~ Donnerstag 23.02.2017 ~
Nach der Schule hastete ich zurück nach Hause, warf meinen Rücksack in eine Ecke meines Zimmers und schloss dann hinter mir die Tür ab. Noch war meine Mum nicht zu Hause, dennoch wollte ich nichts riskieren. Mein Fenser einen Spalt weit geöffnet, verwandelte ich mich zu meiner allseits bekannten Form und flog hinaus. Nach ca. vier Minuten, ich hatte mir etwas mehr Zeit gelassen, kam ich dann auch bei dem Baum letzter Nacht an und landete.
Ich war irgendwie aufgeregt, bohrte meine Krallen förmlich in den Ast, der ca. eine halbe Minute danach etwas wangte.
„Hey."
Ich drehte mich zu ihm um.
„Oh, hey. Ich denke heute wirst du mir deinen Namen auch nicht verraten, oder?"
„Nein. Eigentlich ist es mir nichtmal gestattet so mit dir zu sprechen."
„Wies..."
Doch brach mein Fragewort ab, da er mir eh keine Antwort darauf geben würde. Er schien leicht positiv überrascht und irgendwie auch dankbar darüber.
„Alsoo.., wir hatten gestern bei den Gyo.., Gyel..."
„Gyeol."
Half er mir.
„Genau, dort hatten wir aufgehört."
„Ja. Wo fang ich da an..?"
„Gibt es viele von dir? Und wie ist es möglich mehr als eine weitere Gestalt zu haben?"
Unterbrach ich seine Gedankengänge, was ihm nur so recht war.
„Also; unsere Art ist überall auf der Welt vertreten. Die meisten von ihnen haben bloß eine weitere Gestalt, aber es gibt Ausnahmen in denen man jede Gestalt trägt. Es ist nämlich so, dass wir Gestaltwandler grundsätzlich mehr Gene, bzw. Stammzellen, als die Menschen, besitzen und sie deutlich schneller wandeln können. Innerhalb eines Gedankenganges verändert sich unser kompletter Körper. Die Unbestimmten, die eben keine feste Gestalt haben, beherbergen nochmal Millionen mehr von diesen Zellen.
Wir können uns das ca. so vorstellen das ein Mensch mit der Gestalt eines Löwen, mit einem Menschen mit Gestalt einer Antilope ein Kind bekommen haben, und diese Kette Jahrmillionen fortgefürt wurde, sodass wir Unbestimmten entstanden."
„Wow."
„Mhm."
Nickte er und schien, obwohl er dies alles ja bereits wusste, mindestens genauso erstaunt davon, wie ich.
„Woher weißt du das alles? Haben deine Eltern auch Kräfte?"
„Ehrlich gesagt.., weiß ich das gar nicht. Ich kam sehr früh auf eine Art Schule und lebe auch dort."
„Von dort wurdest du auch geschickt, oder?"
Er nickte.
„Wir lernen dort über unsere Geschichte, unsere Vorfahren. Im Grunde wie die Menschen auch über ihre Vergangenheit lernen. Nur das unsere natürlich viel interessanter ist."
Schmunzelte er, wie dann auch ich, leicht.
„Und wie lebst du da? Irgendwie versteh ich das noch nicht so ganz."
„Es ist mehr eine Einrichtung, eine Jugendherberge für Gesaltwandler. Viele haben keine Familien mehr oder wollen ihrer Bestimmung nach kommen und dann kommen sie zu uns. Sie lernen Theorie, aber auch Praxis. Sie werden für den Kampf ausgebildet und lernen besser mit ihren Kräften umzugehen."
„Klingt ja ziemlich gut."
„Ja, ist es im Grunde auch, nur haben wir so gut wie keine freie Zeit. Jede freie Minute wird für das Training geopfert. Wir haben morgens eine feste Uhrzeit zu der wir in unseren Bereichen sein sollen, dürfen nach einer Stunde frühstücken, damit es danach wieder weiter geht. Nach zwei freien Stunden, die wir wie gesagt auch beim Training verbringen, wird zu Abend gegessen und dann geh es auch schon wieder ins Bett."
„Ist das nicht anstrengend? Ich glaube ich würde das keine Woche durchhalten."
„Man gewöhnt sich relativ schnell dran und man ist ja auch mit seinen Freunden dort. Man lernt, trainiert, isst und lacht mit ihnen. Es ist ein zu Hause für uns alle."
„Ich habe keine Freunde und bin schon gefühlt mein ganzes Leben allein. Ich hab nur meine Mum, und meine Kräfte, von denen sie aber nichts weiß. Ich bin aber trotzdem ziemlich glücklich."
Kurze Stille trat ein, in der wir beide über meinen letzten Satz nachdachten.
„Wie ist es, sich in alles verwandeln zu können?"
Er war kurz überrascht, machte sich dann aber gleich daran mir meine Frage zu beantworten.
„Ich nutze es schon mein ganzes Leben. Im einen Moment spürst du den kalten Wind zwischen deinen Federn und im nächsten das Wasser, das gegen deine Flossen drückt. Ich schätze es wirklich sehr mit soetwas leben zu dürfen und sehe meine Aufgabe dadrin, die Lebewesen die diese Gabe nicht besitzen, zu schützen. Die Gefahr der Dunklen steigt von Tag zu Tag an, daher bin ich auch der Meinung, du solltest etwas mehr über dich selbst lernen. Lernen dich auch selbst verteidigen zu können. Ich bin wahrscheinlich nicht immer da, um dir helfen zu können."
Ich nickte.
„Wie wäre es gleich mit morgen? Ich habe schon um 15 Uhr Schulschluss."
„Je früher, desto besser."
Stimmte er mir zu.
Dann merkten wir, das es bereits dämmerte und es nicht mehr lange zur Finsternis dauern würde.
„Ich denke du solltest langsam nach Hause. Du musst morgen ausgeruht sein."
Wieder nickte ich nur.
„Gute Nacht."
Noch bevor er mein „Gute Nacht" gehört hatte, hatte er sich wieder in die Lüfte begeben und flog in den Sternenhimmel hinein.
Kurz schaute ich ihm nach, dann ließen auch meine Krallen den Ast los und landeten kurze Zeit später wieder auf meiner Fensterbank.
„Gute Nacht, Engel."
Erhörte ich die Stimme meiner Mutter.
„Gute Nacht, Mum."
„Oh, hab ich dich geweckt?"
„Nein, nein. Alles gut.
„Okey, schlaf schön."
Dann verschwand sie in ihrem Schlafzimmer, wie auch ich, nachdem ich mich fertig gemacht hatte, unter meiner Decke und schloss die Augen.
DU LIEST GERADE
Race Against Time
FantasíaGefahren, Verlusten, Ängsten, und später auch der Liebe muss sich die noch 17 Jährige Miko stellen. Ein einfaches, normales Leben hatte sie nie zuvor geführt, führen dürfen. Doch als sie, in Gestalt einer Amsel, auf einmal von drei Krähen verfolgt w...