nicht unbedingt so bekannt sind. „Vorsicht Basilisk!" Ruft irgendwer von irgendwo her. Ich lasse mich einfach treiben, während mich der Sog aus Menschen und Monstern immer weiter nach links in die Richtung des Waldes zieht. Pfeile schießen durch die Luft, die Nach schweiß und Blut riecht. Je weiter ich komme desto mehr werde auch ich mit dem goldenen Staub der Monster überzogen. Wie Blütenstaub wirbelt dieser durch die Luft, setzt sich irgendwann auf dem Boden ab nur um von den nächsten Kämpfen erneut aufgewirbelt zu werden. Welche Monster ich wohl gerade einatme? „Gorgonen hier drüben!" Ruft wieder eine Stimme. „Areskinder zu mir!" Das war eindeutig Ilona. Sie steht auf den Schultern von irgendjemand und ist so gut sichtbar. In einer Hand hält sie einen Bogen, mit der anderen Hand greift sie nach neuen Pfeilen. Ihr Haar glänzt in der Sonne und man sieht sehr deutlich, dass sie eine Tochter des Apollo ist. Die Sonne bricht sich auch auf dem Dolch in meiner Hand. Wie schon beim Training versuche ich die Bewegungen nachzuahmen, die mir gezeigt wurden. Um mit einem Dolch zu kämpfen muss man auf andere Dinge achten als beim Schwertkampf. Es fällt mir schwerer und doch kann ich eine Art Muster darin sehen. Immer wieder kann ich ebenfalls ein Monster zurück in den Tartarus bannen. Wir sind so viele und doch werden die Monster immer mehr. Inzwischen fast blind durch den vielen Staub, der meine Augen tränen lässt, arbeite ich mich weiter voran. Ich kann wohl vom Glück sagen, dass ich noch über keine Leiche gestolpert bin. In der Ferne höre ich eine Explosion, die Hephaistos Hütte hast wohl die schweren Geschütze ausgefahren. Das war eigentlich erst für später geplant aber vielleicht ist es auch schon später. Durch die Mischung aus Angst, Adrenalin und Reflexen habe ich jegliches Zeitgefühl verloren. Nicht das ich jemals ein gutes besessen hätte. In meinen Gedanken verschwimmt alles und ich lasse mich nur noch von meinen Instinkten leiten. Ein großer Fehler.

Der Schrei einer Person reißt mich aus meiner Trance. Ich weiß nicht, wie ich ihn herausfiltern konnte. Vielleicht liegt es daran, dass ich die Person schon seit meinem ersten Tag im Camp kenne. Ich erstarre in meiner Bewegung und befinde mich im nächsten Moment unter einem Höllenhund. Nach dem Petersuchos ist es fast eine Erleichterung. Nur, dass der Höllenhund scharfe krallen hat und scharfe Zähne, die sich mir nähern. Ich spüre den Schmerz an meinem Arm kaum. Etwas Blut bahnt sich seinen Weg durch den goldenen Staub, der auf dem Schweiß auf meiner Haut klebt. Mein T-shirt ist an manchen Stellen zerrissen. Wie das passieren konnte kann ich nicht genau sagen. Wieder ertönt der Schrei, schmerzerfüllt und ziemlich nahe. Ich muss dorthin!
Was leider einfacher gedacht als getan ist. Mein Dolch ist mir beim Aufschlag auf dem Boden aus der Hand gefallen. Ich habe kein Mittel um mich gegen den Höllenhund zu verteidigen, der das inzwischen auch gemerkt hat. Er rutscht etwas nach hinten und senkt seinen Kopf. Das einzige, was ich denken kann ist, dass es sich also so anfühlt, wenn man kurz vor dem Tod steht. Irgendwie etwas schmutzig, verschwitzt und ziemlich ungemütlich. Ich spüre die Zähne der Bestie an meinem Hals. Gleich wird es vorbei sein. Irgendwo in der Nähe des Gefühls liegt meine Hauptschlagader, die Chancen das zu überleben sind viel zu gering, als dass sie messbar wären. Doch es bleibt bei dem Gefühl der Zähne, was mir den kalten Schweiß über den Rücken laufen lässt. Es bleibt bei dem Gefühl, weil sich der Hund im nächsten Moment in Luft oder besser in goldenem Staub auflöst. Er löst sich auf, mitsamt seiner gelben Augen, die mich die ganze Zeit über hasserfüllt angestarrt haben. Das was dahinter zum Vorschein kommt ist aber auch nicht besser. Zwei weitere Augen starren mich hasserfüllt an. Es sind die von Malcolm, seines Zeichens Sohn des Ares. Er ist mein größter Widersacher, keine Frage. Doch was bei allen Göttern muss ich getan haben um von ihm so gehasst zu werden? Ein weiterer Blick in sein Gesicht reicht mir um die Frage in mir aufzuwerfen, ob der Höllenhund nicht doch die bessere Alternative gewesen wäre.

Obwohl heute schon Ostermontag ist, wünsche ich euch allen trotzdem noch frohe Ostern, falls ihr es feiert und wenn dem nicht so ist einen schönen Feiertag. Bis dann, jolannasa

Zane & Zoe - die zerbrochene GöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt