20. Back in town

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"Sicher, das du fahren kannst?", frage ich Agus, als wir an seinem Auto ankommen.

Seine Werte über die Nacht waren in Ordnung, weswegen wir pünktlich mit dem Flugzeug fliegen konnten. Trotzdem mache ich mir Sorgen. Ich hab mich gestern die ganze Nacht lang belesen, wollte mir noch ein paar Infos zu seiner Situation holen. Ich spiele sogar mit dem Gedanken einen meiner Professoren zu befragen. Prof. Dr. Baxter ist Neurochirurg. Wenn jemand helfen könnte, dann er.

"Du hast die Ärzte gehört, mir geht es soweit wieder gut, den Flug über hatte ich auch keine Beschwerden. Ich kann das mittlerweile gut einschätzen", versichert Agustín mir und ich glaube ihm. Er wird schon wissen, was er machen kann und was nicht.

Deswegen nicke ich nur und lasse ihn dann auf der Fahrerseite einsteigen.

"Du wirst doch Chiara nichts sagen, oder?", bittet er mich indirekt um erneute Verschwiegenheit.

"Ich werde schweigen. Wenn, dann solltest du ihr das sagen."

Ich will es Chia nicht verschweigen, aber es ist nicht meine Sache.

"Du hast ja Recht. Ich bringe es aber nicht übers Herz. Vielleicht bin ich irgendwann bereit, aber noch nicht jetzt."

"Schon gut, wie gesagt, ich werde ihr nichts erzählen."

Ich kann mir vorstellen, was für eine Überwindung ihn das kosten würde. Man kann es zwar nicht miteinander vergleichen, aber mir fällt es ebenfalls schwer über meine Vergangenheit mit jemanden zu reden. Nicht mal Valentina konnte ich es bisher sagen. Nicht, weil ich ihr nicht vertraue, sondern eher aus Angst vor ihrer Reaktion.

Man merkt sofort, das Valu und ich nicht auf einer Ebene sind und ich glaube meine Vergangenheit würde den Unterschied nur weiter untermauern und das will ich nicht. Aber Ehrlichkeit ist immer der beste Weg, vielleicht sollte ich deswegen doch endlich mal mit offenen Karten spielen. Sie hätte es verdient.

Agustín und ich verbringen die Fahrt bis zu mir weitestgehend schweigend. Ich will ihn nicht ablenken, er soll sich auf den Verkehr konzentrieren.

"Tut mir leid, dass dein Geburtstagsgeschenk nicht so geklappt hat", entschuldigt er sich bestimmt schon zum fünften mal oder so.

"Gesundheit geht vor und die Bears haben gewonnen, also alles gut."

Erleichtert atmet er durch, hält mir seine Hand hin.

"Auch wenn wir einen holprigen Start hatten, hoffe ich, wir können in Zukunft Freunde werden."

"Aber natürlich", schlage ich ein, "Chia wird sich freuen."

"Ich glaube sie wird dich dann sofort anrufen um zu überprüfen, ob es wirklich stimmt", witzelt Agus, wobei ich mir das so bei Chiara durchaus vorstellen könnte.

Wir verabschieden uns voneinander und ich schließe unten die Tür auf, ehe ich nach oben bis zu meiner Wohnung gehe. Valentina habe ich nicht geschrieben, wann genau ich wieder da bin. Theoretisch müsste sie noch Zuhause sein. Wirklich Lust auf diese Familienfeier habe ich nicht, aber Valu macht es glücklich und für sie mache ich das gern.

Ich schließe leise die Wohnungstür auf und mache sie wieder hinter mir zu. Aus den Schlafzimmer dröhnt laute Musik und die Stimme meiner Freundin ist zu hören. Das macht sie immer, wenn sie alleine ist. Ich habe sie schon ein paar mal dabei erwischt, dann wird es sofort lachend abgestritten.

Ich ziehe meine Schuhe noch im Flur aus, ehe ich Richtung Schlafzimmer gehe. Valentina steht fertig angezogen, jedenfalls gehe ich davon aus, vor dem Spiegel.

"Wow", staune ich und wir sehen uns durch den Spiegel an. Jedoch nur einen kurzen Augenblick, denn Valu dreht sich herum und fällt mir in die Arme. Sofort lege ich meine Hände an ihren Rücken.

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