Prolog

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Ich sitze gemütlich auf einem Stuhl auf der Terrasse und genieße den späten Nachmittag. Der starke Geruch von Kaffee durchdringt meine Nase. Die heiße Sonne scheint auf meine braunrote faltige Haut. Aber die Hitze stört mich nicht! Ich weiß, dass diese tropische Wärme sehr anstrengend sein kann, so dass man am liebsten den ganzen Tag unter den Schatten hocken würde und am liebsten nichts tun würde... Doch schon seit meiner Kindheit habe ich die Wärme der Sonne geliebt. Früher war die Sonne das einzige in meinem Leben, das Wärme ausstrahlte. Sie gab mir... irgendwie Hoffnung! Hoffnung auf etwas, das sich zum Leben lohnte. Ich lebte in einer Welt, die von der Dunkelheit geprägt war. Wenn ich nur daran denke, wie grausam unser Stamm damals war, bekomme ich Gänsehaut. Man könnte sogar sagen, dass wir hoffnungslos verloren waren. Dass die Dunkelheit, genauer gesagt, das Böse unser bester Freund war. Die Gewalt meines Stammes war legendär! Wir hatten nie Frieden! Doch keiner hinterfragte die schrecklichen Dingen, die wir taten. Wir kannten eben nur die Dunkelheit. Wieso sollten wir dann was ändern? Wir kannten das Licht nicht! Das Licht, das eines Tages unser Stamm auf dem Kopf stellen sollte.

Manche Leute würden sagen, dass wahrer dauerhafter Frieden nicht gewonnen werden kann, da wir immer noch keinen Weg gefunden haben das menschliche Herz zu verändern. Aber stimmt das wirklich? Meine Geschichte erzählt was anderes. Da gibt es jemand, der das kann! Und dieser jemand ist mächtig und ist das Licht selbst. Das Licht, das ich nicht kannte! Dieses Licht durchdrang jede Dunkelheit und befreite uns von allen Fesseln des Bösen. Der Stamm, den ich früher kannte, gibt es nicht mehr!

Ich lache und zitiere laut einer meiner lieblings Bibelverse: „Dieses Licht wird allen Menschen leuchten, die in Finsternis und Todesfurcht leben, es wird uns auf den Weg des Friedens führen. Lukas 1,79."

Ich stehe auf und beobachte die Kinder, die lachend auf der roten Erde Federball spielen. Das Lachen der Kinder ist laut und fröhlich. Wenn ich mich an früher erinnere, lachten die Kinder bei uns im Stamm nie. Niemand lachte! Wir hatten keinen Grund zum Lachen.

Plötzlich schleicht sich jemand hinter mich und umarmt mich. Ich zucke kurz zusammen und dann breitet sich ein Lächeln auf meinen Lippen, als ich meine beste Freundin entdecke. Ihre weißen lockigen Haare springen wild durch die Gegend. Was ziemlich süß aussah! Ihre blasse weiße Haut war leicht von der Sonne errötet. Ihre Augen strahlen mich fröhlich an: „Beeil dich Thaynara! Wir müssen zum Jugendgottesdienst!"

Vielleicht hört es sich ziemlich komisch an: Zwei alte Omis besuchen einen Jugendgottesdienst! Wer würde sowas denken? Aber kein Grund zur Sorge! Heute wollen wir den jungen Indianer erzählen, wie Jesus unser Stamm veränderte, wie er unser Stamm ins Licht führte... wie er mich veränderte. Das ist eine Geschichte, die nicht vergessen werden darf!

Ich schaue Rebeca aufgeregt an: „Gehen wir!"

Bevor wir die Hütte verlassen, packe ich mir schnell noch ein Bild ein. Rebeca bemerkt es und nimmt mir das Bild aus der Hand und schaut es an. Sie lächelt mich dann traurig an: „Ihn werden wir nie vergessen!"

Sie gibt mir das Bild zurück und ich schaue das Bild von Felipe an. Dieses Bild wurde bei seinen 17 Geburtstag aufgenommen. Sein Vater hatte mir das Bild geschenkt. Auf dem Bild waren seine blonde Haare stark mit Gel gestylt, er trug eine dunkle Jeans und ein weißes Polohemd. Seine blauen Augen strahlten Liebe und Wärme aus. Und sein Lächeln... dafür habe ich einfach keine Worte! Mein Herz füllt sich voll mit Dankbarkeit und Trauer. Ich vermisse ihn so sehr!

Leichte Tränen füllen meine Augen: „Aufgrund seines Mutes steckt unser Stamm nicht mehr in der Dunkelheit! Er ist ein wahrer Held. Und ich bin so dankbar, dass Gott ihn zu uns geschickt hat"

„Ja, seine Liebe für dein Stamm war übernatürlich, so dass sogar der Tod ihn davon nicht abhielt euch ins Licht zu führen", sagt Rebeca mit einer leisen Stimme.

...

Nach einen dreißigminütigen Fußmarsch kommen wir in der Kirche an. In der aus Stroh und Holz gebauten Kirche herrscht lautes Gerede und Gelächter. Alle sitzen bequem auf dem Boden und warten, dass der Gottesdienst anfängt. Nach ein paar Minuten fängt die Band an mit ihren Flöten, Gitarren und Rasseln zu spielen. Alle stehen auf und fangen an zu singen. Manche fangen an zu tanzen, heben ihre Arme nach oben, manche weinen und andere knien sich hin und beten Gott leise an. Nach dem Lobpreis ruft der Jugendpastor Rebeca und mich nach vorne.

„Gott segne euch alle heute Abend! Heute will ich euch zwei besondere Gäste vorstellen: Thaynara und Rebeca! Sie werden uns die Geschichte erzählen, wie unser Stamm zu Gott gefunden hat!", berichtet der Jugendpastor ganz begeistert. Die Jugendlichen fangen an zu klatschen und schauen mich und Rebeca neugierig an. Ich hole tief Luft und fange an zu reden: „Wir sind sehr dankbar, dass wir heute bei euch sein können und unsere Geschichte erzählen dürfen!", ich lege eine kurze Pause ein und schaue das Bild von Felipe an, das ich in der Hand hielt. Dann fang ich an weiter zu reden, „Es ist einfach unglaublich, dass unser Stamm, wie ein Leuchtturm für andere Stämme hier im Urwald geworden ist, obwohl wir für unsere böse dunkle Seite bekannt waren. Es ist unglaublich, dass wir eine Kirche haben! Es ist unglaublich, dass wir im Licht wandeln dürfen! Es unglaublich, dass wir nicht mehr tagtäglich in Angst leben müssen! Es ist unglaublich, dass wir fröhlich sein können! Vielleicht ist es für euch alle gar nicht bewusst, was für ein Geschenk es ist, so zu leben, wie wir heute leben. Unser Stamm war nicht immer so, wie es heute ist! Früher... da war alles anders. Doch zwei Welten kollidierten zusammen. Eine war hoffnungslos verloren. Doch sie fand die Hoffnung, die die andere Welt ihr zeigte! Die Geschichte der Bekehrung unseres Stammes fing vor 50 Jahren an. Ich war die älteste Tochter des Häuptlings von unserem Stamm Yora aus Brasilien und war zirka 16 Jahre alt..."

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