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Andreas Sicht

Völlig genervt und übermüdet schlenderte ich über den Hof, um die blaue Papiertonne an die Straße zu stellen. Dass ich überhaupt daran gedacht hatte war ein Wunder, denn zur Zeit wusste ich überhaupt nicht mehr wo mir der Kopf stand. Steffi war schon die zweite Woche in Folge bei ihrer Freundin Lisa und langsam fingen die Kinder an Fragen zu stellen. Fragen, auf die ich selber keine Antwort wusste. Ich wusste nicht wann Steffi vor hatte wieder nach Hause zu kommen, aber ich wusste, dass mir ihr egoistisches Verhalten langsam aber sicher gegen den Strich ging. Mir war bewusst, dass sie es extra machte, um mich zu provozieren, denn laut ihren eigenen Aussagen sähe ihr Alltag ja nicht anders aus. In ihren Augen war sie diejenige, die die Familie zusammen hielt - nur leider war sie es auch, die sich im Moment von uns allen entfernte und damit den Bogen überspannte. Und ich wusste nicht wie lange ich das mitmachen würde. Ob ich es überhaupt mitmachen würde, denn wenn mir eines wichtig war, dann war es der gegenseitige Respekt für den Partner und den hatte sie nicht nur ein mal vor mir verloren. Besonders, wenn ich an die Situation mit ihrem Zumbatrainer dachte überkam mich ein ungemeiner Schmerz und ich wusste nicht, ob ich bereit war noch für eine Ehe zu kämpfen, in der ich so behandelt wurde.
Doch prompt wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, da ich die Tonne mit zu viel Schwung um die Ecke schob und sie daraufhin laut krachend auf dem Boden landete. „Ach, so ein verdammter Mist!" fluchte ich und trat noch ein mal kräftig dagegen. „Wow. Da hat aber jemand einen tollen Tag" hörte ich jemanden hinter mir leise, fast vorsichtig lachen und erkannte schnell, dass es sich um meine Nachbarin handelte. „Oh, hey Jule" meinte ich dann und versuchte zu lächeln, scheiterte aber kläglich. Jule sah mich verwirrt an, ehe sie anfing mir zu helfen die Kartons vom Boden aufzusammeln. „Ihr habt aber 'ne Menge Pizza gegessen" lachte sie und ich konnte heraushören, dass sie sich Sorgen machte. „Steffi ist im Moment verreist.." versuchte ich zu erklären und Jule nickte nur, ehe sie einen Karton in die Tonne warf und mich eindringlich ansah. Ich wich ihrem Blick aus und sammelte noch ein paar Kartons ein, ehe auch diese in der Tonne landeten. Jule kannte mich ganz gut, da sie ab und an auf die Kids aufpasste und genau diese Tatsache sorgte dafür, dass sie mich zu durchschauen schien. „Geht es dir gut?" fragte sie leise und legte eine Hand auf meine Schulter und ich lächelte erneut gequält. „War schon mal besser" war meine ehrliche Antwort und Jule verzog den Mund. „Du sahst auch schon mal besser aus" sagte sie dann frech und tatsächlich entkam mir ein kleines Lachen. „Danke, das ist genau die Art von Aufmunterung, die ich gebraucht habe" sagte ich und nun war Jule es, die lachte. „Ich glaube was du brauchst ist eine frische Dusche und ein ordentliches Frühstück. Bekommen deine Kinder etwa auch nur Pizza zu essen?" fragte sie grinsend und ich konnte gar nicht anders als es zu erwidern und unschuldig mit den Schultern zu zucken. „Die Kids findens prima" meinte ich dann und Jule schlug sich lachend mit der Hand vor den Kopf. „Ich muss eh einkaufen, ich bring euch 'was zum frühstücken mit und in der Zeit gehst du duschen okay?" schlug sie vor und ich nickte schnell. „Das ist liebe, Danke" sagte ich und Jule grinste, „Wozu hat man denn eine nette Nachbarin alias die beste Babysitterin der Welt" sagte sie und ich lachte. „Na, hoffentlich zähle ich nicht zu den Kindern, die du hüten musst" meinte ich gespielt empört, aber Jule winkte nur ab. „Nee, dafür bist du schon ein bisschen zu alt. Genau genommen fünfzehn .." - „.. fünfzehn Jahre älter als du, jaja. Wenn du damit wieder anfängst dann hole ich mir das Frühstück lieber selber" sagte ich und Jule sah mich grinsend und mit schief gelegtem Kopf an. „In dem Outfit würdest du vermutlich nicht mal in den Laden kommen" lachte sie und gerade als ich was erwidern wollte hatte sie sich auch schon auf ihr Fahrradd geschwungen, mir die Zunge raus gestreckt und war los gefahren.

Kopfschüttelnd ging ich ins Haus zurück wo die drei Rabauken schon anfingen den Tisch zu decken. „Kann ich heute das Salamipizzastück essen?" fragte Lotta und lachend fuhr ich ihr über den Kopf. „Heute gibt es keine Pizza zum Frühstück" meinte ich dann und Michel sah mich empört an, gefolgt von seinem Bruder der die Hände in die Hüfte stemmte und laut protestiere: „Warum das denn nicht?". „Weil.." fing ich an zu erklären und stupste seine Nase an „Wir nicht nur Pizza essen können. Jule bringt uns heute 'was vom Bäcker mit" sagte ich und während Lotta begeistert in die Hände klatschte, verdrehte Michel nur die Augen. „Komm Tom, wir gehen rüber zu Onkel Chris und gucken, ob der noch Pizza hat" meinte er und Tom nickte begeistert, ehe er prompt das Gesicht verzog. „Aber nicht, dass wir den wieder beim Knutschen erwischen" sagte er dann und Michel imitierte ein Würgen. Amüsiert lehnte ich mich gegen den Türrahmen und sah meine beiden Jungs an „Wenn  Chris und Greta euch rausschmeißen kommt ihr aber wieder" sagte ich und die beiden antworteten mit einem einstimmigen „Jaa, Papa..".

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