„Wie? Die Erde eine Kugel sein?", schreie ich verwirrt.
Alle Schüler schauen mich an und fangen an zu lachen. Der Lehrer vorne an der Tafel zwingt sich ein Lächeln, „Ja Thay, die Erde ist rund"
Ich kann es einfach nicht fassen. Ich dachte die Erde wäre immer eine Scheibe oder so was in der Art.
„Aber wieso wir nicht fallen, wenn Erde rund sein?"
Ich merke, dass das Gelächter in der Klasse lauter wird.
„Wegen der Erdanziehungskraft", erklärt der Lehrer, indem er versucht die Schüler zu beruhigen. Erdanziehungs... was? Dann zeigt der Lehrer ein Bild, welches er Karte nennt. Er erklärt mir, dass wir im Land Brasilien wohnen. Schließlich zeigt er mir, wo Brasilien auf der Karte liegt.
„Was? Nur das ist Brasilien? Und was ist mit dem Rest?"
„Das sind andere Länder"
Ich merke gar nicht, wie mir der Kiefer unten bleibt. Die Welt ist ja riesig. Es gibt so viele Länder und so viele unterschiedliche Völker. Und ich dachte immer, dass der Dschungel schon groß genug war und jetzt erfahre ich, dass der Dschungel ja nur ein kleiner Fleck auf der Karte ist.
„Und wie groß die Sonne sein?", frage ich neugierig.
„Die Sonne ist zirka 1.299.647-mal größer als die Erde"
„Was?", schreie ich wieder, indem alle wieder anfangen zu lachen. Für alle scheint das so selbstverständlich zu sein, aber für mich ist es eben nicht. Felipe der neben mich sitzt, stupst mich kurz an: „Einfach unglaublich, gell? Das alles hat Gott erschaffen"
Wenn die Erde und die Sonne schon so groß sind, wie groß ist dann Gott? Wie mächtig ist dann Gott?
Plötzlich klingelt die Schulglocke und alle Schüler rennen, wie wilde Affen aus dem Klassenzimmer heraus. Außer Felipe und Rebeca. Rebeca wirft mir einen bösen Blick zu.
„Nicht nur gewalttätig ist sie, sondern auch dumm", zischt sie und zieht Felipes Arm, „Komm, lass uns nach draußen gehen"
„Komm Thay!", Felipe winkt mir zu.
„Was? Nein! Sie soll nicht mitkommen!", Rebeca lässt Felipes Arm ruckartig los.
„Komm schon Rebeca"
„Was? Weißt du noch, was sie mit mir gemacht hat? Das gibt eine richtig fette Narbe auf meine Stirn!", Rebeca zeigt wütend auf ihre Stirn.
„Vergib Thaynara. Jesus würde sie auch vergeben. Sie hat es nicht böse gemeint"
„Es tut mir sehr leid", unterbreche ich die beiden, „Ich dich nicht verletzten wollen"
„Ach, wenn du es nicht wolltest, wieso hast du es dann gemacht? Ich vergebe dir ganz sicher nicht!"
Felipe schaut Rebeca ernst an, dann wandert sein Blick auf mich, „Thay, könntest du uns kurz alleine lassen. Wir müssen reden"
Ich nicke und lasse die zwei alleine, obwohl ich am liebsten gerne hören würde, was sie reden würden. Ich sitze mich weit entfernt von den beiden, doch noch so, dass ich sie sehen kann. Sie diskutieren. Felipe ist die Ruhe in Person, während Rebeca sehr energisch herum schreit und immer wieder wütende Blicke auf mich wirft.
Sie hat das komplette Recht wütend auf mich zu sein und mich zu hassen. Ich habe ja schließlich versucht sie umzubringen.
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Ein Licht in der Dunkelheit
SpiritualThaynara ist die Häuptlingstocher des gewalttätigen Indianerstammes Yora im amazonischen Bereich in Brasilien. Ihr Stamm ist vom Animismus und von der Furcht geprägt. Thaynara kennt nichts anderes als die Dunkelheit. Bis sie eines Tages einen Jungen...