35. Hard times

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Jorge

Gut gelaunt betrete ich das Zimmer im Hostel. Chiara und ich haben uns endlich wieder vertragen, da wird alles andere zur Nebensache.

Valentina, meine neue Unterkunft, das verlorene Stipendium.

Sie ist mir am wichtigsten und solange ich sie habe, wird alles gut. Das habe ich schon gelernt, als sie mich damals von der Straße geholt hat.

Keiner meiner 'Mitbewohner' ist da, sodass ich schnell in Ruhe duschen kann. Ich ziehe mir frische Sachen an, trockne meine Haare und dann suche ich im Internet nach einer Wohnung. Das hier kann keine Dauerlösung sein, Bett an Bett mit 9 fremden Menschen.

Ich bin froh als Chiara mir schreibt, das ich mich gern auf den Weg machen kann. Schnell nehme ich alle Sachen, die ich brauche und dann mache ich mich schon los.

Es ist merkwürdig hierher zu kommen, da es mich sofort an Agustín erinnert. Ich hoffe Chiara kann den Verlust mittlerweile halbwegs verarbeiten. Oben vor der Tür angekommen, begrüßt die Blondine mich herzlich, bittet mich herein.

"Agus schläft, dass heißt wir haben noch ein paar Minuten um entspannt zu quatschen."

"Ich weiß, das ist eine dumme Frage, aber kannst du hier schlafen? Kommst du darüber hinweg?"

"Manchmal wirft es mich noch komplett aus der Bahn. Ich habe eine Art Tagebuch bei ihm im Arbeitszimmer gefunden und schon nach dem ersten Eintrag, den ich gelesen habe, hätte ich sterben können."

Sie blinzelt ein paar Tränen weg und sofort bereue ich meine Frage. Ich will, das sie wieder gute Laune hat, glücklich ist, aber scheinbar ist sie komplett zerstört.

So zerstört wie ich.

Vielleicht sollten wir uns den Schmerz einfach teilen?

"Ich hab mein Stipendium verloren", wechsle ich das Thema, in der Hoffnung, das sie nicht noch anfängt zu weinen.

"Was? Wie ist das denn passiert?"

"Ich habe alle Prüfungen verhauen und die Bedingungen für das Stipendium sind strikt und eindeutig."

"Aber ich dachte, du wolltest sie gar nicht schreiben dieses Semester?"

"Mir war alles egal in der letzten Zeit, außer du", sage ich die bittere Wahrheit. Mein Leben ist ein Scherbenhaufen. "Ich schäme mich dafür und eigentlich wollte ich das einfach für mich behalten."

"Heißt das jetzt, du gibst auf?"

Ich zucke unschlüssig mit den Schultern.

"Nein, Jorge, du gibst nicht auf. Ich kenne dich und du warst schon immer ein Kämpfer. Wie kannst du weiter studieren?"

"Mit Geld. Geld, das ich niemals haben werde. Weißt du, ich war bescheuert. Nicht viele Menschen bekommen so eine Chance und ich fahre sie gegen die Wand. Ich habe keine zweite Chance verdient."

"Ich gebe dir das Geld", erwidert Chia sofort, doch ich schüttel meinen Kopf.

"Kommt nicht infrage, du hast mir in meinem Leben schon genug geholfen."

"Jorge, ich habe mehr Geld, als ich jemals ausgeben könnte und du bist immer da für mich, hilfst mir immer. Ohne dich hätte ich Agus nie kennengelernt, also bitte lass mich dir helfen."

"Nein, du hast genug für mich getan. Vielleicht sollte es einfach nicht sein, okay? Ich werde es überleben", wehre ich mich weiterhin gegen ihre Hilfe.

"Jorge López, ich reiße dir gleich deinen Hintern auf. Du wirst das Geld nehmen und weiter studieren", legt sie ihren Befehlston auf, der bei mir aber keine Wirkung zeigen wird.

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