Chiara
Eine WG mit Jorge hat seine Vorteile. Zum einen fühle ich mich nicht mehr so alleine in der viel zu großen Wohnung, zum anderen geht er jeden Morgen zum Bäcker und holt frische Brötchen, bevor er kellnern geht.
Nachdem ich ihn überredet habe, weiter zu studieren, wollte er zumindest etwas zum Haushalt beitragen und in den Semesterferien arbeiten gehen. Deswegen ist er jetzt tagsüber in einem Café, indem Agus und ich ihn öfters mal besuchen.
Der Kleine gewöhnt sich immer mehr an die Situatuon. Jorge ist sowieso ein Babyflüsterer. Sobald Agus ihn auch nur sieht wird er ruhig und lächelt. Ich weiß nicht wie er das macht, aber er ist verdammt gut darin.
Heute verbringt Agustín den Tag und die Nacht bei seinen Großeltern. Agus' Eltern unterstützen mich so gut es geht, haben alles mit der Firma geregelt, mit dem Erbe, sodass ich diesen ganzen Papierkram nicht machen muss. Auch um ihren Enkel kümmern sie sich liebevoll, sie nehmen mir dadurch viel Arbeit ab. Ich komme zwar immer besser damit klar, aber ich kann die Sache nicht nach ein paar Monaten vergessen, das funktioniert nicht.
Mittlerweile lese ich immerhin schon jeden zweiten Tag einen Eintrag aus seinem Tagebuch. Und jedes mal wird mein Zusammenbruch kleiner und ich vergieße weniger Tränen. Außer wenn Agus mal wieder schreibt, was für große Schmerzen er hat und das er mir nichts davon erzählen kann. Ich könnte ihn ohrfeigen, weil er es verschwiegen hat, aber gleichzeitig weine ich los, gebe mir die Schuld, weil ich keinen blassen Schimmer hatte.
"Heute Abend ist eine Party und Mike bringt mich um, wenn ich da nicht auftauche, also kommst du mit?"
"Ich bin nicht der Partymensch, das weißt du", versuche ich mich zu drücken.
"Ich weiß, aber alleine langweile ich mich nur."
Er legt den Kopf schief, setzt den Schmollmund auf, dem ich sowieso nicht widerstehen kann.
"Jorge!", winsel ich, lege meinen Kopf auf den Tisch ab.
"Ist das ein ja?"
Ich brauche ihn gar nicht ansehen, um zu wissen, das er grinst.
"Aber nicht länger als zwei oder drei Stunden", halte ich blind meine Hand über den Tisch und Jorge klatscht ein.
"Das wird das erste mal seit gefühlt hundert Jahren sein, das wir nur zu zweit losziehen auf eine Party."
"Weil ich feiern hasse", erinnere ich ihn an den Grund, warum er früher entweder alleine losgezogen ist oder später hier dann mit Valentina oder Michael.
"Es gibt Gratis Essen und Trinken, nur deswegen gehe ich dahin."
"Und weil Mike dir sonst in den Arsch tritt", füge ich an, hebe meinen Kopf, sodass wir uns schmunzelnd ansehen.
"Ja, das ist auch ein Grund", nickt er zustimmend, steht dann vom Stuhl auf, "Die Frage ist, was ziehe ich an. Normalerweise hat Valu für mich mitentschieden, da unsere Outfits ja unbedingt zusammenpassen mussten."
Auch wenn er so tut, als würde ihn die Sache mit Valentina kalt lassen, weiß ich, dass das Gegenteil der Fall ist. Er hebt alle Zettel auf, die sich in dem Glas befinden, welches sie ihm zum Geburtstag geschenkt hat. Er liest sie sich mehrmals am Tag durch. Ich glaube abschließen kann er so nicht, aber wer bin ich schon, um darüber urteilen zu dürfen.
"Von mir aus kannst du auch in Jogginghose gehen", zucke ich mit den Schultern und dann lachen wir beide wieder, ehe er kopfschüttelnd aus dem Esszimmer geht. Ich räume derweil noch mein Abendessen weg, spüle ab und räume etwas auf.
Keine zehn Minuten später steht Jorge schon im Türrahmen.
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What About Us?
FanfictionChiara führt ein sorgenfreies Leben in Argentinien, bis sie schwanger wird. Der Vater des Ungeborenen macht sich aus dem Staub und auch ihre Eltern stehen der Schwangerschaft kritisch gegenüber. Nur ihr bester Freund Jorge steht voll und ganz hinter...