31.) Wo ist die Gitarre?

353 20 0
                                    

„Guten Morgen Vicky“, sagte Dad, „Zeit aufzustehen. Ich habe schon Frühstück gemacht und mit deinem Klassenlehrer gesprochen. Ich habe ihm die Situation erklärt. Er ist ja echt nett und fand deine, oder eher eure Lüge, völlig nachvollziehbar. Niemand ist dir böse. Und heute habe ich dich auch abgemeldet.“

Ich lächelte, noch etwas benommen vom Schlaf und ging nochmal die einzelnen Sätze durch, die Dad gesagt hat, um sie zu verstehen.

Ich lächelte und murmelte verschlafen: „Danke“

Dad verließ das Zimmer, drehte sich aber in der Tür noch einmal um und fragte:

„Kommst du dann gleich?“

Ich nickte und antwortete:

„Ja, aber ich ziehe mir noch schnell etwas anderes an“

Er nickte auch und verschwand dann nach unten.

Als er weg war, machte ich mich schnell fertig, zog mir einen frischen, gemütlichen Pulli und eine lockere Jeans an und ging in die Küche.

„Wow, du hast Rührei gemacht?“, fragte ich begeistert.

„Na wenn ich dich endlich mal wieder sehe muss es doch ein kleines Festessen geben. Ein kleines, nur unter uns“, erwiderte er.

Während des Essens sprachen wir noch ein wenig über die vergangenen Tage, den Dreh und die Zeit bei Kai.

Dann schlug Dad vor, dass wir ja mal Wincent zu uns einladen könnten. Natürlich nur, wenn er zwischendurch mal Zeit hat.

„Weißt du, ich habe in den letzten Tagen viel über deine Mutter nachgedacht, mehr als ich es je nach ihrem Unfall gemacht habe“, wechselte er plötzlich das Thema. Ich war erst ein wenig geschockt, dann traurig und wütend auf mich selber. Im Gegensatz zu ihm habe ich nie an sie gedacht. Und da war wieder so ein Stich in meinem Herz, ein Schmerz, den ich lange nicht mehr zu spüren bekommen habe. Ich schluckte. Es herrschte peinliche Stille.

„Tut mir leid, ich wollte nicht die gute Laune versauen“, entschuldigte er sich vorsichtig bei mir. „Ich schalte mal das Radio an.“

Er lief zum Radio, vermutlich um dieser Stille zu entkommen. Erst liefen noch die Nachrichten, danach das Wetter. Es sollte ein schöner Tag werden, allerdings etwas kühler als die vergangenen Tage.

Nach dem Wetter wurde Musik gespielt, leider nicht von Wincent. Aber es konnte ja auch nicht immer etwas von ihm im Radio laufen.

Dann fing Dad wieder an zu reden und erzählte von den Anruf an meinen Klassenlehrer. Er wird der Klasse nichts sagen, und wenn doch jemand fragen sollte, wird er sagen, ich sei krank gewesen. Morgen musste ich wohl oder übel wieder hin. Auch Niklas ist dort, er hat zwar noch ein  paar Termine wegen dem Vorfall, darf aber weiter zur Schule gehen und seine Hobbys ausführen.

Ich versank wieder in Gedanken. Wie würden jetzt die Lehrer mit mir umgehen? Ich will mir echt nichts anhören und auch keine blöden Sprüche an den Kopf geworfen bekommen. Das war natürlich möglich, denn das war doch ein ziemlicher praktischer Zufall, nach so einem langen Wochenende krank zu sein.

Immerhin weiß Luisa bescheid, sodass sie mir bestimmt helfen wird.

Den restlichen Tag verbrachte ich damit, meinen Koffer auszupacken und Musik zu hören. Als ich bei meinem Rucksack angekommen war, fielen mir einige Übungsblätter für die Gitarre in die Hand, die Wincent mit gegeben hat. Ich suchte den Boden vor meinen Füßen nach meiner Gitarre ab, aber fand sie nicht. Auch auf oder unter dem Bett war sie nicht. Es stieg eine leichte Panik in mir auf und ich würde unruhig.

Hoffnungsvoll ging ich nach unten und schaute, ob sie dort lag, doch auch hier konnte ich sie nicht finden. Eine Gitarre kann sich doch nicht einfach so in Luft auflösen! Und zum Verstecken war sie auch zu groß.

Dad kam zu mir und sah mich fragend an: „Was suchst du denn?"

„Meine Gitarre. Hast du sie gesehen?“, fragte ich ihn.

„Nein, aber hast du schon im Auto nachgesehen, ob du alles ausgeräumt hast?“

Ich antwortete ihm gar nicht mehr, sondern holte mir schnell den Autoschlüssel aus der Schublade der kleinen Komode, die im Flur stand.

Ich rannte schon fast zum Auto und schloss es auf. Ich öffnete den Kofferraum, doch auch dort war sie nicht. Ich war echt am Verzweifeln.

„Hast du schon auf der Rückbank nachgesehen?“, rief mir mein Vater von der Haustür aus zu.

Ich sah nach - und tatsächlich: Dort lag meine Gitarre in ihrem schwarzen Koffer und wartete darauf, abgeholt zu werden. Ich nahm sie und warf meinem Dad dankende Blicke zu.

Dann machte ich die Tür und den Kofferraum wieder zu und schloss das Auto ab. Sofort lief ich mit meiner Gitarre in mein Zimmer. Dort angekommen legte ich sie behutsam auf mein Bett und öffnete den Koffer -

Aber Moment mal. Da hat jemand was mit Edding drauf geschrieben. Ich versuchte die Schrift zu entziffern, denn der Schreiber hatte eine echte Sauklaue. Dennoch erkannte ich die Unterschrift von Wincent direkt. Also hat Wincent mir eine Nachricht auf meiner Gitarre hinterlassen.

Ich las:

Weil's so verdammt leicht ist,
wenn du dabei bist
Wincent

Ich musste lächeln. War ja schon irgendwie süß von ihm. Nur wann hat er das gemacht, ohne dass ich es mitbekommen habe?

Ich zupfte noch ein bisschen auf der Gitarre herum und legte mich dann schlafen. Morgen wollte ich ja nicht zu spät zur Schule kommen.

So, nächstes Kapitel. Vielleicht nicht ganz so lang und spannend, aber ja...

Habt ihr jetzt auch manchmal Hitzefrei in der Schule? Aber es läuft ja eh nichts mehr... Filme gucken und irgendwelche Veranstaltungen von der Schule.
Nur meine Mathelehrerin möchte Unterricht machen...

Naja, bald sind zum Glück Ferien.

Tschaui,
Euer Engel ❤️

Der unbekannte Cousin (Wincent Weiss FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt