~ Liam ~
Erschrocken setzte ich mich auf. Ich lag auf dem Boden, ich musste wohl eingeschlafen sein. Ich fühlte mich, wie so oft, kein bisschen ausgeruht. Wie viel Zeit mochte wohl vergangen sein? Bestimmt mehrere Stunden, auch wenn es sich anfühlte, als wären kaum fünf Minuten vergangen. Ich erinnerte mich, dass ich auf dem Weg zu den Klippen war. Aber warum? Genau, weil Zayn nicht kam, um mich abzuholen. Ich stand auf und versuchte, die Orientierung wieder zu finden. Als ich ungefähr einschätzen konnte, wo ich war, ging ich weiter. Ich fühlte mich nicht gut, aber das würde ich doch sowieso nie mehr so richtig, oder? Zayn liebte mich nicht. Ich würde nie mit ihm glücklich werden. Eigentlich war es albern, dass ich weggelaufen war, ich hätte gleich Tabletten nehmen sollen. Das wäre schneller gegangen. Aber ich war ja so ein Schisser und wollte mehr Zeit. Ich hatte Angst, wie ich dieses verdammte Gefühl hasste. Die Angst versaute mir einfach alles! Zuerst hatte ich zu viel Angst, Zayn einfach anzusprechen, ich musste mich erst betrinken, dann hatte ich zu viel Schiss davor, ihm zu sagen, dass es so nicht weiterging und nun verkackte ich auch noch meinen Abgang! Das musste aufhören. Heute würde ich endlich am Rand stehen und den Schritt in die Leere machen. Heute würde ich den Arsch zusammenkneifen und springen. Heute würde ich vielleicht endlich beweisen, dass ich nicht so verdammt weich war, dass ich nichts allein konnte. Wieso hatte ich nur Louis angerufen? Wieso hatte ich die beiden nicht im Ungewissen gelassen? Ich hätte es schaffen können. Ich hätte es beenden können. Aber ich hatte es nicht geschafft. Oder? War es vielleicht auch schon ein Erfolg, dass ich einfach weggelaufen war? Vielleicht war ich ja doch nicht so ein riesiger Schisser und konnte noch mal neu anfangen. Nein! Nein, verdammt! Es konnte doch nicht sein, dass ich schon wieder dabei war, mich umzuentscheiden! So langsam konnte ich verstehen, dass Zayn nicht wirklich etwas von mir gewollt hatte. Ich war so verdammt unentschlossen! Festen Schrittes machte ich mich wieder auf den Weg, aber je näher ich den Klippen kam, desto langsamer und zögerlicher wurden meine Schritte. Zwischendurch ging ich etwas schneller, aber ich verfiel schnell wieder in die alte Zögerlichkeit. Ich meine, mein Leben wäre beendet, wenn ich springen würde. Ich könnte nichts mehr rückgängig machen. Es wäre die letzte Entscheidung, die ich je treffen würde. Konnte ich sie einfach so treffen, weil ich nicht unentschlossen sein wollte? Ganz ehrlich, ich wollte ja weiterleben und alles besser machen, aber ich glaubte halt nicht, dass es möglich war. Es würde niemand kommen und die Vergangenheit löschen. Könnte ich damit leben, immer diese Erinnerungen an mich zu haben, als ich schwach war? Würde ich überhaupt stark werden? Nein. Ich würde es nicht riskieren. Tot nützte ich allen mehr, da war ich sicher. Nur ein Teil meines Gehirns wollte es nicht akzeptieren und dieser Teil hielt mich davon ab, mich auf der Stelle hinunter zu stürzen, als ich an der Kante stand.
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Die Klippen waren hoch, verdammt hoch. Es gab einen Zaun, der allerdings nicht sehr stabil aussah. Ich müsste ihn leicht entfernen können. Außerdem stand er nicht direkt am Rand, also würde es vielleicht schon reichen, wenn ich drüberklettern würde. Dann würde es vielleicht noch nicht mal sofort jemand merken, der mich wiederbeleben würde oder so. Es gab ja immer wieder Leute, die sowas konnten und in einer Gegend, die für Selbstmörder so gut wie geschaffen war, wäre es denkbar, dass es eine Art Wachpatrouille gab oder so. Ich kletterte über den Zaun und war erstaunt, wie schnell ich auf der anderen Seite stand. Meine Schuhspitzen ragten über die Kante der Klippe und ich konnte unten einen schmalen Streifen Strand ausmachen, der zeitweise von Wellen überschwemmt wurde. Es war traumhaft schön, allerdings hatte diese Schönheit etwas schrecklich endgültiges. Als könnte nichts, was einmal den Weg hierher gefunden hatte, jemals wieder zurück, wenn es den Zaun passiert hatte. Tja, am Zaun war ich schon vorbei, also gab es wohl auch für mich kein Zurück mehr. Nein, es hätte sowieso keines gegeben. Als würde ich umkehren, wenn ich an der Kante stand. Ein Schritt und mein Leben wäre beendet. Ein Schritt und mein Körper könnte fliegen, bevor die Schwerkraft ihn zurückzog und dann könnte nur noch meine Seele fliegen. Vielleicht würde meine Seele aber auch im ewigen Dunkel versinken. Moment mal, wer hatte eigentlich behauptet, dass nach dem Tod etwas besseres wartete? Jeder. Jeder, der sein Leben hasste, glaubte fest daran, dass der Tod etwas besseres bereithalten würde. Aber was, wenn die Strafe eines Selbstmörders wäre, dass nach dem Tod etwas extrem grausames wartete? Schreckliche Schönheit. Das passte, es war so ironisch. Meine Stimmung war mal wieder auf dem Tiefpunkt angelangt. Ich sollte wirklich springen. Ich sollte es beenden. Es wäre das Beste, für alle. Komm schon, spring! Mach einen Schritt nach vorn, nur einen einzigen! Wenn du einen Schritt nach vorn gehst, ist es vorbei. Keine Schmerzen mehr. Du wirst sterben. Es ist endgültig. Mein Herz hämmerte ich Takt zu den Fakten, mit denen mich mein Gehirn überschüttete. Ich wollte einen Schritt machen, aber ich konnte es nicht. Es war, als wäre mein Fuß a, Boden befestigt. Ich konnte nicht. Aber ich musste! Mein Fuß löste sich vom Boden. Langsam führte ich ihn so weit nach vorne, dass er über dem Abgrund schwebte. Ich sollte loslassen. Mein Gewicht verlagern. Komm schon, Liam, das hattest du schon millionen Mal gemacht, dieses eine Mal konnte doch nicht so schwer sein! Und ich tat es. Ich verlagerte mein Gewicht, sodass ich nach vorne kippte. Und dann fiel ich. Ein entsetzter Schrei war alles, was ich hörte, bevor ein dumpfer Aufschlag nach einer Ewigkeit meinen Fall bremste und die darauffolgende Schwärze alle Geräusche zu nichts werden ließ. Ich hatte nicht mal Schmerzen. Aber war ich so glücklicher?
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Ich wusste nicht, wo ich war. Was war nur passiert? Ich lag auf etwas hartem. Boden, vermutete ich. Es herrschte eine gruselige Stille, die nur von einem leisen Rauschen durchbrochen wurde. Es erinnerte mich an das Meer, aber ich konnte mir nicht vorstellen, was ich am Meer tun sollte. Außerdem, war nicht am Meer immer weicher weißer Sand, auf dem man nur schwer rennen konnte und der einem überall am Körper klebte, wenn man sich hinein legte, wenn man nass war oder sich mit Sonnencreme eingeschmiert hatte. Das, was ich fühlte, konnte nur schwer als Sand durchgehen und weich war es schon gar nicht. Vielleicht konnte ich einfach aufstehen und weggehen? Es gefiel mir hier nicht, ich wollte woanders hin. Komischerweise konnte ich keinen Muskel bewegen, gar nichts rührte sich. Was war nur passiert? Sehen, vielleicht konnte ich sehen, wo ich war und wieso ich mich nicht bewegen konnte. Aber auch meine Augen schienen aufgegeben zu haben. Langsam bekam ich Panik. Was, wenn ich den Rest meines Lebens so verbringen musste? Das wollte ich nicht, es war langweilig und ungemütlich hier. Ich versuchte, etwas zu riechen, aber das funktionierte genauso wenig, wie schmecken. Hören konnte ich nach wie vor nur das Rauschen, was ich für das Meer hielt. Verdammt, wo waren die anderen Milliarden von Menschen, wenn man sie mal brauchte? Sonst traf man immer mindestens einen, wenn man niemanden sehen wollte und nun hätten meinetwegen tausende um mich herumstehen und gaffen können, solange mir nur jemand half. Ich konnte doch nicht für den Rest meines Lebens hier liegen bleiben! Oder... war ich vielleicht tot? Ja, das musste es sein. Der Tod fühlte sich nicht schön an, langsam begann mein Körper zu schmerzen, weil ich schon so lange auf diesem merkwürdig harten Boden lag. Konnte man nach dem Tod Schmerzen haben? Und wieso war ich überhaupt tot? Ich stöberte in meinen Erinnerungen, bis ich eine fand, die einen blonden Jungen zeigte, der mir bekannt vorkam. Niall! Ich wusste sogar seinen Namen! Er... er lebte in Irland... und er hatte mich aufgenommen, nachdem er mir das Leben gerettet hatte! Genau! Aber, wenn er mich gerettet hatte, konnte ich doch nicht tot sein! Ich hatte bei ihm gelebt... und dann hatte ich ihm einen Krankenwagen gerufen, weil er Drogen genommen hatte... und dann hatte ich auf Zayn gewartet. Aber der war nicht gekommen, also war ich... Wo war ich dann hingegangen? Wo würde jemand wie ich hingehen, wenn er niemanden hätte, der sich für ihn interessiert? ...zu den Klippen. Ich war zu den Klippen gegangen. Und jetzt wusste ich auch, woher die immer schlimmer werdenden Schmerzen kamen. Ich war gesprungen.
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Tut mir leid, dass ihr so lange warten musstet, ich hatte viel zu tun, jetzt habe ich es aber endlich doch noch geschafft, zu updaten. Ich hoffe, es gefällt euch. Das nächste Kapitel kommt so schnell wie möglich, versprochen!
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Just like a pill (Ziam FF)
Fanfiction"I swear, you're just like a pill, instead of making me better, you keep making me ill." Liam bekommt jeden Samstagabend Besuch von seinem Vergewaltiger Zayn Malik. Dem Jungen, den er liebt und deswegen nicht verpfeift. Dem Jungen, den er braucht. D...