Zauberwald, vor Emmas Geburt/ dem Fluch:
(Juna: 23 Jahre alt)Der Kies knirscht unter meinen Schritten, als ich über den Hof zum Dienstboten Eingang, einen vollen Korb mit sauberer Wäsche unter dem Arm, eile. Ja, ich bin tatsächlich draußen. Seit Timmothy im Haus das Sagen hat, hat sich einiges verändert. Das ist jetzt schon ungefähr sieben Jahre her und Timmothy ein reifer, junger Mann geworden, der mir noch immer nichts über den Zauber verraten hat.
Kinder spielen auf dem Grundstück Ball. Sie lachen und necken sich gegenseitig. Eine so unbeschwerte Kindheit hätte ich gerne gehabt. Seufzend betrete ich das Haus. Im Gegensatz zu draußen ist es hier schön kühl. Zumindest früher, jetzt nicht mehr. Es ist warm und stickig. In den Gängen ist es eng, alle haben viel zu tun, seit hier noch mehr Personen wohnen. Timmothy meinte das Haus wäre zu groß für ihn allein und so wohnen nun zwei Freunde von ihm mit ihren Frauen unter diesem Dach. Eine von ihnen erwartet ein Kind. Nur der Hausherr selbst hat weder Ehepartner noch Kind. Doch was kümmert es mich.
Nach mehreren Gängen und Treppen erreiche ich Timmothys Reich. So nenne ich es in meinem Kopf. Er bewohnt nun mehrere Räume. Als ich durch die Tür trete, stehe ich in einem großen Raum, der sowohl das Arbeitszimmer beherbergt als auch zwei Sofas beinhaltet. Rechts davon geht eine Tür zu dem Baderaum und links davon eine zum Schlafraum ab. Es sind die ehemaligen Räume seines Vaters.
Der junge Hausherr sitzt an seinem Schreibtisch über ein Dokument gebeugt. Er ist ein wichtiger Geschäftsmann, doch er reist mittlerweile nicht mehr oft, dafür hat er einige Angestellte. Ohne ihn anzusprechen führt mich mein Weg in seinen Schlafraum, in welchem ich die frische Wäsche in eine der Truhen sortiere. Aufeinmal ertönt ein Räuspern hinter mir. Erschrocken fahre ich herum und da steht Timmothy mit einem Blumenstrauß in der Hand. Genauer gesagt mit roten Rosen.
„Was soll das Timmothy?", frage ich verwirrt. „Ich... Ich dachte du freust dich", sagt er leise und fügt noch ein unsicheres „Vielleicht" hinzu. „Ähm, danke", sage ich pikiert „Ich hätte nur nicht damit gerechnet."
Widerstrebend nehme ich ihm die Blumen ab. Verlegen fährt er sich durch die Haare. Warum schenkt er mir Rosen? Ich runzle die Stirn. Wir waren bis jetzt nur Freunde. Es darf nicht noch mehr daraus werden. Meine einzige Absicht ist mich endlich von ihm zu lösen!„Warte! Nimm sie wieder zurück", sage ich und drücke ihm die Blumen wieder in die Hand. „So fangen wir gar nicht erst an", schiebe Ich noch hinterher. Ich drehe mich wieder um, schließe die Truhe mit einem Knall und will gehen, doch Timmothy hält mich am Handgelenk zurück. „Warte", sagt er leise. Es klingt bedrückt, wenn nicht sogar verletzt.
Ich schaue ihn nicht an, will den Schmerz in seinen ehrlichen Augen nicht sehen. Über den langen Zeitraum und ohne seinen Vater im Weg sind wir uns unweigerlich näher gekommen und er ist mir nicht mehr so gleichgültig wie früher, was aber eben nichts an meinen Ansichten geändert hat.Ich habe keine romantischen Gefühle für ihn, sondern liebe Peter immer noch aus ganzem Herzen, aber Timmothy ist so etwas wie mein Anker in diesem furchtbaren Dasein. Und gleichzeitig ist er derjenige, der es verursacht hat. Wäre er nicht gewesen, hätte sein Vater keine neue Angestellte gebraucht. Dann wäre ich nicht hier an ihn gebunden und schon längst bei Peter!
„Nein, Timmothy. Wir sind Freunde, und so wird es bleiben." Mit einem Ruck befreie ich mich aus seinem Griff und verlasse sein Reich.
Storybrook,nachdem der Fluch gebrochen wurde:
Als ich zurück in die Wohnung komme ist Timmothy noch nicht da. Das ist auch gut so, denn ich muss erst einmal meine Gedanken sortieren.
Überwältigt von den neuen Informationen lasse ich mich auf das Sofa fallen. Ich lege den Kopf auf die Lehne und starre die Decke an. Wie soll ich es jemals schaffen, dass Timmothy sich umbringt? Und dann auch noch mit einem Stich in sein Herz? Ich meine, wenn man sich schon umbringen möchte, dann doch nicht so!Rumpelstilzchen hat wohl Recht, ich bin zur ewigen Verdammnis verurteilt. Warum sollte ein Mensch, der ein glückliches Leben führt, mit Ehefrau und gutem Geld, wie er, sich töten? Und selbst wenn ich ihn so kaputt machen würde, dass er nicht mehr leben will, würde es sehr lange dauern, bis er zu diesem Schritt bereit wäre. Warum nur habe ich dieses schlimme Pech?
Seufzend lehne ich mich nach vorne und raufe mir die Haare. Dann lasse ich mein Gesicht in meine Hände sinken, verdecke meine Augen. Plötzlich fühle ich mich total kraftlos. Ich will nicht mehr ständig für nichts und wieder nichts warten und kämpfen müssen! Mein ganzes Leben, den Fluch einmal ausgenommen, bestand daraus auf Hinweise zu warten. Jetzt kenne ich meinen Ausweg, aber kann ihn nicht nutzen!
Ich weiß nicht wie lange ich so dagesessen habe. Dieses Gefühl von unendlicher Müdigkeit in mir, das mich aushöhlt und mich an nichts mehr glauben lässt.
Irgendwann höre ich den Schlüssel im Schloss, dann Timmothys Stimme: "Ich bin wieder Zuhause!"Diese ekelhafte Freude widert mich an! Von mir erhält er keine Antwort, ich rühre mich nicht einmal. „Was ist los?", fragt mein Mann besorgt als er mich so zusammengesunken vorfindet. Das Polster neben mir gibt unter seinem Gewicht nach. Eine Hand streicht über meinen Rücken, wahrscheinlich soll es tröstend sein, doch es löst rein gar nichts in mir aus, nicht einmal Ekel. Seine Frage bleibt unbeantwortet und so sitzen wir bloß still neben einander.
„Erzähl es mir bitte", seine Stimme ist bis auf das Ticken der Uhr das einzige Geräusch in der Wohnung. Die Uhr löst eine leichte Melancholie in mir aus. Die Zeit vergeht und vergeht und vergeht. Doch nichts ändert sich. Als wäre ich in diesem Zustand des Elends festgefroren. Und das schon seit dem Moment, als meine Mutter entschied ein anderes Leben leben zu wollen. Mittlerweile kann ich sie verstehen.
Langsam richte ich meinen Kopf auf und schaue Timmothy direkt ins Gesicht. Irritation und ein kleiner Schock spiegeln sich in seiner Miene. Sehe ich so angsteinflößend aus? „Was ist los?", stellt er noch einmal seine Anfangsfrage, dieses Mal tonlos. „Ich möchte einen Neuanfang", sage ich ruhig und fest und starre ihm noch immer in die Augen. „Wie... Wie meinst du das?", fragt Timmothy verwundert. „Es ist doch alles schön hier", er scheint wirklich nicht zu begreifen. Wie könnte er auch? Wenn er nur wüsste, dass er dem Tode geweiht ist.
„Ich passe nicht in diese Welt", sage ich und warte auf seine Reaktion, die prompt folgt: „Wir können nicht zurück in den Zauberwald. Deswegen sind hier auch alle so aufgebracht, sie wollen nach Hause. Aber ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet du dort wieder hin willst. Ich meine wir haben hier doch alles was wir brauchen und solange wir zusammen sind ist der Rest sich egal, oder?" Zum Ende hin wird seine Stimme immer leiser und langsamer, wohingegen er anfangs schnell sprach. „Du hast mich falsch verstanden", es folgt eine kurze Pause des Schweigens. Mein Blick ruht noch immer auf ihm. Kühl, nüchtern. Und auf eine eigene Weise auch hart und unnachgiebig. Timmothy hat keine Ahnung in was für einer Sache er drin steckt.
„Ich möchte einen völligen Neuanfang." Damit wende ich meinen Blick ab und starre auf die Wand mir gegenüber. „Und wir können hier immer noch nicht weg", Timmothy lacht verlegen. „Ich finde einen Weg", ist mein einziger Kommentar und ich verziehe dabei keine Miene. Wie könnte ich auch, wenn meine Gefühle noch immer von dieser schweren Decke aus Melancholie und Müdigkeit überlagert werden? Von einer Decke die alles unter sich erstickt.
„Und wo möchtest du hin?", fragt mein Mann, doch ich spüre, dass er mich nicht ernst nimmt. „Ich will nach Neverland", sage ich entschlossen und schaue ihm wieder direkt in die Augen. „Neverland?", er runzelt die Stirn „Gibt es den Ort denn überhaupt?" Als hätte jemand die Decke in mir weggezogen flammen alle meine Gefühle wieder hoch. Die Wut und Trauer über das Dasein mit Timmothy und den einzigen Lösungsweg, die Leidenschaft und Liebe für Peter und die Sehnsucht danach endlich nach Hause zukommen. Nach Hause, nach Neverland. Die Verzweiflung und darauf folgende Entschlossenheit es dahin schaffen zu müssen.
„Du musst daran glauben", hauche ich und lächele. "Na, wenn du meinst", murmelt Timmothy und versinkt in seinen Gedanken. Das Lächeln bleibt in meinem Gesicht. Ich werde ihn schon noch nach Neverland bekommen!
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Peter Pan loves me
Fanfiction„Wer bist du? Und wo bin ich hier?" „Mein Name ist Peter. Peter Pan. Und das hier ist Neverland!", während er das sagt, hebt er seine linke Augenbraue und sieht auf einmal gar nicht mehr so gefährlich aus. Ich darf mich aber nicht täuschen lassen:...