Kapitel 2

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Zauberwald, vor Emmas Geburt/ dem Fluch:
(Juna: Zwischen zwölf und dreizehn Jahren alt)

Ich eile durch die Flure des Hauses. Der lange schwarze Rock mit den tiefen Taschen ist hinderlich beim Laufen. Meine Hände balancieren ein Tablett vor mir her, auf dem Frühstück platziert ist.
Ich bin nun schon ein halbes Jahr Timmothys Dienerin, aber ich habe noch nicht aufgehört gegen ihn zu rebellieren. So schnell gebe ich nicht auf, darauf kann er sich verlassen!

Ich betrete den nächsten Flur. Timmothys Frühstück besteht aus einem Muffin, Obst und Kakao. Es sieht sehr lecker aus, doch der Schein trügt: Den Muffin habe ich komplett versalzen, in dem Obst sind Würmer und die Milch des Kakaos ist sauer. Natürlich hätte ich noch härter vorgehen können, doch wenn ich es zu weit auf die Spitze treibe, laufe ich Gefahr, dass mir ernsthaft etwas angetan wird. Also arbeite ich lieber nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein.

Als ich das Schlafzimmer des Jungen betrete ist es dort noch dunkel. Die teuren Vorhänge sind zugezogen und vom Bett her ertönt ein leises Schnarchen. Es wäre so einfach, so wunderbar einfach, den Jungen zu töten. Er liegt dort so wehrlos. Doch ich wäre niemals aus dem Haus geflüchtet bis sie mich erwischen würden. Ich hätte keine Chance. Sein Vater hat immer einen Blick auf mir. Auch jetzt putzt eine andere Magd im Flur auffällig nah an Timmothys Zimmer die Fenster.
Plötzlich kommt mir eine andere Idee. Leise stelle ich das Tablett auf einem Tisch ab und tappe zu der Kommode, auf der eine Waschschale steht. Neben ihr ist auch ein Krug mit Wasser, das eigentlich dazu gedacht ist die Schale aufzufüllen, doch ich brauche es jetzt zu etwas anderem. Ich nehme den Krug und schleiche mich an das Kopfende des Bettes. Dann kippe ich Timmothy den gesamten Inhalt blitzschnell über den Kopf. Das Wasser ist eiskalt und mit einem Schrei sitzt der Junge kerzengerade im Bett. Die Magd aus dem Flur kommt in das Zimmer gestürmt.

„Oh, das tut mir ja so leid!", ich zücke ein Tuch aus einer meiner Taschen und beginne Timmothys Gesicht abzutupfen. Ganz aus Versehen rutscht mir dabei ein Finger aus und landet in seinem rechten Auge. Man bemerke die Ironie. „Aua!", ruft er und packt meine Hand. „Es tut mir ja so leid", wiederhole ich noch einmal bedauernd, „Heute morgen bin ich aber auch ungeschickt."
Timmothy wirft mir einen wütenden Blick zu und schickt dann die andere Magd aus dem Zimmer. „Hol mir jetzt mein Frühstück, Juna", grummelt er. Ich lasse ihn noch warten, indem ich erst einmal die Vorhänge aufziehe. Hell strahlt das Sonnenlicht in das Zimmer.

Durch das Licht kann ich nun auch sehen, dass Timmothy pitschnass ist. Seine morgens sonst so verstrubbelten Haare kleben ihm an der Stirn und das getroffene Auge ist rot. Eine Genugtuung für mich. Jedoch ist auch seine Bettdecke völlig durchnässt, wieder mehr Arbeit für mich. Aber das war es mir wert!
Jetzt hole ich das Tablett und stelle es so ruckartig auf Timmothys Schoß ab, dass der Kakao überschwappt.

„Oh je, wie dumm von mir", stöhne ich. Der Junge erwidert nichts. Das ist seine Methode. Er lässt mich machen, als würde er nicht bemerken, dass ich das alles mit Absicht tue. Er denkt ich würde dann irgendwann aufgeben. In dieser Hinsicht unterscheidet er sich von seinem Vater. Meine Arme sind von blauen Flecken übersät. Zu meinem Glück kam er allerdings noch nicht auf die Idee mich auszupeitschen oder Sonstiges, wie es andere Familien mit ihren Mägden machen.

Während Timmothy in seinen Muffin beißt wende ich mich ab und räume den Krug zurück auf seinen Platz. Vom Bett her höre ich nur ein angeekeltes „Bäh!". „Tut mir leid", säusle ich „Ich bin wohl einfach nicht gut im Backen." Ein breites Grinsen erscheint auf meinem Gesicht. Wir beide, der Junge und ich, wissen, dass alles was ich tue mit Absicht passiert. Doch Timmothy wendet wieder seine Methode an und beißt demonstrativ wieder in den Muffin. Dabei verzieht er jedoch sein Gesicht. Ich hingegen schüttele nur spöttisch den Kopf. Wir sind beide verbohrt, aber ich werde siegen!

Storybrooke, nachdem der Fluch gebrochen wurde:

Nachdem der Schatten verschwunden ist mache ich mich auf den Weg zurück in die Stadt.
Jetzt habe ich eine Mission: Ich muss den Dunkeln finden. Nur er kann mir jetzt noch helfen. Leider habe ich keine Ahnung wie er aussieht, geschweige denn wie er in dieser Welt heißt, ich werde wohl einige Leute befragen müssen. Was ich jedoch weiß ist, dass sein Name früher Rumpelstilzchen lautete, vielleicht kann mir das ja helfen.

Mein Weg führt mich zu einem Diner namens „Granny's". Für mich sieht es nicht sehr einladend aus, doch erstens werden dort einige Menschen sein und zweitens war ich hier auch oft während der Zeit des Fluches.
Ich irre mich nicht, das Restaurant ist brechend voll. Zunächst scanne ich den Raum ab: Auf der rechten Seite eine Theke, links Tische und Bänke, gefliester Boden. Fast alle Sitzgelegenheiten sind besetzt.
Auf mehr kann ich nicht achten, da ich von einer Person beiseite geschoben werde, die das Diner verlassen möchte. Um nicht weiter im Weg zu stehen und weil ich ja Leute befragen möchte, suche ich mir einen Platz, den ich an der Theke finde. Kurz nachdem ich mich gesetzt habe kommt eine ältere Dame. „Und was darf's für sie sein?", fragt sie in einem groben Ton. „Einen Kaffee bitte, schwarz", ist meine Antwort.

„Zum Glück wurde der Fluch endlich gebrochen", beginne ich ein Gespräch, „Schon erstaunlich was wir alles vergessen hatten." „Ja", stimmt sie mir zu. „Und noch viel wichtiger ist aber die Frage warum wir noch hier in Storybrooke sind und nicht schon längst im Zauberwald", führt sie weiter aus. „Ja, das ist seltsam" , pflichte ich ihr bei „Sind eigentlich alle aus dem Zauberwald hier?" „Nein nicht alle", die Frau schüttelt den Kopf, „Aber nahe zu." „Etwa auch der Dunkle?!", rufe ich gespielt entsetzt. „Ja, er ist hier", sagt sie und stellt den Kaffee vor mir ab. „Und wer ist er hier?", frage ich weiter. Leider klingt meine Stimme wohl einen Hauch zu interessiert, denn die Alte wird skeptisch: „Warum wollen sie das denn wissen?" „Ich würde mich gerne von ihm fernhalten. Ich denke nicht, dass er, nur weil wir nicht mehr im Zauberwald sind, weniger böse ist", antworte ich und hoffe, dass ich einigermaßen glaubhaft klinge. Damit meine Mimik nicht zu viel von mir preis gibt nehme ich einen Schluck Kaffee. Die Frau mustert mich prüfend bevor sie langsam sagt: „Sein Name ist hier Mr. Gold. Er hat einen Laden, der sich nur ein Stück weiter befindet." „Dankeschön", ich lächele mein freundlichstes Lächeln. Zu meinem Glück wird sie nun von einem anderen Kunden in Beschlag genommen und ich kann in Ruhe meinen Gedanken nachgehen.

Herauszufinden wer Rumpelstilzchen ist war mehr als einfach, offenbar tratscht die Dame gern. Auch den Laden zu finden wird kein großes Problem darstellen, da ich dank meiner Ortskenntnis schon eine Ahnung habe welches Geschäft gemeint ist.
Den Dunklen aber davon zu überzeugen mir zu sagen wie ich mich befreien kann wird aber wohl eine ganz andere Sache sein, dessen bin ich mir bewusst. Ich hoffe der Preis wird nicht zu hoch sein. Und hoffentlich wird er überhaupt Zeit dafür haben sich damit auseinanderzusetzen. Wird er nicht auch so schnell es geht in den Zauberwald zurück wollen?

Nachdem ich meinen Kaffee ausgetrunken habe nehme ich Blickkontakt mit einer der Bedienungen auf und lege das Geld für das Getränk neben die leere Tasse. Als ich jedoch gehen will, steht auf einmal die alte Frau vor mir: „Ich weiß, dass sie Rumpelstilzchen keineswegs meiden wollen. Sie sind auf der Suche nach ihm, wahrscheinlich nach einem Zauber. Ich kann sie nicht davon abhalten, aber ich bitte sie: Sein sie vorsichtig. Dieser Mann ist nicht zu unterschätzen. Nun ja, sie werden wohl einen guten Grund haben den Dunklen aufzusuchen." Überrascht nicke ich nur, schiebe mich dann an ihr vorbei und verlasse das Diner. Mir ist klar, dass ich vorsichtig sein muss, aber ich hätte doch gedacht, dass ich besser geschauspielert hätte. Außerdem soll diese Frau sich nicht in meine Angelegenheiten einmischen!

Ich bin nur ein kurzes Stück die Straße entlang gegangen als ich es bereits sehe. Das Schild auf dem mein Ziel steht: „Mr. Gold- Pawnbroker & Antiquities Dealer". Meine Hoffnung auf einen Zauber!

Peter Pan loves meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt