Wir blieben noch bis in den späten Nachmittag bei den Ackles, aber verließen sie dann vor dem Abendbrot. Sie wollten mich wieder umarmen, aber ich hatte schon allein damit zu tun, dass sie in meiner Nähe waren, sodass ich bei all den Umarmung und all dieser Herzlichkeit vermutlich in Ohnmacht gefallen wäre. Also streckte ich ihnen meine Hand entgegen und sie nahmen sie freundlich lächelnd entgegen. Sie waren nicht nur freundlich und verstehend- nein! Sie waren noch dazu vergebend. Wie sollte ein Mensch so viele positive Dinge gleichzeitig ertragen?!
Misha schien sich ganz eindeutig an meiner Unbeholfenheit zu erfreuen.
"Du findest das lustig?", zischte ich ihm zu, als wir vom Gelände liefen. Er griff nach meiner Hand und nickte.
"Du erinnerst mich ein bisschen an mich selbst."
"Als ob!", brachte ich hervor, "Du bist ganz sicher von Anfang an mit Selbstbewusstsein auf alle zugegangen."
"Vielleicht wirkte es so.", antwortete er nur und sein Blick änderte sich. Ein Ruck fuhr durch meine Brust. Die Trauer- sie war zurück. Automatisch legte ich meine freie Hand auf seine Brust, aber als er es realisierte, schlug er sich hastig weg. Es tat weh. Auch, wenn ich wusste, dass er sie wegstieß, weil er genauso wenig damit umgehen konnte, was vor zwei Tagen im Taxi passiert war- diese Zurückweisung meiner Hilfe tat weh. Er schluckte und blickte stur nach vorn. Hastig zwang ich mich, das nicht persönlich zu nehmen. Er hatte nicht mich abgewiesen, sondern diese gruselige scheiße, die ganz eindeutig nicht in unsere Realität gehörte.
Wir stiegen in seinen Wagen und fuhren los.
"Okay...", begann er und ich blickte ihm erleichtert entgegen. Er warf mir einen belustigten Blick zu: "Du trägst gerade eine Hose und ein T-shirt von mir."
Ich blickte an mir hinab. Nur der Gürtel von ihm verhinderte, dass ich nicht untenrum nackt dagestanden hatte. Während wir bei Mishas Freunden zu Besuch waren, war ich so abgelenkt von allen anderen Eindrücken, dass ich gar nicht auf dem Schirm hatte, wie lächerlich ich aussah.
"Ein Wunder, dass sie mich nicht ausgelacht haben.", brachte ich lachend hervor.
"Ich finde es steht dir. Und ich denke, sie haben das gleiche gedacht."
Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Blödsinn! Aber als seine blauen Augen meinen Blick trafen, erkannte ich nicht die reinste Belustigung darin. Er meinte das ernst!
"Aber ich kann verstehen, wenn du eigene Klamotten haben willst.", sagte er lächelnd und bog in eine Straße ein, "Wie sieht's aus- Lust auf shopping?"
"Heilige scheiße, nein.", lachte ich. Jetzt grinste er und es war ganz eindeutig Schadenfreude.
"Du quälst mich!"
Seine Augenbraue zuckte hoch und sein Grinsen wurde dunkler. Eine Gänsehaut walzte über meinen Rücken und mir stieg Hitze in den Bauch. Langsam arbeitete sie sich in meine Brust und ...nach unten. Ich biss mir auf die Unterlippe- also jetzt war der absolut falscheste Zeitpunkt für solche Gefühle. Nein! Als hätte Misha meine Gedanken gelesen, griff er nach meiner Hand. Aber nur, weil er meine Gedanken lesen konnte, hieß das nicht, dass er mich beruhigen wollte. Oh nein. Sein grinsen schrumpfte zwar zu einem sachten Lächeln, aber seine Hand offenbarte ganz andere Gefühle. Langsam arbeitete sie sich von meiner Hand zu meinem Oberschenkel. Bestimmt griff er zu, nur um kurz danach sanft über meiner Innenseite zu streichen. Ich konnte ein Aufatmen nicht verhindern und presste meine Oberschenkel zusammen. Meine Hände krallten sich in den Sitz.
"Misha.", keuchte ich und sah ihn verzweifelt an. Aber er löste nicht den Blick von der Straße. Seine Finger arbeiteten sich langsam weiter Richtung Mitte. Hitze stieg mir ins Gesicht und mein Herz schlug jetzt heftig und schnell. Gerade bogen wir in eine Tiefgarage ein und er musste jetzt beide Hände ans Lenkrad legen. Zum Glück, sonst wäre ich vollkommen verzweifelt.Ich fühlte mich etwas wie "pretty women" und als ich mit Misha Hand in Hand durch die Straße lief überkam mich ein so heftiges Wohlgefühl, dass ich ein auflachen nicht verhindern konnte. Ich trug noch seine Kleidung und hatte höchstwahrscheinlich die tiefsten Augenringe, die je ein mensch gesehen hatte. Und Misha? Der sah noch immer blau und lila aus. Und trotzdem zog sich mein Kinn Stück für Stück höher. Ein Rausch Selbstbewusstsein floss durch meine Adern und ich fühlte mich noch nie so schön und so begehrenswert, wie in diesem Moment. Noch nie so sicher! In diesem Moment hätte meine Geschichte vorbei sein können. In diesem Moment hätte alles auf diese Weise weiter laufen können. Langweilig, kitschig, rosarot. Und in diesem Moment dachte ich auch, dass es für immer so sein würde. Aber das Leben läuft anders. Oder eher gesagt, mein Leben.
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Little Angel
FanfictionPAUSIERT Eingesperrt. Sarah war eingesperrt. Familie, Freunde, Arbeit- das alles hatte eine andere Bedeutung für sie. Mit 26 Jahren begab sie sich zum ersten Mal in die Weite der Welt, nur um feststellen zu müssen, dass die Größe Washingstons nichts...