First Dates.

44 4 4
                                    

Wieder ein langes Kapitel! (2752 Wörter)


Die Stimmung im Auto war...angespannt. Aber wir waren dann endlich da. In einem Restaurant in der Mitte meines Heimatortes und Berlin.

"Um 12 Uhr bin ich wieder da.", sagte Florian und fuhr los, da hatte ich die Tür noch gar nicht richtig zugeschlagen. Ich sah ihm hinter her und bekam einen Stein im Magen. Für einen Moment war ich mir unsicher, ob ich das hier wirklich durchziehen sollte. Wäre es nicht einfacher, bei den Regeln meines Vaters mitzuspielen?

"Dein Bruder hat dich geschlagen?"

Ich schloss meine Augen und unterdrückte die Tränen. Misha griff nach meiner Hand und zog mich mit. Verwirrt sah ich zu ihm auf. 

"Das ist unser erstes Date.", erklärte er schmunzelnd, "Ernste Gespräche über Geheimnisse sind erst später dran, oder?"

Ich lachte erleichtert auf. 

"Was ist dann Inhalt eines ersten Dates?" 

Ich hatte tatsächlich kaum Ahnung vom daten. Wie das ablief. Für gewöhnlich kannte ich die Menschen, mit denen ich eine Beziehung eingehen wollte, schon sehr lang oder ich schlief zuerst mit ihnen und lernte sie im Nachhinein kennen. Mit Misha funktionierte beides nicht. Ich wollte es richtig machen, nicht versauen. Und meine Erfahrungen zeigten, dass ich es mit meiner gewöhnlichen Strategie immer versaut hatte.

Er zog überlegend die Augenbrauen zusammen und ließ dann plötzlich meine Hand los. 

"Peinlich berührtes nebeneinander her laufen.", erklärte er ernst, "Small Talk. Ab und zu tauscht man einen Blick und wird rot."

Ich spürte, wie mein Lächeln mit jedem seiner Wort wuchs. Und als er mich heimlich aus den Augenwinkeln betrachtete, lachte ich auf. 

"Ich bin zu alt für den Scheiß."

"Sarah!", rief er aus und griff wieder nach meiner Hand, "Man ist niemals für etwas zu alt."

Ich atmete tief ein und aus und genoss das sanft kühle und weiche Gefühl in meinen Lungen. Die Luft im Winter war allein schon magisch. Doch jetzt, wo Misha meine Hand hielt und einen warmen Gegenpol bildete, war ich der festen Überzeugung, dass es nichts gab, was magischer war. Und ich ließ mich vollkommen darin fallen. 

Meine Finger schmiegten sich an seinen Handrücken und ich blickte zu ihm auf. Er sah müde aus und auch, wenn er glücklich lächelte, schien ein Schatten über seinen Augen zu liegen. Ich sah hastig wieder nach vorn. Die gleiche Trauer, die ich schon in Washington gesehen hatte. Als wir in das Restaurant traten und einen kleinen Tisch am Rand suchten, war ich am überlegen, ob ich ihn darauf ansprechen sollte. Schließlich war das ja auch der Grund, weshalb ich überhaupt auf ihn aufmerksam geworden war. Weshalb wir überhaupt an diesem Punkt waren.

Er nahm mir den Mantel von den Schultern und ich half ihm mit seinem. Schmunzelnd setzte er sich und ich sah Belustigung darin. 

"Was ist?" 

Er öffnete gerade den Mund und wollte antworten, als ein Kellner heran kam und uns die Kerze anzündete. 

"Danke.", sagte ich lächelnd und der junge Mann wünschte uns einen schönen Abend. Erst jetzt setzte ich mich und sah Misha abwartend an. Noch immer zierte dieses belustigte Schmunzeln seine Lippen und als er mich ansah, steckte irgendetwas dahinter, was ich nicht einordnen konnte. Das hasste ich. 

"Komm schon.", ich stieß ihn unter dem Tisch mit dem Fuß gegen sein Schienbein und er lachte kurz auf. 

"Misha.", drängte ich, konnte dabei aber nicht ernst bleiben. So sehr ich es auch versuchte. Er leckte sich über die Lippen, sah auf die Kerze zwischen uns und als er mich wieder ansah, lag so viel Sanftheit und Dankbarkeit darin, dass ich überrascht zurück zuckte. 

Little AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt