Es ist spät am Nachmittag. Die Hitze ist unausstehlich. Ich gehe zum Fluss um Wasser für die Kranken zu holen. Ich atme die frische Luft tief ein und eine kleine Freude macht sich in mir breit wieder daheim sein zu können. Ich finde es einfach so cool, wie Gott alles leitet. Wir hätten ja schließlich schon tot sein können. Doch wir leben noch. Er hat wirklich ein Plan für meinen Stamm. Im Flussufer angekommen, höre ich ein Knallen. Ich zucke kurz erschrocken zusammen. Ich schaue mich um, aber entdecke keinen. Wieder knallt es. Ich verstecke mich schnell hinter einen Baum. Es knallt wieder. Dabei schaue ich zum Himmel hinauf und merke, wie sich schwarze Wolken bilden. Es wird regnen. Ich renne schnell zum Fluss und fülle meinen Trug voll mit Wasser. Ich kann schon die Regentropfen auf meine Haut spüren. In nur ein paar Sekunden ist es stockdunkel und es fängt in Strömen an zu regnen. Ich will schnell zurück rennen, als ich plötzlich einen starken Aufprall höre und ich vor Schmerzen hinfalle. Ich schmecke das Blut meiner aufgeplatzten Lippen. Eine dunkle Gestalt steht vor mir und schlägt mein Krug mit einen Stock kaputt. Ich will aufstehen, doch die dunkle Gestalt schlägt mir mit dem Stock auf den Rücken und ich versinke in den Schlamm. Ich zittere. Ich habe Angst.
„Helfe mir Gott!", flehe ich ängstlich. Ein heimtückisches Lachen hört man in mitten der Donner. Ich versuche das Gesicht der Person zu erkennen. Die Person betrachtet mich ein paar Augenblicke lang. Sein Blick ist so unbarmherzig und kalt wie der einer Schlange. Es ist der Schamane! Mühsam um Atmen ringend, stehe ich auf und werfe Schlamm in den Augen des Schamanen. Für einen kurzen Augenblick ist der Schamane verwirrt und hilflos. Dies gibt mir Zeit abzuhauen. Ich sprinte so schnell ich kann. Ich taumle bis zu einen Baum und verstecke mich. Mein Herz rast und ich halte meinen Mund fest, damit mein Atmen nicht zu laut ist. Meine Haare sind durchnässt und mir ist kalt. Wenn es im Dschungel regnet, dann regnet es in Strömen und es ist so dunkel, dass man seine eigene Hand vorm Gesicht nicht sieht.
„Du kannst dich nicht von mir verstecken!", brüllt der Schamane.
Warme Tränen laufen meine Wangen herunter.
„Gott, bitte helfe mir!"
Ängstlich versuche ich auf dem Baum zu klettern. Es ist rutschig. Meine Fingernägel bluten, indem ich sie in dem Baum kralle um hoch zu kommen. Doch ich habe keine Kraft mehr und rutsche herunter. Ich pralle laut auf den Wurzeln. Ich stöhne leise und werde bleich. Ich halte die Luft an. Ob der Schamane es gehört hat? Auf einmal kann ich gar nichts mehr hören. Ich höre nicht den Regen, die Donner, die Tiergeräusche, sondern nur mein Herzpochen. Ich schaue starr das Gebüsch an. Plötzlich bewegt sich das Gebüsch. Eine schwarze Gestalt kommt mir entgegen. Dort, mitten in der Dunkelheit, schauen mich große Augen, gelblich und funkelnd wie Diamanten an. Doch es ist nicht der Schamane. Ich denke nicht zweimal nach und renne. Gegen einen Jaguar habe ich keine Chance! Wie der Regen auf einmal gekommen ist, hört es auch auf einmal auf zu regnen. Der Himmel erhellt sich wieder. Ich spüre einen stechenden Schmerz in meine Lunge und keuche laut. Ich entdecke einen Schlitz in einen dicken Baumstamm und krieche in diesen hinein. Der Jaguar versucht verzweifelt mich zu erreichen, doch der Baumschlitz gibt mir Schutz. Ich schließe ängstlich meine Augen. Ich kann das wütende Brüllen des Jaguars hören und sein warmen Atmen auf meine nackte Haut spüren. Plötzlich geht der Jaguar. Ich bleibe noch ein paar Minuten in dem Baum. Ich höre ein lautes Kreischen. Mein Brustkorb bewegt sich schnell. Dann stecke ich vorsichtig mein Kopf nach draußen. Dann sehe ich, wieso der Jaguar sich von mir entfernt hat. Er hat eine andere Beute gefunden. Mir kommt die Magensäure hoch, als ich den aufgerissenen Schamanen sehe, der von dem Jaguar zerfleischt wird. Ich krieche noch tiefer in mein Versteck hinein und weine. Weine vor Angst. Weine vor Aufregung. Weine vor Schmerzen. Weine vor Erleichterung.
Der Gottlose ist bis tief ins Herz hinein von der Sünde bestimmt. Vor Gott hat er keine Ehrfurcht. In seiner Blindheit erkennt er nicht, wie schlecht er wirklich ist. Alles, was er sagt, ist verkehrt und trügerisch. Er handelt nicht mehr klug und tut nicht mehr das Gute. Sogar in der Nacht liegt er wach und schmiedet schlimme Pläne. Er handelt böse und versucht nicht einmal, sich vom Bösen abzuwenden. Herr, deine Gnade ist so weit wie der Himmel und deine Treue reicht so weit, wie die Wolken ziehen. Deine Gerechtigkeit ist unerschütterlich wie die Berge und dein Urteil gründet tief wie das Meer. Herr, du sorgst für Menschen und Tiere gleichermaßen. Wie kostbar ist deine Gnade, Gott! Bei dir finden Menschen Schutz im Schatten deiner Flügel. Du beschenkst sie aus deinem Überfluss. Du überschüttest sie mit Freude. Denn du bist die Quelle des Lebens und das Licht, durch das wir leben. Sei weiterhin denen gnädig, die dich lieben, und schenke denen, die ein ehrliches Herz haben, Gerechtigkeit. Lass nicht zu, dass die Stolzen mich erniedrigen und Gottlose mich vertreiben. Da, die Bösen sind gefallen. Sie liegen am Boden und können nicht mehr aufstehen. Psalm 36.
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Ein Licht in der Dunkelheit
SpiritualThaynara ist die Häuptlingstocher des gewalttätigen Indianerstammes Yora im amazonischen Bereich in Brasilien. Ihr Stamm ist vom Animismus und von der Furcht geprägt. Thaynara kennt nichts anderes als die Dunkelheit. Bis sie eines Tages einen Jungen...