39. Back to the ex?

56 8 8
                                    

Und wieder eine Pleite. Das vierte Date und schon wieder ist sie nichts für mich. Vielleicht waren sie auf ihren Profilen scheinbar perfekt für mich, aber die Realität sieht anders aus. Dort vergleiche ich jede mit Chiara und Chiara gewinnt immer, gegen jede. Ich gebe die Sache mit den Dates für die nächsten Wochen erstmal auf. Im Vordergrund steht ein besinnliches Weihnachtsfest, mit Chiara und Agus. Chiaras Eltern und auch Agus' Familie kommen vorbei, das steht schon fest. Eigentlich wollte ich nicht dabei sein, aber meine beste Freundin besteht darauf und ihr kann ich keinen Wunsch abschlagen, egal, wie komisch ich die Konstellation finden werde. 

"Wieder ein Reinfall?", kommt Chiara gerade von einem Spaziergang mit dem kleinen, während ich schon wieder Zuhause bin. 

"Ja, es hat einfach nicht gepasst", zucke ich mit den Achseln, stehe auf und nehme ihr Agustín ab, damit sie sich umziehen kann.

"Na mein Kumpel, alles klar?", grinse ich ihn an und mit einem verleierten Blick versucht er mir zu antworten. 

"Schon okay, ich verstehe dich auch ohne Worte", zwinkere ich ihm zu, ziehe ihm seine Wintersachen aus, da es in der Wohnung warm genug ist. Ohne zu murren lässt er es über sich ergehen, wofür ich dankbar bin. Es gibt auch Tage, da fängt er an hysterisch rumzuschreien und rumzufuchteln, sodass man ihm die Kleidung weder an- noch ausziehen kann. 

"Woran ist es diesmal gescheitert?", will Chia wissen, als sie wieder bei uns im Wohnzimmer ist. 

"Sie war nicht mein Typ. Ich merke das relativ schnell, ob es klappen würde oder nicht."

Nur bei Chiara habe ich Jahre gebraucht um zu verstehen, dass da mehr ist als Freundschaft. 

"Du hast vielleicht nur zu hohe Ansprüche", neckt sie mich, setzt sich zu uns auf den Boden.

"Ich habe nicht mal Ansprüche, aber wenn es menschlich nicht passt, was soll ich dann machen?"

"Dann müssen wir wohl einen Klon von mir finden, denn menschlich, so wie du es ausgedrückt hast, passt es ja zwischen uns."

"Bitte nicht zwei von dir, du allein reichst mir."

"Naaawwww, ich liebe dich auch", drückt sie mich grinsend, widmet sich dann ihrem Sohn.

"Dich liebe ich auch", kitzelt sie den Kleinen, der zu lachen beginnt.

Und wie ich sie liebe. 

---

Es ist der schönste Ort dieser Welt. Einfach nur auf dem Sofa chillen, Chiara neben mir und der Kleine liegt in meinen Armen. Dort schlummert er friedlich, während die Blondine nach Weihnachtsgeschenken im Internet sucht. Sie will sich bei Agus Eltern und seiner Schwester bedanken, für die bedingungslose Unterstützung. Ich glaube für sie war der Verlust ebenso schlimm, trotzdem haben sie alles gegeben für Chiara, damit ihr der Start ins Eltern Dasein nicht so schwer fällt.

"Was wünscht du dir eigentlich?", lässt mich ihre Frage hochschrecken. 

Ich bin zwischenzeitlich abgedriftet und habe wie Agus geschlafen, dementsprechend zucke ich aufgrund ihrer Stimme zusammen.

"Ich wünsche mir nichts, ich habe alles was ich brauche."

"Ach komm schon, es muss doch irgendwas geben, was du haben willst. Du hast mir so viel geholfen, ich erfülle dir jeden Wunsch."

"Chia, ich bin wunschlos glücklich."

"Wirklich? Meinst du nicht, es gibt irgendwas, was du schon immer haben wolltest?"

Außer dich seit einiger Zeit? Nein. 

"Ich bringe den Kleinen mal ins Bett", weiche ich aus, stehe vom Sofa auf und bringe Agus in sein Bettchen. 

"Na schön, dann suche ich eben alleine etwas für dich", streckt sie mir noch die Zunge raus, ehe ich das Wohnzimmer verlasse. Ich brauche unbedingt etwas Abstand, wenigstens für fünf Minuten. 

Letztlich bleibe ich bestimmt zwanzig Minuten bei meinem Patenkind. Einfach weil ich wahnsinnig verrückt nach ihm bin und weil ich es nicht mehr so lange in Chiaras Nähe aushalte. 

Als ich wieder ins Wohnzimmer komme ist Chiara noch immer an ihrem Laptop, ein breites Grinsen im Gesicht. 

"Kann man dir helfen?", ziehe ich belustigt eine Augenbraue nach oben und sie klopft neben sich, wo ich mich niederlasse. 

"Ist das nicht verdammt süß?", zeigt sie mir einen Babystrampler und die Art, wie ihre Augen dabei leuchten, macht mich verrückt. Ich kann nicht von ihr wegschauen, bin wie gefesselt. 

"Soll ich den kaufen? Klamotten kann er doch nie genug haben, oder?"

"Mhhh", bekomme ich kein Wort heraus, kann nur diese blonde Schönheit ansehen, die sich nun zu mir dreht. 

"Alles okay?"

Verdammt, ich kann nicht mehr an mich halten!

Ich beuge mich zu ihr rüber, küsse sie einfach. Jedoch höre ich sofort auf, da sie ihn nicht erwidert.

"Ich-es...es- es tut mir leid", springe ich von der Couch auf, Chia sieht mich verwirrt an.

"Ich muss hier weg", sage ich noch, ehe ich zur Tür rausstürme. 

Ich hab alles versaut. Wieso komme ich auch auf diese bekloppte Idee, sie einfach zu küssen? Warum kann ich mich nicht einmal zusammenreißen? Vollkommen durch den Wind laufe ich durch die Straßen, versuche mich zu sammeln. 

Das wars, ich kann nicht mehr zurückgehen. Ich werde ausziehen und den Kontakt minimieren. Ich werde sie damit überfordert haben und jetzt ist sie verwirrt. Ich bin auch absolut verwirrt und ich kann das auch nie wiedergutmachen.

Als ich auf mein Handy schaue, habe ich zahlreiche verpasste Anrufe von Chiara. Ich kann mich ihr jetzt nicht stellen. Ich schäme mich in Grund und Boden. Außerdem würde sie das nicht verstehen. 

Ich selbst verstehe es ja auch nicht. Keine Ahnung ob es Liebe ist, aber mehr als Freundschaft auf jeden Fall. 

Ich habe weder meinen Schlüssel, noch meine Geldbörse, also habe ich nur eine Lösung für jetzt. 

Michael. 

Egal wie oft ich klingel, es macht keiner auf. Ich bekomme die Krise, wieso ist er nicht da?

Ist er bei Valentina? Ich muss es versuchen. Ich laufe gefühlt durch die ganze Stadt, bis ich meine ehemalige Wohnung erreicht habe. Dort wird mir relativ schnell die Tür geöffnet. 

"Hey", haucht sie zur Begrüßung, während ich nervös von einem auf das andere Bein hüpfe. 

"Hey, weißt du zufällig wo Michael ist? Ich habe ein paar mal versucht ihn zu erreichen, aber er geht nicht ran."

"Er ist in Mexiko, seine Oma ist verstorben."

Fuck. Was bin ich für ein Freund? Wir hatten die letzten Wochen eigentlich kaum Kontakt, aber ich wusste, ich konnte mich immer auf ihn verlassen und umgekehrt. Die Sache mit seiner Oma hat er mir nicht mal erzählt und ich frage mich, wann wir aufgehört haben, Freunde zu sein.

"Ist alles okay?", will die Blondine von mir wissen und ich schüttel meinen Kopf. 

"Aber ist nicht weiter wichtig. Falls du mit Mike Kontakt hast, richte ihm mein Beileid aus, das ist echt scheiße", setze ich schon wieder zum gehen an, doch Valu hält mich an meinem Shirt fest, sodass ich mich wieder zu ihr drehe. 

"Willst du vielleicht reinkommen? Auf einen Tee?"

"Meinst du, das ist eine gute Idee?", bin ich mir unschlüssig, ob ich ihr Angebot annehmen sollte oder nicht. 

"Ich würde gern einfach mal wieder mit dir reden", zuckt sie mit den Schultern, schenkt mir ein kleines Lächeln. 

"Ein Tee klingt nicht schlecht", sage ich letztlich zu, folge meiner Ex nach drinnen. 

Es ist ein seltsames Gefühl wieder hier zu sein. Es war mal mein Zuhause und gleichzeitig fühle ich mich hier absolut fremd. Trotzdem nehme ich jede Ablenkung, die sich mir bietet, damit ich Chiara wenigstens mal für ein paar Minuten vergessen kann.

Das ist natürlich eine super Idee, nach so einem Abend noch zur Ex zu gehen. :D

What About Us?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt