"Ich hab doch gesagt, wir haben uns verfahren!", quengelte Ruth und sah Jordan, der am Steuer saß, strafend an. Dieser rieb sich die Schläfen und wirkte ziemlich genervt.
"Haben wir nicht."
"Natürlich! An der Kuhwiese sind wir schonmal vorbeigefahren!"
"Wir sind irgendwo im nirgendwo, das ist nicht die einzige Kuhwiese hier Ruth!"
"Wir sind hier trotzdem schonmal vorbei, ich erkenn die doch wieder!" Jordan schlug vor Wut aufs Lenkrad und hupte dabei versehentlich. Ich zuckte zusammen. Der Autofahrer vor uns hielt den Mittelfinger aus dem Fenster.
"Piss dir bloß nicht ein.", schnaubte Jordan und hupte aus Provokation noch mal.
"Entspann dich Alter.", meinte Alex und die Falten auf Jordan's Stirn verschwanden sofort.
"Ach, hätte ich das gesagt, wärst du ausgerastet."
"Es reicht Ruth."
"Nein..-"
"Will jemand Kekse?", ich hielt ihnen eine Cookieschachtel nach vorne. Ich hatte nicht sonderlich Lust, Teil ihres Ehekrieges zu werden. Ruth, die das Manöver offensichtlich verstanden hatte, griff trotzig hinein und Jordan starrte stur gerade aus. Langsam kam ich mir echt vor wie eine Schulsozialarbeiterin. Ich musste hinten in der Mitte sitzen, damit Carrie und Alex nicht nebeneinander saßen und jetzt fingen Ruth und Jordan auch noch an rumzueiern. Wenn Kyle's Freunde heute Abend auch noch Stress haben sollten, darf Kyle sich liebend gern darum kümmern, aber ich bin raus.
Ich drehte den Kopf nach hinten. Die anderen fuhren hinter uns und Kyle lachte gerade sein schönes Lachen. Die Stimmung schien deutlich besser zu sein. Bei uns herrschte nur betretenes Schweigen. Niemand hatte den anderen etwas zu sagen. Kann man fast jeden Tag etwas zusammen unternehmen und sich doch auseinander leben?
Nach ungefähr einer weiteren halben Stunde Fahrt stellten wir die Autos ab und stapften zu Fuß durch den Wald. Wir waren 5 Minuten unterwegs, als Layla rumjammerte, dass ihre Füße wehtaten. Ich verdrehte die Augen und konnte mit großer Genugtuung beobachten, dass Kyle dasselbe tat. Weniger gefiel es mir, dass er ihr anbot sie Huckepack zu tragen und sie dieses Angebot mit großer Freude annahm. Eines Tages drehe ich ihr den Hals um.
Carrie ging schweigend neben mir und starrte auf ihre Füße. Alex schien diesen Anblick wohl nicht länger auszuhalten. Er holte uns ein, legte einen Arm um ihre Hüfte, zog sie an seine Seite und gab ihr einen Kuss auf den Kopf. Sofort strahlte sie. Dann musst du wohl alleine im Zelt schlafen Kaylee. Ich vertrieb diesen Gedanken wieder. Du solltest dich freuen, dass zwischen den beiden alles wieder okay ist du blöde Kuh. Langsam begann ich wirklich, mich selber zu hassen. Wann war ich so egoistisch geworden? Kein Wunder, dass Kyle mich nicht liebte. So eine Person würde ich auch nicht mögen. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich über eine Wurzel stolperte und mich volle Kanne - auf deutsch gesagt - aufs Maul packte.
Julien grölte los und auch die anderen kicherten über meine Schusseligkeit. Geil. Wirklich geil. Du wirst schon wieder ausgelacht. Ich wagte es kaum den Blick zu heben. Als ich es tat, lief ich rot an. Kyle grinste amüsiert und hielt mir die Hand hin. Ich wurde rot und ergriff sie ohne nachzudenken. Sie war weich und doch kräftig. Er zog mich sanft aber mit genug Schwung hoch. Er sah mir tief in die Augen und ich wollte am liebsten in diesem azurblauen Meer versinken. Bevor er mich losließ, strich er mit dem Daumen über meinen Handrücken. Oder hatte ich mir das nur eingebildet? Er wendete sich schnell wieder ab, als wäre nie etwas geschehen. Das konnte keine Einbildung gewesen sein, ich hatte doch total Gänsehaut und die Stelle prickelte förmlich. Verwirrt sah ich zu meiner Hand und dann wieder nach oben, direkt in Ruth's Augen. Ihr Blick sagte nur eins: ich weiß es.
Das Zelte aufschlagen dauerte nicht sehr lange, da wir ziemlich viele Leute waren. Wir hatten uns eine Stelle mitten im Wald gesucht bei einem riesigen Baum.
"Was machen wir, wenn es gewittert und der Baum umfällt?!", Layla klang ehrlich verzweifelt.
"Das ist auch super wahrscheinlich.", antwortete Mike sarkastisch und sie steckte ihm die Zunge raus.
"Also ich will jetzt schwimmen gehen. Wo ist dieser See?", wendete Nancy sich an Ruth.
"Uff. Der dürfte nicht weit sein. 2 Minutem von hier."
"Na dann los." Alle kramten ihre Badesachen heraus, außer Layla.
"Wir können unser Zeug hier doch nicht einfach liegen lassen."
"Wir sind mitten im Wald. Hier kommt keiner her.", meinte ich verständnislos und ich musste zugeben, dass ich schon jetzt ziemlich genervt von ihr war. Konnte sie nicht einfach wieder nachhause fahren? Sie zögerte kurz, holte ihre Badesachen dann aber auch heraus und gemeinsam schlenderten wir zum See. Die Sonne ging bereits unter.
Das Wasser war kalt. Und ich meine wirklich kalt. Ich dachte, ich würde sterben, als ich untertauchte. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, als ich wieder an der kalten Luft war. Ich beobachtete die anderen. Kyle's Freunde verstanden sich prächtig mit der Clique. Besonders Travis und Alex schienen die besten Kumpels zu sein. Ruth wurde gerade von Julien untergetaucht und Jordan, Antony und Mike jagten die anderen Mädchen durchs Wasser.
"Schwimmst du mit mir raus?", ertönte Kyle's Stimme plötzlich neben mir. Dämlich starrte ich ihn an. Seine Augen ruhten auf mir und sein Blick war undefinierbar.
"Klar.", ich versuchte lässig die Schultern zu zucken, doch es misslang mir. Ich sah noch einmal zu den anderen. Ruth beobachte uns. Sie sah irgendwie... Wütend aus. Ich dachte nicht weiter darüber nach und schwamm Kyle hinterher, der schon einen guten Vorsprung hatte. Da ich eine gute Schwimmerin war, hatte ich ihn schnell eingeholt. Wir schwammen eine Weile schweigend und als ich mich umdrehte, waren unsere Freunde nur noch kleine Punkte.
"Siehst du die Insel dahinten?", fragte Kyle plötzlich.
"Ja."
"Wer gewinnt bekommt was.", sagte er und schwamm plötzlich mit vollem Tempo auf die Insel zu. Ich konnte erst gar nicht so schnell reagieren, legte mich dann aber ins Zeug.
"Du Arsch spritzt mir Wasser ins Gesicht!", rief ich und bekam die nächste Ladung ab. Ich hörte ihn nur lachen. Er war so verdammt schnell. Langsam wurde es flacher und Kyle konnte anscheinend schon wieder stehen. Er lief an Land und schmiss sich auf den Rasen. Ich tat es ihm nach.
"So. Was bekommt der Sieger?", fragte er außer Atem.
"Nichts bekommst du.", antwortete ich und boxte ihm gegen den Arm. Alle Anspannung war von mir gewichen. Ich genoss nur noch seine Nähe. Wir lagen eine Weile da und unterhielten uns über Gott und die Welt, bis es immer dunkler und kälter wurde.
"Lass uns wieder zurückschwimmen.", schlug ich vor und erhob mich. Er stand ebenfalls auf und vorsichtig gingen wir wieder ins Wasser.
"Oh Gott, morgen bin ich bestimmt krank."
"Ach quatsch." Kyle schien die Kälte nichts auszumachen. Als ich mich einigermaßen an die Temperaturen gewöhnt hatte, wollte ich los schwimmen doch plötzlich griff Kyle nach meinem Arm. Was?, wollte ich fragen, doch da hatte er seine Lippen schon fest auf meine gedrückt. Es dauerte einen Moment, bis ich realisierte, was da gerade passierte. Doch dann schlang ich die Arme um seinen Hals und erwiderte seine Küsse. Ich hätte ihn wegstoßen sollen. Ihn fragen, ob er total bescheuert war. Aber das wollte ich nicht. Es war falsch, doch es fühlte sich so richtig an. Er war das, was ich wollte. Ich liebte Hunter nicht. Ich liebte nur Kyle, nur ihn und ich wollte, dass dieser Moment niemals endete. Er strich sanft über meinen Rücken, legte die Hand an meine Wange und ließ von mir ab. Er sah mich liebevoll an, strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und küsste mich auf die Stirn. Dann drückte er seine Lippen wieder auf meine. Dieses Mal küsste er mich härter, fordernder und ich genoss es in vollen Zügen. Ich schlang die Beine um seine Hüften und drückte meinen Oberkörper fest gegen seinen. Meine Hände vergruben sich in seinen Haaren und wir küssten uns, als würde es nur noch den anderen geben. Mir war alles egal. Nur dieser Moment zählte.
Ich weiß, das Kapitel ist sehr kurz, aber ich muss mich erstmal wieder einarbeiten :D
-nimmerlandstraum
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Kiss Me Softly (abgeschlossen)
Teen FictionKleine Vorwarnung: Ich bin ein 99er Kind und habe die Story mit 14 geschrieben, ich denke, ihr wisst, was ich damit sagen will. Ranking: #1 in Jugendliteratur/Teen #1 in Teenlove »Es war verdammt schwer, dich zu lieben.« Fünf Jahre ist es her...