30.) Musst nur dran glauben und dann wird alles gut

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Während des Verhörs erfuhr ich endlich, was genau passiert ist. Paul und Henry, Niklas' ältere Brüder, 22 und 24 Jahre alt, waren schon länger bei der Polizei bekannt, allerdings nur wegen Kleinigkeiten. Niklas ist da mit reingerutscht und muss jetzt auch dafür geradestehen.

Die Jungs beichteten schnell ihr Vergehen, aber müssen immer noch ausgefragt werden. Dad und ich sind schon durch, mit Luisa haben sie gar nicht so viel geredet.

Endlich hatte ich auch Zeit, Wincent anzurufen. Ich wählte seine Nummer, aber er nahm nicht direkt den Anruf an. Als er dann dran war, fragte er direkt wie es mir geht:

W: Hey, alles gut? Gibt es Neuigkeiten?
Ich: Ja, ich bin gerade bei der Polizei. Wir haben meinen Vater gefunden, es geht ihm gut.
W: Das freut mich, darf ich Tom mal sprechen?
Ich: Na klar, ich gebe ihn dir sofort.

Ich reichte mein Handy weiter. Dad ging ein bisschen im Flur, auf dem wir uns befanden, auf und ab. Was er mit Wincent besprach, bekam ich gar nicht so richtig mit, aber so lange telefonieren sie auch nicht.

Mein Vater kam wieder und gab mir mein Handy zurück. Ich redete noch kurz mit Wincent und verabschiedete mich dann von ihm.

Danach wendete ich mich an meinen Vater und fragte ihn, worüber sie geredet haben.

„Ach, nur was ihr so angestellt habt in letzter Zeit. Ich habe gehört, du bist bei einem alten Freund von Wincent derweil untergekommen und hast die Schule geschwänzt?", sagte er etwas vorwurfsvoll.

Das hörte sich jetzt echt hart an, aber irgendwie war es doch so.

„Naja, Wincent hat mich abgemeldet."

„Er hat gelogen, richtig?", hakte Dad nach.

Ich nickte nur.

„Ach, Kopf hoch. Morgen gehst du wieder hin. Natürlich warst du krank"

Das krank betonte er extra stark. Ich grinste. So war mein Vater vorher nicht gewesen.

Ich umarmte ihn kurz und freute mich einfach, dass er wieder da war und wir so weitermachen konnten wie bisher.

Meine Gedanken schweifen zu den letzten Tagen, in denen so viel passiert ist. Und Wincent war immer für mich da, auch wenn ich woanders war und er viel zu tun hatte.

„Sollen wir mal nach Hause fahren", fragte mein Vater mich. Ich war kurz verwirrt und wiederholte jedes Wort in meinem Kopf noch einmal, um dann zu sagen:

„Äh, ja. Gerne. Nehmen wir Luisa mit?"

„Ja, wir können sie ja schlecht hier lassen", erwiderte er.

Ich gab Luisa ein Zeichen, dass wir jetzt gehen wollten. Vorher fragten wir aber noch einen Polizisten, ob wir noch gebraucht werden. Als er dies verneinte, traten wir aus der Wache.

Die frische Luft tat gut. Es war noch leicht warm, aber auch nicht heiß. Angenehm eben.

„Und wie kommen wir jetzt nach Hause“, fragte ich meinen Vater, als ich bemerkte, dass wir ja gar nicht mit unseren Auto gekommen waren.

„Na laufen, was hast du denn gedacht?", antwortete er.

Ich verdrehte innerlich schon die Augen. Ja, die frische Luft tat gut, aber wirklich fit war ich nicht mehr.

„Können wir nicht einfach ein Taxi rufen“, schlug Luisa vor.

„Für diese kurze Strecke?“, entgegnete Dad.

„Ich könnte Kai anrufen, dann lernst du ihn kennen, Dad, und wir müssen nicht laufen. Wir bringen Luisa nach Hause und holen dann meine Sachen bei Kai ab“, mischte ich mich wieder in das Gespräch ein.

„Okay, so können wir es machen", sagte Dad geschlagen. Ich schaute zu Luisa rüber. Sie grinste mich an.

Dann entfernte ich mich ein paar Schritte von den beiden und rief Kai an. Er war sehr schnell da, nachdem ich ihm die Situation erklärt hatte. Wir brachten Luisa nach Hause, fuhren dann bei ihm vorbei, wo ich schnell meinen Koffer packte und mir die restlichen Sachen nahm. Währenddessen standen Kai und mein Vater noch immer vorm Auto und quatschten. Aus ihrem Lachen zwischendurch schloss ich, dass sie sich gut verstanden.

Ich trat aus dem kleinen Haus und öffnete den Kofferraum, legte meine Sachen hinein und setzte mich ins Auto. Ich machte meinem Vater Zeichen, das Gespräch zu beenden, doch er sah gar nicht zu mir herüber. Ich verdrehte die Augen und stieg wieder aus. Ich ging direkt auf Dad zu, piekste ihm einmal in den Bauch und sagte genervt:

"Können wir jetzt endlich nach Hause?"

Er nickte leicht und Kai, welcher ein kleines Lachen unterdrücken musste, setzte sich wieder ans Steuer. Ich freute mich schon auf mein eigenes Bett, meine frischen Klamotten und ein ordentliches, eigenes Zimmer.

Lange dauerte die Fahrt zwar nicht, aber mir war trotzdem langweilig. Dad und Kai hatten ihr Gespräch beendet und sagten kein Wort mehr.

Zuhause angekommen, schleppte ich noch schell meinen Koffer ins Haus und verschwand dann schnell in mein Zimmer, ohne mich zu verabschieden. Dazu hatte ich einfach keine Kraft mehr.

Ich ließ mich auf mein Bett fallen und atmete tief durch. Endlich war ich wieder daheim, endlich wieder der gewohnte Alltag. Aber wird es nach den vergangenen Tagen wieder genauso laufen wie vorher?

Ich merkte, wie mir langsam die Augen zufielen, doch ich überwand mich, wieder aufzustehen. Ich nahm mir eine frische Jogginghose und ein T-Shirt aus dem Schrank und warf meine schmutzige Wäsche einfach über meinen Schreibtischstuhl.

Das Zähneputzen ließ ich heute mal weg und auch sonst hatte ich keine Motivation mehr, noch irgendwas an diesem Tag zu machen.

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass es inzwischen schon dunkel geworden war, und ich legte mich müde und geschafft in mein Bett. Ich wollte heute mit keinem mehr reden und einfach in Ruhe schlafen. Mein letzter Gedanke war:

Hoffentlich lässt Dad mich morgen ausschlafen.

Neues Kapitel, bin zwar nicht ganz so zufrieden damit, aber ich will jetzt endlich aus der Sache mit der Entführung raus kommen. Ich habe noch einige Ideen abzuarbeiten.

Und sorry für den langen Titel, aber ich dachte, dass es irgendwie passt.

Tschaui,
Euer Engel ❤️

Der unbekannte Cousin (Wincent Weiss FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt