16. Tag vier im Wald 숲의 날 4 (Teil 2)

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Direkt darauf sprang ich hervor und brüllte. Ich zeigte meine Zähne den Vögeln, die Abseits saßen und deswegen noch nicht erschrocken die Flucht ergriffen hatten. Dann war ich wieder allein. Allein mit einem Leichnam. Langsam drehte ich mich zu ihm um und betrachtete einen großen Bären.
Die Bärenmutter...
Um sie kreisend, entdeckte ich Bisswunden. In ihrem Nacken, an ihrem Bauch, auf ihrem Rücken, an ihren Läufen, ihrem Hals. Sie war verblutet. Jemand, oder eher etwas hatte sie im sterben einfach liegen gelassen. Es hatte sie aus Vergnügen getötet. Wölfe hatten sie aus Vergnügen getötet. Gestaltwandler hatten sie aus Vergnügen getötet.
Kurz musste ich mich überwinden, dann drückte ich meinen Körper gegen ihren, um sie somit voran zu befördern.
Mein Körper schrie vor Schmerz, meine eigenen Wunden waren noch immer nicht komplett verheilt und von ihnen wird wahrscheinlich auch immer etwas bleiben.
Um durch das letzte Gebüsch zum Ufer des Flusses zu gelangen, drückte ich erst einige Äste beiseite und musste den toten Bären wohl oder übel ziehen. Kurzerhand schlug ich meine Zähne in ihr Fell und zog sie mit der letzten Kraft die ich aufbringen konnte. Ich stemmte meine Pfoten in den Sand und hatte es mit einem letzten Ruck geschafft, der mich aber auf den Boden beförderte, wodurch ich dem Bären direkt in die Augen blicken konnte. In schwarzen, regungslosen, dennoch schreiende Augen.
Erschrocken sprang ich auf und hastete zum Wasser, um ihr Blut aus meinem Fell zu bekommen. Dann sackte ich zusammen und drückte mir meine eigenen Krallen ins Gesicht. Ich weinte. Eine Träne nach der anderen rann mir übers Gesicht. Ich brüllte, gab alles was meine Lunge hergeben konnte. Aber es waren nicht die Schmerzen, die mir das alles erzwangen, es war die Einsicht das der Tod mir folgte. Bis hierher. Noch immer...
Einige Zeit später raffte ich mich auf und schleppte mich zu dem Platz an dem ich das Bärenjunge vegraben hatte. Ich schaufelte Unmengen an Sand beiseite und tappte dann zur Mutter zurück. Ihre Augen standen offen. Ohne hinein zusehen, änderte ich dies mit meiner rechten Pfote.
Mit brennenden Augen und immer stärker werdenden Schmerzen, drückte ich sie vorwärts und ließ sie in das tiefe Loch fallen.
Ich riskierte einen letzten Blick, bevor ich den vorher ausgehobenen Sand wieder hinein fallen ließ. Dann setzte ich meine Beine wieder langsam in Bewegung.
Auf dem Rückweg kam mir eine Zeile in den Sinn; der Tod ist nur halb so schlimm, wenn man gemeinsam stirbt. Diese Mutter war mit ihrem Baby gestorben.
Ich war mit ihm gestorben...

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