23

366 18 13
                                    

Die große Stadionshow stand an und nachdenklich lief ich durch die Halle. Während ich mir die ganzen Ränge und Sitzplätze anschaute drang ein Gedanke ganz laut und voller Wucht in meinen Kopf: Wie wäre es wohl, wenn Greta hier wäre? Wie wäre es, wenn sie miterleben könnte wie fesselnd dieses Stadion ist und wie sehr Emma sich auf den Moment freute mich endlich wieder in Aktion zu sehen.
Aber dem war nicht so. Greta war nicht mehr da - und das konnte und durfte ich ihr nicht verübeln. Denn trotz allen Gesprächen, trotz allen Zweifeln und der logischen Konsequenz Greta zu verlieren hatte ich mich für eine Adoption entschieden. Emma hatte mein Herz gewonnen, noch bevor sie damals auch nur ein Wort gesagt hatte. Ab dem Moment an als ich sie gesehen hatte war sie mein Kind und ich konnte den Gedanken sie alleine im Kinderheim zu lassen nicht ertragen.

Und nun stand ich hier, als Vater einer Tochter, in einem ausverkauften Stadion und dachte an die Frau, die noch immer mein Herz hatte.

„Bruder, deine Tochter hat gerade die Leuchtarmbänder für die Show entdeckt" lachte Andreas, der von der Bühne aus auf mich zu kam. „Zum Glück haben wir genug" grinste ich und er tat es mir gleich. „Das wird der Wahnsinn" sagte er euphorisch, ehe er sich im Kreis drehte, um ein mal die ganze Halle zu begutachten. „Mhm" stimmte ich zu und skeptisch hob mein Bruder eine Augenbraue. „Bitte lass dir den Tag nicht vermiesen, du wusstest was das Ganze für Konsequenzen haben wird" sagte er sanft und ich winkte schnell ab. „Ich meine ja nur .. es wäre einfach schön nach all den Monaten noch mal etwas von ihr zu hören" sagte ich und dachte an unser letztes Gespräch. Sie hatte mir zum Geburtstag gratuliert und ich konnte nicht anders als jeden darauffolgenden Tag hoffnungsvoll auf mein Handy zu gucken. Ich wollte so gerne mit ihr sprechen, sie berühren - und küssen. Gott, wie ich es vermisste sie zu küssen. Doch ich wusste, dass ich ihr weh getan hatte und sie wusste, dass sie mich mit der Entscheidung sich von mir zu trennen ebenfalls verletzt hatte. Trotz all der Vernunft konnte mein Herz sie nicht los lassen. Und in Momenten wie diesen, wo alles nahezu perfekt schien machte sich dies besonders bemerkbar. Denn es war eben nur perfekt, wenn auch Greta da war. Und darauf hoffte ich vergebens.

Überglücklich ließ ich mich auf das Hotelbett fallen, darauf bedacht Emma nicht aufzuwecken. Die Kleine war ganz erschöpft vom Tag und war schon nach der Show auf ihrem Sitz eingeschlafen. Zugegeben, die Show ging durch einige Verzögerungen weitaus länger, als geplant und auch wenn ich vorhin eine gewisse Müdigkeit verspürte, so war ich jetzt wieder hellwach und las mir auf Instagram einige Kommentare unserer Fans durch. Es freute mich, dass die meisten wirklich positiv überrascht von unserer Show waren und grinsend dachte ich daran, dass wir es tatsächlich geschafft hatten drei Weltrekorde aufzustellen. Und dann blieb mein Herz stehen.

Greta (01:34) : Hey. Ich wollte dir zu der wahnsinns Show gratulieren. Ihr könnt wirklich stolz auf euch sein! Liebe Grüße, Greta.

Greta. Ich weiß nicht wie lange ich auf den Bildschirm starrte und wie lange mein Herz tatsächlich aussetzte. Mit einem hektischen Einatmen löste ich meine Schockstarre und spürte den Stich in meinem Herzen nun allzu deutlich. Und dann tippte ich, völlig unüberlegt, drauf los.

Chris (01:36) : Greta, wie schön von dir zu hören! Danke, das bedeutet mir wirklich viel.

Und als ich abgeschickt hatte kam mir eine Frage in den Sinn, die ich gleich darauf sofort stellte.

Chris (01:36) : Warst du etwa da?

Greta (01:37) : Ja.. Günther hat Harry und mir Karten gekauft. Wir saßen ganz hinten im Innenraum.

Verwirrt las ich Ihre Nachricht erneut und dann noch ein mal - und noch ein mal. Und bevor ich richtig darüber nachdenken konnte hatte ich auch schon ihre Nummer gewählt und lauschte mit pochendem Herzen dem Tuten.
„Ja?" kam es zögerlich und leise von Greta und ich musste schwer schlucken, da sich Tränen in meinen Augen sammelten. Ihre Stimme nach all den Monaten zu hören war einfach zu überwältigend. Viel zu viele Gefühle kamen in mir hoch, die ich so lange versucht hatte zu verdrängen.

„Warum hast du nichts gesagt?" fragte ich und für einen kurzen Moment herrschte Stille. Es schien, als müsste sich Greta auch erst wieder daran gewöhnen meine Stimme zu hören. „Ich wusste nicht, ob du mich sehen willst. Oder es dir nicht vielleicht unangenehm ist.." begann sie zu erklären und ich stoppte sie direkt „Unangenehm?" fragte ich verwundert. „Chris, das war eure Show. Ihr habt so lange darauf hingearbeitet und ich wollte dich nicht von dem ablenken, was wirklich zählt. Das war euer Tag. Und es war wirklich klasse" sagte sie und ich erkannte, dass sie sich wirklich nicht verändert hatte. Sie war immer noch die gutherzige Greta, die ich kannte. „Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.. deine Stimme zu hören ist so surreal" meinte ich dann und hörte kurz darauf ein leises Lachen von Greta. „Ich kann dir versichern, dass du nicht träumst. Deine Träume sehen ja anscheinend auch ein bisschen anders aus. Mit Bruno Mars Musik unterlegt" sagte sie dann keck und nun war ich es, der lachen musste. „Nein, das war nur Show. Meine Träume sehen tatsächlich doch anders aus" sagte ich dann nachdenklich und auch Greta blieb für einen Moment lang still.
„Wie geht es dir?" fragte sie dann aus dem Nichts heraus und ich seufzte. „Mir geht es gut, ich .. mir geht es gut" meinte ich dann und stellte die Gegenfrage „Wie geht es dir, Gretchen?". „Mir geht es auch gut, ich... weiß nicht, ob es fair ist das zu sagen, aber ich vermisse dich. Sonst geht es mir gut, wirklich, es ist nur.. manchmal, da vermisse ich dich einfach schrecklich. Also eigentlich ständig.." sagte sie dann ehrlich und mein Herz zog sich förmlich zusammen. „Du bist so bescheuert" lachte ich dann verzweifelt und auch Greta lachte empört auf. „Bitte?" fragte sie dann schrill in den Hörer und wir lachten erneut. „Du kannst mir doch nicht das Herz raus reißen und dann sagen wie sehr du mich vermisst" klagte ich sie an und sie schnalzte mit der Zunge, ehe sie antwortete. „Soweit ich weiß hast du mir mein Herz auch rausgerissen" sagte sie und ich atmete schwer ein. „Ich bin jetzt Papa" sagte ich, „Ich weiß" war alles was von ihr kam. „Ich habe Emma adoptiert" versuchte ich es erneut, doch wieder kam nur ein „Ich weiß" von Greta. „Wenn du mich vermisst und es darauf hinausläuft, dass du .. dass wir .. dann, dann geht das nur mit Emma und mir im Doppelpack" - „Christian" fing Greta dann an und wiederholte ihre letzten Worte noch ein mal ganz langsam „Ich weiß".

———————————-
Ich bin wieder da & gespannt, ob noch jemand die Geschichte verfolgt!

Only OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt