32. Ohne einen gefährlichen Weg wäre es kein richtiger Auftrag!

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Zoe

Als Marie und ich die Treppen hinunter in die Küche im Erdgeschoss kommen, sind alle Anderen bereits wach. Zane sitzt bereits am Tisch, er ist etwas blass um die Nase und blättert in einer alten Zeitung. In der Küche klappern Leo und Kalypso mit den Küchenutensilien und streiten dabei lauthals. Anscheinend will Leo die Milch für einen Kakao mit seinen Feuerkräften erwärmen und Kalypso ist strickt gegen irgendwelche Kräfte in der Küche. Sie hätte diese gerne noch ein paar Jahre, sagt sie und bei selbst verursachten Brandschäden würde ihre Versicherung auch nicht zahlen...
Schließlich einigen die Beiden sich doch und setzen sich zu uns an den Küchentisch.
„Was habt ihr jetzt vor?" Fragt Leo, der wohl nicht gerne um den heißen Brei herumredet und schon nachgefragt, bevor er richtig sitzt. „Wir müssen zurück ins Camp Halfblood und das noch möglichst vor Morgen." Erklärt Zane obwohl wir bisher noch nicht entschieden haben, wie es weiter geht. „Seit wann habt ihr es so eilig und wieso seid ihr dann überhaupt Richtung Camp Jupiter gezogen?" Fragt Kalypso neugierig und greift nach der Butter. „Wir wollten dort eigentlich etwas recherchieren..." Beginne ich zu erzählen, doch ich werde von meinem Bruder unterbrochen: „Allerdings steht uns eine Schlacht bevor, weswegen wir dort gebraucht werden." Erklärt er weiter und Leo fällt das Messer aus der Hand. Er war mal in Camp Halfblood zuhause. Es muss ihm trotz allem noch nahe gehen. Meine Gedanken kreisen für einen Moment um dieses Thema, dann kommt es aus irgendeinem Grund auf ein Ganz anderes: Lucretia. Sie ist der Grund, warum wir hier sind aber seit dem Wolfshaus hat sie sich nicht mehr gemeldet.

Während ich nach einer Erklärung für dieses Verhalten suche wechseln Leo und Kalypso noch ein paar bedeutungsvolle Blicke. „Es gäbe eine Möglichkeit, wie ihr bereits heute Abend dort sein könntet." Setzt Leo an, wird aber dann von seiner Freundin unterbrochen: „Aber der ist wirklich sehr gefährlich." Sagt sie und ihre Stimme klingt angespannt. Das erste Mal mischt sich nun auch Marie in das Gespräch ein. Sie stellt ihre Tasse ab, an der sie seit Beginn des Gespräches genippt hatte: „Ist nicht alles hier irgendwie gefährlich?" Fragt sie und Leo lacht. „Das Mädchen hat die Sache verstanden." Sagt er und bekommt dafür einen strafenden Blick von Kalypso. „Ich meine dieser Weg ist selbst für die Verhältnisse von Halbgöttern sehr gefährlich." Erklärt sie mit ernstem Blick. Das hört sich nun wirklich nicht besonders spaßig an. Andererseits haben wir irgendwie auch nur die Wahl zwischen Gefahr und Gefahr. Sowas wie Sicherheit auf Dauer scheint es in dieser Welt wirklich nicht zu geben und dabei können wir noch nicht einmal etwas dafür, dass wir zu ihr gehören. Eigentlich ist es nur eine von vielen Ungerechtigkeiten, die es von Geburt an auf dieser Welt gibt. „Was für eine Möglichkeit ist es denn genau?" Frage ich vorsichtig nach. Ein weiterer Blick geht von Kalypso zu Leo. Dieser ergreift nun das Wort: „Das Labyrinth." Sagt er schlicht. Im ersten Moment denke ich so in etwa: „Ein Labyrinth, so schwierig hört sich das jetzt auch nicht an." Dann wird mir klar, dass sie DAS Labyrinth meinen. Das Labyrinth des Dädalus, dass damals den Minotaurus beherbergt hat. „Das Labyrinth hat ein anderes Zusammenspiel von Raum und Zeit. Ihr könnt zwei Minuten darin verbringen und außerhalb sind zwei Stunden vergangen. Genauso aber auch anders herum. Außerdem überbrückt es große Entfernungen, ihr könnt hier hinein gehen, zwei Schritte laufen und der nächste Ausgang könnte nach China führen." Erklärt Leo weiter. „Das Labyrinth hat außerdem ein Eigenleben. Wenn es euch nicht mag habt ihr schlechte Karten aber generell ist es seit der Wiedererweckung in Epirus viel freundlicher geworden." „Und mit einem speziellen Faden könnt ihr das Risiko irgendwo an einem ungewollten Ort heraus zu kommen gering halten." Mischt Kalypso sich wieder in das Gespräch ein. Sie hebt ihre Hand, in der sie immer noch ihr Buttermesser vom Frühstück hält. „Es ist aber trotzdem ein großes Risiko!" Sie schaut uns alle der Reihe nach ernst an. Während sie damit beschäftigt ist und Leo sich irgendwas aus einem Glas auf sein Brot schmiert vergleiche ich die Geschichte mit dem, was ich aus den alten Sagen weiß. Das ist leider nichts so viel, da das Labyrinth nicht sehr oft erwähnt wird. Trotzdem haben unsere Eltern immer sehr lebendig davon erzählt, als würden sie von einem Urlaubsziel berichten, das sie besichtigt haben. Ich finde, dass wir das Risiko eingehen sollten. Schon allein für Luka, Frank, Jason, Piper und alle Anderen, die uns so freundlich empfangen und in ihren Kreis aufgenommen haben. Noch einmal gehe ich die Prophezeiung durch. Bisher ergaben nur die Zeilen mit dem Ausziehen und dem Entschwundenen einen Sinn. Vor allem die Sache, dass unser Schicksal mehr als unser Leben zählen soll macht mir immer noch Angst. Auch wenn ich mir überlegt habe, dass es auch bedeuten kann, dass wir nicht sterben können, bis wir unser Schicksal erfüllt haben. Schließlich ist es wichtiger als unser Leben und sein Ende...

So oder so, wenn wir in der Schlacht beim Camp irgendwas ausrichten können, dann sollten wir versuchen so schnell wie möglich dort hin zu kommen. Es hätte uns ja auch mal jemand früher sagen können, dass ein Kampf bevor steht, dann hätten wir uns die Reise sparen können. „Wir sollten es versuchen!" Sage ich und schaue Zane und Marie an. Immerhin bin ich noch immer die Leiterin dieses Einsatzes, dessen Begrenzung zum Glück erst am Ende der Ferien abgelaufen ist. Bis dahin ist noch viel Zeit zum suchen. Falls wir vorher nicht sterben...
Entschlossen schaue ich in die Runde. „Irgendjemand dagegen?" Eigentlich duldet meine Stimme keinen Widerspruch und dieser bleibt auch aus. Meine Begleiter signalisieren mir nur stumm, dass sie meiner Meinung sind, während sie ihr Frühstück weiter zu sich nehmen. Seit meiner Frage hat niemand mehr das Wort ergriffen. Es ist fast gespenstisch still in der Küche. Zumindest so lange, bis Leo seine Tasse geräuschvoll auf dem Tisch abstellt. „Ich bringe euch in einer halben Stunde zum nächsten Eingang". Sagt er und fügt dann noch ein: „Ohne einen super gefährlichen Weg wäre es sowieso kein Auftrag." Hinzu, während wir Anderen uns längst wieder unserem Frühstück zugewandt haben.

Zane & Zoe - die zerbrochene GöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt