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Andreas' Sicht 

Ich wusste nicht genau warum ich gerade jetzt das Bedürfnis danach hatte, aber als ich vor Steffis Türe stand und die Klingel gedrückt hatte gab es kein Zurück mehr. „Andreas?" fragte sie sichtlich verwirrt, als sie die Türe öffnete und mit einem geknirschten Gesichtsausdruck hob ich die Hand. „Hey.." meinte ich dann und bekam ein leises „Hey" zurück, ehe Steffi die Türe weiter öffnete. „Was machst du denn hier?" wollte sie wissen und ich deutete auf die Türe, „Darf ich rein kommen?" fragte ich und fügte noch ein „Ich komme in friedlicher Absicht" hinzu. Steffi lächelte leicht und machte eine einladende Handbewegung. „Natürlich. Komm rein" sagte sie dann und ihre sanftmütige Art verwirrte mich. Zum einen erinnerte es mich an alte, bessere Zeiten und zum anderen wunderte ich mich, da diese normale, nette Art vor allem in letzter Zeit nie zum Vorschein kam. Es war das erste Mal, dass ich tatsächlich in ihrer Wohnung war und nicht nur im Flur. „Schön hast du es hier" sagte ich und Steffi nickte, ehe sie auf die Couch zeigte und mir etwas zu Trinken anbot. „Aber um meine Einrichtung zu loben bist du bestimmt nicht hier oder?" lachte sie und ich tat es ihr gleich. „Nein, tatsächlich nicht. Aber ich bin etwas verwundert. Ich hatte schon mit dem Schlimmsten gerechnet, aber nicht damit, dass du mich nett empfängst" sagte ich und es klang eher wie eine Frage. „Ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht.." sagte sie und gespannt sah ich sie an. „Es tut mir leid wie ich dich behandelt habe. Ich weiß, dass ich dir das schon viel früher hätte sagen müssen, aber nach all dem was zwischen uns vorgefallen ist und was ich getan habe .. habe ich mich einfach nicht getraut" sagte sie und ich glaubte meinen Ohren kaum. Ich holte ein Mal tief Luft und atmete kräftig aus, „Mir tut es auch leid" sagte ich und dann schaute Steffi mich fragend an. „Dir tut es leid?" fragte sie und ich nickte. „Ich habe einfach nicht gemerkt wie wenig geliebt du dich gefühlt hast und das tut mir wirklich leid .. ich.." setzte ich an, doch konnte keinen klaren Gedanken fassen. Viel zu viele aufgestaute Gefühle bahnten sich den Weg nach oben und ich hatte Mühe damit sie zu unterdrücken. „Andi, ich glaube nicht dass du dich entschuldigen musst" meinte sie dann geknickt und hob die Hand, um mir über den Arm zu streichen, doch ließ Steffi sie wieder resigniert sinken. „Wir haben beide Fehler gemacht" meinte ich dann und sie nickte. „Ich frage mich nur .. und das frage ich mich wirklich täglich, warum du dich von mir nicht geliebt gefühlt hast" sprach ich es dann endlich aus und konnte die Tränen, die sich in meinen Augen sammelten nicht mehr zurück halten. „Andi, ich .. ich weiß es nicht" kam es dann leise von ihr und ich sah ihr an, dass sie nicht wusste wie sie auf meinen Gefühlsausbruch reagieren sollte. Und die Tatsache, dass sie sich zurück halten musste mich nicht zu berühren machte mich nur umso trauriger. „Ich mache mir die ganze Zeit Vorwürfe" sagte ich und Steffi nickte, „Ich weiß, Andi. Die mache ich mir auch .." erklärte sie und dann sah ich sie an und erkannte, dass auch sie kurz davor war zu weinen. „Es tut mir so leid, dass ich dich betrogen habe. Es gibt nichts was ich sagen könnte was es wieder gut machen würde, das weiß ich. Aber es tut mir leid" sagte sie dann und ich nickte, ehe mich die Tränen mit einem heftigen Schwall übermannten. Dann, endlich, rückte Steffi zu mir heran, um mich in den Arm zu nehmen. Und für eine ganze Weile saßen wir einfach nur da, weinten und hielten uns im Arm.

„Aber du liebst mich nicht mehr" sagte ich dann wie aus dem Nichts heraus, als wir uns voneinander lösten und es klang eher wie eine Frage. Steffi sah mich nur traurig an und hielt für einen Moment die Luft an. „Ich werde dich immer irgendwie lieben, Andi. Ich wollte dich in dem Moment, als ich das gesagt habe einfach nur verletzen. Und ich schäme mich dafür, dass ich dir so weh getan habe" sagte sie und ich seufzte erneut. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir mal an diesen Punkt kommen werden" sagte sie dann und ich nickte, während meine Tränen langsam versiebten. „Ich auch nicht" meinte ich dann und fuhr mir mit beiden Händen durchs Gesicht. „Ich hätte den Kindern auch lieber ein intaktes Familienleben geboten" sagte ich und mein Herz zog sich währenddessen zusammen. „Ihnen geht es gut" versuchte mich meine Frau zu beruhigen und ich nickte zustimmend. „Ich weiß, sie sind großartig. Manchmal denke ich, dass sie eher mich aufmuntern als ich sie" sagte ich und lachte leise, was sie mir gleich tat. „Vermutlich stimmt das" sagte sie und lächelte mich an. „Du und Markus .. ihr seid zusammen?" fragte ich und Steffi nickte langsam. „Ja.. das könnte man so nennen. Ich weiß nicht" wich sie mir aus und ich nickte, ehe ich erneut seufzte. „Er ist eher eine Art Ablenkung" meinte sie dann und ich konnte ein Auflachen nicht verhindern. „Das kenne ich" erklärte ich, da Steffi mich verwundet ansah und dann wurde sie hellhörig. „Das kennst du?" fragte sie nach und ich nickte nur, während ich abwinkte. „Ja. Lassen wir es so stehen, okay? Ich will unseren neu gewonnenen Frieden nicht aufs Spiel setzen" sagte ich dann und Steffi sah mich noch ein mal skeptisch an, ehe sie nickte. „Okay" sagte sie, „Okay" bestätigte ich.

Später als ich zu Hause war fühlte ich mich erleichtert. Erleichtert darüber mein Gefühlschaos etwas sortiert zu haben und vor allem war ich froh, dass Steffi und ich Frieden geschlossen hatten. Auch wenn dieser nur oberflächlich und leicht antastbar war - immerhin war er da. Darüber, dass Markus nur eine Ablenkung war, war ich froh, auch wenn ich nicht wusste wie ich die ganze Situation einzuordnen hatte. Natürlich stellte ich mir die Frage, ob Steffi und ich wohlmöglich noch eine Chance hatten. Und gleichzeitig dachte ich auch darüber nach, ob ich diese überhaupt noch wollte. Denn es war vielleicht zu viel vorgefallen um noch ein mal von vorne anzufangen und ich wollte die Kinder nicht noch mehr verwirren. Denn wenn ich Steffi noch mal eine zweite Chance geben würde - und sie mir - und wir dann feststellen würden, dass es ein zweites Mal nicht klappt, könnte ich mir das nicht verzeihen. Und dann war da auch noch Jule, die mir seit dem Besuch bei meiner Mutter nicht mehr aus dem Kopf ging. Und wenn ich ehrlich war dachte ich viel öfter an sie, als mir lieb war. Ich entschloss mich dazu ihr zu schreiben, um auf andere Gedanken zu kommen.

Andreas (20:44): Jule, alles gut bei dir?

Jule (20:45): Alles gut. Bei dir auch?

Andreas (20:45): Ich war heute bei Steffi. Hast du Lust vorbei zu kommen?

Jule (20:46): Ich weiß, Chris hat es mir gesagt. Ich bin noch beim Sport.

Andreas (20:47): Danach?

Jule (20:48): Mal sehen.

Seufzend legte ich das Handy neben mich. So trocken schrieb Jule sonst nicht und ihre abweisende Art verstärkte mein ungutes Gefühl noch mehr. War ich vielleicht zu weit gegangen?

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