Aquarium

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Wir hatten schon immer ein Aquarium. Als ich ein Kind war, wirkte es immer so strahlend hell. Besonders, weil keine andere Familie, die ich kannte eins besaß. Ich fand es schön.

Ich bin mit meinen Vater immer in die Fischabteilung beim Baumarkt gegangen. Voller Erstaunen über all diese schönen Farben und Formen. Ich wollte alle haben.

Früher hab ich meine Nase an der Scheibe platt gedrückt. Mich gefragt ob sie mich sehen können. Habe mit meinem kleinen Finger gegen die Scheibe geklopft, manchmal gehauen, obwohl ich es nicht durfte. Ich habe nicht begriffen, dass diese kleinen zarten Fische auch Tiere sind, die fühlen.

Manchmal habe ich meine Hand ins Wasser gesteckt, sodass kleine Schnuten meine Haut striffen und habe manchmal sogar einen kleinen Körper in meine Hand geschlossen und rausgeholt. Das arme Tier hat gezappelt und glänzte, fühlte sich so glatt an. Hatte es Angst?

Ich war immer traurig, als einer von uns ging und habe doch mit Interesse und Faszination und halber Belustigung beobachtet wie sich sein Körper langsam auflöste und sich seine Kameraden einen Happen genehmigten. Meine Vater hatte nicht immer Zeit.

An manchen Tagen habe ich ihr Futter genommen und durch meine Finger rieseln lassen. Sah zu wie diese hauchdünnen Plätchen langsam nach unten schwebten. Ich hatte immer viel zu viel hineingetan.

Als unsere Katzen noch jung waren, saßen sie davor. Mit voller Erstaunen und Neugierde haben sie versucht die sich vorbeiziehenden Wesen zu schnappen. Und auch wenn Glas dazwischen war, gaben sie erst auf, wenn ihnen die Lust verflog.

Doch mit den vorbeiziehenden Jahren wurde ich älter und mit ihr alles andere. Das einst so strahlende mit Wasser befüllte Glashaus wirkte nun so fad und verwahrlost. Und verwahrlost war es. Der Wasserpegel ist gesunken, reichte nicht mehr zum Holzdeckel. Die Wasserfarbe war braun und ungesund. Die Pflanzen waren nicht mehr ganz so grün. Die Fische wirkten farblos und trist. Und da waren so viele mit der Zeit. Braune Fäden schwebten durchs Wasser und Dreck versammelte sich am Boden.

Meine Interesse verlor und schon bald war das Aquarium eine vergessene Antiquität. Ich habe es wahrgenommen, aber nicht mehr gesehen.
Mein Vater sitzt meist davor und starrt es an, während er ab und zu aus seiner dampfenden Kaffeetasse trinkt. Ich verstand nicht mehr, warum er es behielt. Aber ich war froh darüber, denn es machte ihn glücklich.
Und dann eines normalen Tages kam ich aus meinem Zimmer und atmete den frischen fischigen Geruch ein.

Mein Vater macht das Aquarium neu. Alle Fische in einen Eimer und alle Steine hinaus. Abspülen, neue Steine hinein, neue Anordnung, neue Pflanzen und alte Fische. Es sah nun wieder schön aus.

Und mein Vater ging mit mir zum Baumarkt und wir gingen zu den Fischen und suchten ein paar aus, welche wieder etwas Farbe hineinbrachten. In den nächsten kam mein Vater immer wieder mit welchen an.

Und ich entwickelte eine neue Faszination. Ich saß für ein paar Minuten da undstarrte wie mein Vater entspannt hinein. Beobachtete und dachte nach.

Nun ist es fast 0 Uhr. Ich hatte heute einen Streit mit meiner Mutter und sitze vor diesem Aquarium. Und sehe wie es langsam wieder verwahrlost.

Es beruhigt mich. Das sanfte und manchmal schnelle hin und her gleiten. Das Geräusch der Pumpe. Das Licht, welches das einzige ist was scheint. Es beruhigt mich und lässt mich vergessen.
Ich verstehe meinen Vater.

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