„Als ich in deinem Alter war..."
Begann er.
„Wie alt bist du denn jetzt?"
Bis ich es selbst bemerkte und mir auf die Zunge biss.
„Entschuldigung, keine Fragen mehr."
„Als ich in deinem Alter war, hatte ich schon so einige Schlachten hinter mir. Ich bin ja relativ früh in diese Herberge gekommen und wurde daher mit meinen jungen Jahren schon ausgebildet. Dennoch erinnere ich mich sehr gut an mein erstes..., nennen wir es mal Opfer. Es war ebenfalls eine Krähe. Sie war doppelt so groß wie ich, hatte ein relativ helles Federkleid, das aber ziemlich zerfranzt war. Wir befanden uns auf einer großen Lichtung mitten im Wald. Ich hielt mich anfangs noch bedeckt. Ich flog ein paar Runden zwischen den Bäumen umher, dann entdeckte ich diese eine Krähe. Sie war gerade dabei ein Nest auszuräumen, aus dem ein fürchterlich verzweifeltes Piepsen kam. Ohne drüber nachzudenken, packte ich die Krähe im Nacken und zog ihren Kopf aus dem Loch des Baumes. Wir segelten zu Boden, während ich versucht hatte meine Krallen in ihr Fleisch zu bohren. Auf dem Boden angekommen, löste ich mich von ihr und stach ihr meine Krallen ins rechte Auge. Sie kreischte und während ich glaubte sie fürs erste ausgeschaltet zu haben, flog ich zu dem Nest zurück. Als ich herein sah, entdeckte ich in der hintersten Ecke ein Schleiereulen Junges. Es war ein kleines Mädchen. Ich sprach sie an, forderte sie auf heraus zu kommen. Mit großen Augen beäugte sie mich. Ich kann mich noch genau dran erinnern, wie sie mit ihren Flaumfedern ihre Tränen trocknete. Sie hieß Helena."
Ich sah wie er lächeln musste. Doch plötzlich verfinsterte sich seine Miene.
„Ich half ihr also vom Baum, da sie noch nicht richtig fliegen konnte. Und bevor dir die Frage in den Sinn kommt; ja, einige Gestaltwandler wachsen als Tier auf, da ihre Eltern, oder dessen Eltern davor das da sein des Menschen abgetan hatten. Ich half ihr also und wir liefen so schnell wir konnten in den Wald hinein, doch wurden mittlerweile wieder verfolgt. Doch es war bereits zu spät; Helena wurde gepackt und bestialisch in die Luft geworfen. Die Krähe, mit dem nun Blut verschmiertem Gesicht, kam hinzu.
Ich konnte förmlich ihren Durst nach Rache spüren, bevor sie an mir vorbei schoss und in der Luft Helena ihre Krallen ins Gesicht bohrte.
Ich kreischte vermutlich genauso laut auf, wie sie selbst, als die zweite Krähe mit ihr zu Boden sank. Ich stürmte los, doch wurde plötzlich ebenfalls gepackt und auf den Boden gedrückt. Die Krähe mit den hellen Federn umfasste meinen Kopf mit einem ihrer Füße und richtete damit meinen Blick auf Helena. Ich fing an zu weinen. Ich spüre diesen Schmerz manchmal noch heute... Die zweite Krähe hob nun auch Helenas Kopf an, sodass ich ihr Antlitz erblickte. Ihre Augen.., sie waren so starr. Ich konnte mich nicht befreien, egal wie sehr ich mich anstrengte. Nach kurzer Zeit dann, stürzten sich zwei meiner Verbündeten auf unsere Angreifer. Ich wurde wieder von Krallen umschlossen und in die Lüfte befördert. Ich rief nach Helena, bat meinen Retter umzukehren, aber wurde nicht erhört. Fast ein halbes Jahr später, machte ich mich auf die Suche nach ihrem Angreifer. Es schien zwar unmöglich, aber ich habe ihn tatsächlich gefunden..."
„Und dann?"
Fragte ich gespannt.
„Dann habe ich mich gerächt."
Und betonte sich dabei am stärksten.
Ich musste schlucken, danach kam irgendwie Mitgefühl in mir auf, was er bemerkte und deswegen noch eine Satz hinzufügte.
„Keine Sorge, diese Erfahrung hat mich stark gemacht. Sie hat mich unmögliches aushalten lassen und nun bin ich unbesiegbar."
Lachte er leicht, in das ich dann auch mit einstieg.
„Ich wollte dir damit nur zeigen, das es zwar Leben gekostet hat, aber ich heute sehr viel daraus gelernt habe und dadurch sehr vielen anderen Unschuldigen helfen kann."
Ich nickte und schaute nun in den immer dunkler werdenden Himmel. Ich wusste seinen Namen nicht, dennoch hatte ich das Gefühl ihn zu kennen, denn ich hatte in den letzten Tagen gelernt ihm zu vertrauen.
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Race Against Time
FantasyGefahren, Verlusten, Ängsten, und später auch der Liebe muss sich die noch 17 Jährige Miko stellen. Ein einfaches, normales Leben hatte sie nie zuvor geführt, führen dürfen. Doch als sie, in Gestalt einer Amsel, auf einmal von drei Krähen verfolgt w...