Kapitel 36 - Ich will dich so sehr

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Das warme Wasser lief über meinen Rücken und ich shampoonierte meine Haare sorgfältig ein. Ich summte Creep, während ich sie wieder abspülte und das Wasser andrehte. Vorsichtig stieg ich aus der Dusche und griff nach meinem Bademantel. Ich zog ihn an, band ihn zu und rubbelte meine Haare dann mit einem Handtuch ab. Ich sah in den Spiegel und schob den Bademantel ein wenig zur Seite. Ich musste Lächeln, als ich die Blutergüsse auf meinem Schlüsselbein sah. Sie erinnerten mich daran, wie glücklich ich war und wie perfekt alles gerade lief.
Kyle hatte noch am selben Tag mit Layla Schluss gemacht. Es hatte Tränen gegeben und sie würde ihn wohl für eine ganze Weile nicht sehen wollen. Ich konnte sie verstehen.
Heute war Heiligabend und Mason, Dad und ich wollten beim Chinesen essen gehen. Ich föhnte meine Haare und Band sie dann zu einem ordentlichen Dutt zusammen. Dann tupfte ich ein wenig Rouge auf meine Wangen, zog mir einen dünnen Lidstrich, tuschte meine Wimpern und trug glänzenden Lipgloss auf. Zufrieden betrachtete ich mein Werk und marschierte dann in mein Zimmer. Ich kramte eine schwarze Skinny-Jeans heraus und mein schwarzes Schößchentop. Ich zog beides an und um das Outfit perfekt zu machen legte ich mir eine goldene Statement Kette um und zog schwarze Pumps an, die am Hacken goldene Verzierungen hatten.
Lange hatte ich mich nicht mehr so aufgestylt, doch ich fühlte mich gut und das wollte ich nach außen hin auch zeigen.
"Kaylee? Bist du langsam fertig? Wir wollen los!", ertönte die Stimme meines Vaters von unten.
"Ich komme!", rief ich nach unten, schnappte mir mein Handy, schmiss es in meine kleine Handtasche und lief nach unten. Dort standen mein Bruder und mein Vater bereits, beide in schwarzer Hose und schwarzem Hemd. Ich pfiff anerkennend durch die Zähne.
"Schick schick, aber jetzt sehen wir alle aus, als wollten wir zu einer Beerdigung.", lachte ich.
"Wir haben Stil.", antwortete Mason und wackelte mit den Augenbrauen.
Wir zogen unsere Jacken an, versicherten uns, dass das Licht überall aus war und verließen dann das Haus. Auf dem Weg zum Auto sah ich kurz zu Kyles Haus herüber. Das Licht brannte und ich bildete mir ein, seine Mutter am Küchenfenster zu sehen. Ich lächelte und stieg ins Auto auf die Rückbank. Ich zückte mein Handy und öffnete Whatsapp.

Kyle:
Na, seid ihr schon im Restaurant? Bei uns gibt's Karpfen😍  sehen wir uns heute Abend noch?

Ich grinste breit und tippte eine Antwort:

Ne, wir fahren gerade los. Von mir aus gerne, ich weiß aber noch nicht, wann wir zurück sind.❤️

Es dauerte keine dreißig Sekunden, bis ich erneut eine Nachricht bekam.

Alles klar. Schreib mir dann einfach. Bis später.

Bis später.x

Ich ließ mein Handy wieder in meine Tasche gleiten und ließ meinen Blick aus dem Fenster schweifen. Die Lichter der Stadt leuchteten mir entgegen und die Geräusche der fahrenden Autos beruhigten mich. Ich hatte Autofahren schon immer gemocht. Während alle anderen Kinder immer gefragt hatten, wann wir endlich da waren, hatte ich immer ganz ruhig auf meinem Platz gesessen und genossen.
"Kaylee? Wir sind da!", riss mein Bruder mich aus meinen Gedanken. Ich räusperte mich und öffnete dann die Autotür. Vorsichtig stieg ich aus, um nicht auf dem glatten Eis auszurutschen. Mason hielt mir den Arm hin und ich hakte mich dankbar bei ihm unter. Zu dritt schlenderten wir auf das kleine Chinarestaurant zu. Dad öffnete die Tür und dann traten wir ein. In weniger als drei Sekunden stand eine kleine zierliche Chinesin vor uns.
"Guten Abend,", sagte sie mit einem leichten Akzent, "ein Tisch für drei?", fuhr sie fort. Wir nickten bloß und sie bat uns, ihr zu folgen. Sie führte uns in eine gemütliche Ecke direkt an einer bunten Glasscheibe.
"Darf ich Ihnen schon etwas zu Trinken bringen?"
Dad und Mason bestellten sich ein Bier, während ich ein Glas Rotwein wollte. Wir zogen unsere Jacken aus und hingen sie über die Stühle. Als wir saßen griff Mason nach der Cocktailkarte.
"Also davon könnte ich nachher auch noch einen vertragen.", meinte er nach einer Weile. Ich wollte gerade antworten, als die Chinesin mit unseren Getränken kam.
"Was möchten Sie essen?", fragte sie.
"Das Buffet, dreimal."
"Okay. Sie finden das Buffet um die Ecke.", die Kellnerin lächelte uns kurz zu und verschwand dann. Dad, Mason und ich standen auf und gingen zum Buffet. Mason und Dad nahmen sich einen Teller und klatschten alles rauf, was irgendwie mit Fleisch zu tun hatte. Ich fing erstmal mit einer Suppe an. Vorsichtig balancierte ich meine Schüssel zu unserem Tisch. Dad und Mason stellten ihre Teller ab, liefen aber noch einmal zum Buffet. Konnten sie nicht erstmal eine Portion aufessen?
Als die beiden wiederkamen, fingen wir an zu essen. Die Suppe schmeckte absolut köstlich! Wir sollten öfter zum Chinesen gehen. Vielleicht hatte Kyle ja Lust, demnächst mal mit mir essen zu gehen. 
"Du, Dad...?", setzte ich an.
"Mhm?", mit vollem Mund sah er mich an. 
"Wäre es okay, wenn Kyle heute Abend noch zu uns rüberkommt?" Dads Augen weiteten sich und er blickte irritiert. 
"Wieso?"
"Wir würden uns gerne noch sehen."
"Kaylee, eher wir Zuhause sind, ist es bestimmt schon um zehn. Was soll ein Junge bitte um die Uhrzeit bei dir?" Mason kicherte, wofür ich ihm untern Tisch einen Tritt gegens Schienbein verpasste. 
"Bitte, Dad."
"Hast du mir was zu sagen? Wenn er nur ein Freund von dir wäre, dann würdest du doch nicht wollen, dass er so spät zu dir kommt. Oder doch? Hab ich irgendwas verpasst?", ich musste schmunzeln. Mein Vater sah mich erwartungsvoll an.
"Es ist noch ganz frisch-"
"Ach du heilige Scheiße, warum hast du mir das noch nicht erzählt? Mason, wusstest du davon?" Mason zuckte die Schultern und schob sich ein Stück Leber in den Mund. 
"Dad, das ist doch nicht mein erster Freund."
"Ja, aber es ist Kyle Jackson, du hast schon im Sandkasten mit ihm gespielt! Oh Gott, ich hab dich mit Partys auf ihn gelassen, wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich das doch nicht erlaubt. Wer weiß was alles passiert ist, wenn du auf einer Party übernachtest hast..."
"Dad!", ich schlug ihn über den Tisch auf den Arm, "Das mit Kyle und mir geht schon eine Weile hin und her, es ist nur erst seit Kurzem offiziell. Und es ist nichts zwischen uns passiert, über das du dir Sorgen machen müsstest!", ich verschwieg natürlich, dass ich das sehr bedauerte. 
"Du kannst mir vertrauen.", fügte ich noch hinzu. Dad schien zu überlegen. Ich hielt den Atem an.
"Gut, er kann heute Abend noch vorbeikommen. Aber ich werde wach bleiben, bis er wieder geht und ab und zu mal ins Zimmer kommen."
"Daaaaad.", maulte ich.
"Keine Widerrede."
"Klopfst du wenigstens?"
"Natürlich." Nun mischte Mason sich in die Diskussion ein.
"Dad, du lässt Kaylee auf Partys gehen und bei allen möglichen Leuten übernachten, mach doch dann nicht so ein Drama, wenn abends mal ein Typ zu ihr kommt.", ich lächelte Mason dankbar an. Er war wirklich der beste Bruder der Welt. Dad antwortete nicht, aber ich wusste, dass er nachgegeben hatte. Entspannt aßen wir weiter.

Kiss Me Softly (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt